# taz.de -- Amazon und Streik: Pakete kommen trotzdem | |
> Ausgerechnet am „Black Friday“ legen die Amazon-Mitarbeiter die Arbeit | |
> nieder. Es sind nicht genug, um den Betriebsablauf zu gefährden. | |
Bild: Im Logistiklager in Winsen | |
BERLIN taz | Am [1][„Black Friday“] legten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter | |
von Amazon an sieben Standorten in Deutschland die Arbeit nieder. Bestreikt | |
wurden Warenlager in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen | |
und Bayern. Die Beschäftigten nutzten den aus den Vereinigten Staaten | |
importierten Schnäppchentag, mit dem der Handel traditionell das | |
Weihnachtsgeschäft einläutet, um Druck auf die Unternehmensführung | |
auszuüben. | |
Für die Branche ist der Tag der umsatzstärkste des Jahres. „Die Menschen, | |
die das erwirtschaften, sollten an diesem Erfolg teilhaben“, sagte der | |
Gewerkschaftssekretär Orhan Akman am Freitag gegenüber der taz. Deswegen | |
hätten mit der Nachtschicht am Donnerstag die Streiks begonnen, an denen | |
nach Gewerkschaftsangaben rund 2.000 der 16.000 Beschäftigten in den | |
Warenlagern bei Amazon teilnahmen. | |
Akman ist bei Verdi für den Einzelhandel zuständig. Er kritisiert die | |
gewerkschaftsfeindliche Unternehmenspolitik von Amazon, die dessen | |
Weigerung mit einschließt, Tarifverträge abzuschließen. Der Konzern | |
versuche nach „Gutsherrenart“ über die Festsetzung der Löhne zu | |
entscheiden, sagte Akman. | |
Mitarbeiter werden krank | |
Der Streit zwischen Amazon und Verdi geht schon über viele Jahre. Die | |
Gewerkschaft fordert, die Angestellten nach dem für den Einzel- und | |
Versandhandel üblichen Tariflohn zu bezahlen. Der Konzern stellt sich | |
hingegen auf den Standpunkt, die Mitarbeiter würden keine | |
Einzelhandelstätigkeiten ausüben. Vielmehr handele es sich um Arbeiten, die | |
für die Logistikbranche kennzeichnend seien. | |
Auf Nachfrage der taz erklärte die Pressestelle von Amazon am Freitag, man | |
zahle bereits „am oberen Ende vergleichbarer Jobs“ und biete | |
„Zusatzleistungen und hervorragende Möglichkeiten zur Weiterentwicklung“ | |
an. In der Logistikbranche sei man „sicherlich einer der besten | |
Arbeitgeber.“ | |
Akman hat eine andere Sicht auf die Dinge. Ihm zufolge werden den | |
Beschäftigten „grundlegende Rechte“ vorenthalten. Als Beispiele nennt er | |
neben der nicht-tariflichen Bezahlung beispielsweise die „totale | |
Überwachung“ der Arbeitnehmer. Das Unternehmen suche „Offiziere als | |
Führungskräfte.“ Außerdem gebe es keinen Raum für kurze Pausen und | |
Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen. Durch den permanenten Druck | |
würden viele Mitarbeiter krank. | |
## Amazon zahlt „Streikbruchprämien“ | |
Welche Folgen hat der Streik, der noch bis Montag dauern soll, für das | |
Geschäft am Black-Friday-Wochenende? Amazon teilte mit, mit Verzögerungen | |
in der Zustellung der Pakete sei nicht zu rechnen. Der „Großteil der | |
Mitarbeiter“ kümmere sich weiterhin „ganz normal“ um die Bestellungen der | |
Kunden. | |
Das liege auch daran, dass das Unternehmen sogenannte „Streikbruchprämien“ | |
zahle, so Akman. Diese Prämie bekämen Leute, die sich nicht am Streik | |
beteiligten. Beim letzten Streik habe die Prämie bei 200 Euro gelegen. | |
Trotzdem seien die Streikenden in der Lage, „massiv den Betriebsablauf“ zu | |
stören, erklärte der Verdi-Mann. | |
Doch die Forderungen von Verdi gehen über klassische Gewerkschaftsthemen | |
hinaus. Seit langem steht Amazon in der Kritik, die in Europa | |
erwirtschafteten Gewinne in Steuerparadiesen wie Luxemburg oder Irland zu | |
verbuchen. Deswegen gehe es um eine „gesellschaftspolitische | |
Auseinandersetzung“, sagte Verdi-Mann Orhan Akman. Unternehmen sollten ihre | |
Gewinne nicht mehr am Fiskus „vorbeimogeln“ können. | |
Akman rechnet vor, dass die Finanzkraft des Konzern mit dem | |
Bruttoinlandsprodukt von Ländern wie Portugal oder Vietnam vergleichbar | |
sei, „die haben genug Geld.“ Grund für das Laisser-faire sei eine | |
„amerikanisierte Kultur“. Zwar greife man gerne auf die staatlich zur | |
Verfügung gestellte Infrastruktur zurück, doch an deren Finanzierung wolle | |
man sich nicht beteiligen, rügte Akman. Er kündigte er an, die „flexible | |
Streiktaktik“ in den nächsten Wochen und Monaten weiterverfolgen zu wollen. | |
29 Nov 2019 | |
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[1] /Konsumverhalten-am-Black-Friday/!5641270 | |
## AUTOREN | |
Dorian Baganz | |
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