Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kosten des Onlineshoppings: Einmal zurück, bitte
> Retouren sind ein ökologisches Problem. Forscher haben jetzt die Frage
> aufgeworfen, ob eine gesetzliche Rücksendegebühr der Umwelt helfen würde.
Bild: DHL-Zentrum bei Rostock zur Weihnachtszeit im vergangenen Jahr
Die Vorweihnachtszeit ist traditionell eine Zeit des Konsums. Schließlich
müssen auch bei immer seltener werdendem Weihnachtsgeld Geschenke
angeschafft werden. Während der Handel mit günstigen Angeboten von „Black
Friday“ über „Cyber Monday“ bis „X-Mas Sale“ lockt, tut der Blick au…
Steuererklärung des kommenden Jahres sein Übriges. Zum Endjahresritus
gehören zu alledem auch christliche, asketische und ökologisch motivierte
Bedenkenträger, die Anschaffungen kritisch begegnen. Die Besinnlichkeit
fällt mit dem Streit über Sinn und Unsinn von Konsum in eins.
Kein schlechter Moment also, sich Gedanken über den Handel zu machen. Am
Mittwoch [1][haben Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bamberg eine
Studie über’s Online-Shopping vorgestellt], die sich vor allem mit
Rücksendungen beschäftigt. Genauer gesagt mit der Frage, wie man mit diesen
ökologisch intelligent umgehen kann.
Die Wissenschaftler schätzen, dass im Jahr 2018 in Deutschland ungefähr 280
Millionen Pakete mit etwa 490 Millionen Artikeln zurückgeschickt wurden,
meist kostenfrei für den Verbraucher. Das hat negative ökologische Folgen:
neben dem CO2-Ausstoß von Fahrzeugen der Versanddienste auch den
Verpackungsmüll.
Der Schwerpunkt der Studie liegt auf Maßnahmen, die Rücksendungen
reduzieren könnten. Zum Beispiel eine funktionierende
Online-Größenberatung, damit sich weniger Menschen bei der Konfektionsgröße
vergreifen. Oder die Einführung verbindlicher und genormter Größenangaben
für Kleidung – oder sogar Apps, die via Handykamera den Körper vermessen.
## Keine Forderung
Solche technischen Lösungen könnten, schätzen die Forscher, die Menge der
Rücksendungen um 25 Prozent verringern. Zusätzlich spricht die Studie aber
auch einen möglichen politischen Eingriff an: eine gesetzlich
vorgeschriebene Rücksendegebühr – zu zahlen von dem Kunden.
Die Händler, die für die Studie befragt wurden, würden einen solchen
Eingriff der Politik mehrheitlich befürworten. Und auch die Studienautoren
finden viele gute Gründe dafür, wollen das aber nicht als Forderung
missverstanden wissen.
Was wiederum leider viele Medien missverstanden: „Forscher fordern
Rücksendegebühr“ („Tagesschau“), „Forscher fordern Ende kostenloser
Retouren“ (FAZ), „Wirtschaftsforscher fordern Ende der kostenlosen
Retouren“ (Zeit Online). Dabei schreiben die Autoren sogar fett gedruckt:
Die Studienergebnisse sollten „nicht als Forderung“ verstanden werden.
Richtig ist: Die in der Studie befragten Händler versprechen sich von einer
Gebühr von 2,95 Euro pro Retoure etwa 16 Prozent weniger Rücksendungen.
Studienleiter Björn Asdecker rechnet vor, dass das eine mögliche Einsparung
von fast 40.000 Tonnen CO2 pro Jahr bedeutete.
Doch der Vorschlag könnte einen Haken haben: Die Studie beschäftigt sich
ausschließlich mit dem Online-Handel, nicht aber damit, welche Effekte es
darüber hinaus geben könnte. Auf Nachfrage bei den Studienautoren können
diese eine Wechselwirkung auf den herkömmlichen Handel nicht ausschließen.
Was wäre zum Beispiel, wenn die Retourengebühr dazu führte, dass Kunden
wieder öfter mit dem Auto in die physischen Konsumtempel fahren? Der
Online-Handel mag einen großen CO2-Ausstoß haben, doch wenn ein Lieferwagen
von Haus zu Haus fährt und Pakete überbringt, ist das immer noch
effizienter, als wenn von jedem Haus ein Auto zur Shoppingmall fährt. Auch
ein Reboundeffekt der Maßnahme ist denkbar: Kunden könnten davon ausgehen,
dass sie ohnehin etwas aus ihrer Bestellung zurückschicken müssen und
gleich mehr auf einmal kaufen. Die Forscher gehen davon aus, dass das
wiederum zu einer höheren Retourenquote führen würde.
Dass mit einer solchen Gebühr am Ende gesamtgesellschaftlich CO2 gespart
würde, ist also nicht ausgemacht. Das wissen auch die Forscher – und
fordern dieses Mal wirklich was: weitere Untersuchungen.
11 Dec 2019
## LINKS
[1] http://www.retourenforschung.de/info-praeventives-retourenmanagement-und-ru…
## AUTOREN
Alexander Nabert
## TAGS
Paketdienste
Schwerpunkt Klimawandel
Versandhandel
Online-Versand
Konsum
Online-Shopping
Regine Günther
prekäre Beschäftigung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ökonom zur Vernichtung von Retouren: „Retouren lenken ab“
Sollen die Unternehmen zu mehr Transparenz im Umgang mit Überproduktion
verpflichtet werden? Ja, meint der Wirtschaftswissenschaftler Björn
Asdecker.
Drohnen als Lieferanten: Schöne Städte statt Paketflut
Fünf Jahre nach dem ersten Test mit einer Paketdrohne steht fest: Neben den
Straßen wäre damit auch der Luftraum verstopft.
Pilotprojekt: Test bestanden, Fortsetzung folgt
Die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt lobt nach einjähriger Probezeit
ein Lastenfahrrad-Projekt fünf großer Paketzusteller.
Mehr Lohn für Paketboten: Ausgebeutet, im Auftrag von…
Im Bund hat sich die große Koalition auf ein Gesetz geeinigt, das die
Situation für Paketboten verbessern soll. Doch kann das funktionieren?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.