# taz.de -- Kirchensteuer: Babytaufe: Kirche darf kassieren | |
> Als Baby in der DDR Getaufte scheitert mit einer Klage gegen eine 2011 | |
> erhobene Steuerforderung der evangelischen Kirche. | |
Bild: Taufbecken in einer katholischen Kirche | |
Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Klage einer 66-Jährigen gegen eine | |
Kirchensteuer-Nachforderung der Evangelischen Kirche abgewiesen. Die | |
konfessionslos lebende Gabriele V. hatte gegen Steuererhebungen geklagt, | |
die die Kirche in den Jahren 2012 und 2013 gegen sie geltend gemacht hatte, | |
obwohl sie ihres Wissens nach niemals Kirchenmitglied gewesen war. | |
Ihre Eltern, SED-Funktionäre, hatten sie als Säugling in der DDR taufen | |
lassen, traten aber 1956 und 1958 aus der Kirche aus. Daraufhin wuchs die | |
Klägerin ohne Bezug zur Kirche in einem atheistischen Umfeld auf. 2011 | |
erhielt die damals 58-Jährige einen Fragebogen der Kirchensteuerstelle zu | |
ihrer Kirchenzugehörigkeit. Nach ihrer Verneinung einer Mitgliedschaft | |
wurde ihr mitgeteilt, durch ihre Taufe sei sie seit 1953 Mitglied und | |
demnach kirchensteuerpflichtig. | |
Die Fall ist speziell, aber brisant: Für die Kirchen stand die Begründung | |
der Mitgliedschaft durch die Säuglingstaufe als steuerrechtliches Prinzip | |
auf dem Spiel. | |
## „Sittenwidriger Vertrag“ | |
Die Klägerseite, vertreten durch Eberhardt Reinecke vom [1][Institut für | |
Weltanschauungsrecht], bezeichnete diesen unterstellten Zusammenhang als | |
rechtswidrig, da die Klägerin sich nicht freiwillig für eine Mitgliedschaft | |
hatte entscheiden können. Außerdem verletze die Rasterfahndung mittels | |
Fragebögen durch die kirchliche Steuerstelle das Recht auf informationelle | |
Selbstbestimmung. | |
„Es ist wahrscheinlich, dass wir nun ein Berufungsverfahren anstreben“, so | |
Kläger-Anwalt Reinicke. „Ich denke, eine Kirche, die sich auf derart | |
absurde Rechtspositionen bezieht, schadet sich letztendlich mehr, als ihr | |
die Kichensteuerbeträge zweier Jahre nutzen.“ Der bekannte Kirchenkritiker | |
Michael Schmidt-Salomon von der [2][Giardano-Bruno-Stiftung] bezeichnete | |
die Praxis der Kirche als „sittenwidrigen Vertrag“. | |
NaN NaN | |
## LINKS | |
[1] https://weltanschauungsrecht.de/ | |
[2] https://www.giordano-bruno-stiftung.de/ | |
## AUTOREN | |
Björn Brinkmann | |
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