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# taz.de -- Die Wahrheit: Katastrophenkarikatur
> Neues aus Neuseeland: Die Südsee wird immer wieder von Katastrophen
> heimgesucht. Offene Vulkane, ausbrechende Kinderkrankheiten und anderes.
Bild: Rivalisierende Premiers: Tuilaepa Sailele Malielegoai (l.) und die 64-jä…
Bald ist Weihnachten. Die Natur beschenkt uns reich mit Grillwetter und
roten Pohutukawa. Allerdings braucht es keine Ausbrüche mehr! Über ein
Dutzend Tote gab es am Dienstag, als der Vulkan Whaakari auf White Island
ausbrach und 47 Touristen unter heißer Asche begrub, auch vier Deutsche.
Nach der langen weißen Wolke, die immer über dem dampfenden Krater hängt,
hatte einst Entdecker James Cook Aotearoa benannt. Jetzt hat sie einen
Trauerflor.
In den Wochen davor brachen in Samoa die Masern aus: Seit gestern sind es
71 Tote, davon 61 Kleinkinder – in einem ärmlichen Land, in dem weniger als
200.000 Menschen leben. Es ist jedoch keine Naturkatastrophe, sondern eine
Dummheitsplage. Die Epidemie begann, als zwei Babys nach einer Impfung
starben. Weder Serum noch Impfreaktion waren schuld, sondern ein Fehler:
Man hatte ihnen auch ein muskelentspannendes Anästhetikum gespritzt.
Solche Fakten sind jedoch für die „Anti-Vaxxer“ Nebensache, egal wo. In
Neuseeland ballen sie sich in Öko-Enklaven wie Golden Bay und im hohen
Norden, ein sozial schwaches Maori-Gebiet. Auch an der Westküste bei den
Mitgliedern der Christensekte Gloriavale kommen Impfungen vom Teufel. Im
streng christlichen Polynesien, wo die Impfrate eh schon niedrig und die
Krankheit eingeschleppt ist, waren die zwei toten Babys Wasser auf die
Gebetsmühlen.
Edwin Tamasese, traditioneller samoanischer Heiler, fachte mit den
angeblichen Todesspritzen auf Social Media eine Anti-Impf-Kampagne an. Er
behauptete, er könne Masern mit Vitaminen und Handauflegen heilen. Als
die Regierung endlich flächendeckende Impfungen einführte, warnte er:
„Viel Spaß bei eurem Amoklauf!“ Jetzt wurde Tamasese wegen Aufhetzung
verhaftet. Er darf vorerst keine Zaubersprüche mehr klopfen.
## Exit für Tremain
Während samoanische Kinder in der Klinik ums Überleben kämpfen und der
Südseestaat trauert, wurde einem anderen Trottel mit zu großer Reichweite
vorige Woche das Handwerk gelegt: Garrick Tremain, altgedienter
Karikaturist der Otago Daily Times in Dunedin, mit Betonung auf „alt“. Und
weiß. Schon vor sechs Jahren gab es Beschwerden über eine rassistisch
anmutende Zeichnung von ihm. Damals fühlte er sich als Opfer der „Märtyrer
für Political Correctness“. Gemeint waren Maori.
Tremains letzte Karikatur zeigte zwei Frauen, die aus einem Reisebüro
kommen und sich darüber unterhalten, welche „Spots“ (Orte) denn gerade die
unbeliebtesten seien. „Die Spots (Punkte oder Pocken), die man sich in
Samoa einfängt“, gibt eine grinsend als Antwort. Wäre der Mann genauso
flapsig mit dem Tod von neuseeländischen Kindern umgegangen?
Die Zeitung musste sich auf der Titelseite entschuldigen. Garrick Tremain
wurde vorerst kaltgestellt. Das Land der langen weißen Vulkanwolke hat
gerade andere Sorgen, aber noch keine Karikatur zur eigenen Katastrophe.
Vielleicht zeichnet sie jemand in Samoa?
12 Dec 2019
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Whaakari
Masern
Garrick Tremain
Machtkampf
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Vulkane
Thomas Cook
Israel Folau
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