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# taz.de -- 2020 bringt noch ein Ost-West-Jubiläum: Wessis, es geht wieder los
> Sie haben dieses Jahr genug über den Osten gehört? Ich muss sie
> enttäuschen, 2020 rollen wir das alles nochmal auf. Zum Glück!
Bild: Dieses Denkmal in Marienborn, Sachsen-Anhalt, soll an die Wiedervereinigu…
Wenn Sie gehofft hatten, dass es jetzt wirklich mal gut ist [1][mit diesem
Ostthema], dann haben Sie sich geschnitten. Entschuldigen Sie, liebe
Kolumnenleserschaft, bitte den leicht genervten Ton – fest steht: Die
gefühlte Ruhe nach den drei so frustrierenden ostdeutschen Landtagswahlen
des zurückliegenden Jahres war lediglich eine kurze Unterbrechung. Jetzt
beginnt 2020 und es wird noch mal richtig hässlich.
Denn 2020, das ist dreißig Jahre 1990. Und 1990 – da war nix mehr mit „Ein
paar mutige Menschen riskieren was und schwups wird die Chose zur
Revolution“. 1990 – das ist Kohl und [2][Treuhand] und Stasi.
Und Westdeutsche, die vor sächsischen Reihenhäuschen vorfahren, um sie erst
zu fotografieren und dann einen Anwaltsbrief zu schreiben. Mag sein, dass
unsere liebe Bundesregierung versuchen wird, Vorgänge wie die Währungsunion
und Betriebsschließungen als leicht schmerzhafte, aber eben auch notwendige
Erinnerungen zu verkaufen. Als historischen Prozess, bei dem ein paar Leute
leider ein paar Nachteile in Kauf zu nehmen hatten. Und hey, kriegen nicht
selbst die Ostler mit den „Umbruchserfahrungen“ alle heute ihre Rente,
obwohl sie ein Schrottland aufgebaut haben? Siehste! Die soziale
Marktwirtschaft lässt niemanden im Stich.
Aber so wird es nicht laufen. Und Sie, liebe nachgeborene (und im Grunde ja
auch nix dafür könnende) westdeutsche Mitbürger, werden sich 2020 die ganze
Geschichte noch mal von vorne anhören müssen. Oder, wie es der
Ostbeauftragte der Bundesregierung – eine Art regierungsseitig beeidigter
Gutfinder namens [3][Christian Hirte – gerade im Interview mit der Welt]
gesagt hat: „Es gibt auch im Osten große Unterschiede. Wir Deutsche müssen
lernen, diese Unterschiede auszuhalten.“ „Wir Deutsche“ – das sind wir
alle. Aber aushalten mussten das, was im Jahr 1990 passiert ist,
ausschließlich die Ostdeutschen.
## Meldet euch, wenn ihr so seid wie wir!
Wer meint, dass das Jahr 1990 sich für die Ostdeutschen wie ein Aufbruch zu
neuen Gestaden angefühlt haben mag, liegt richtig. Aber richtig ist eben
auch, dass – dort angekommen – niemand drauf gewartet hat, dass 16
Millionen Neubürger in ihr aktuell auch nicht gerade prosperierendes
Arbeits- und Sozialsystem einsteigen. Aus Brüdern und Schwestern, hinter
der Grenze sicher weggehalten, wurde schlagartig Passinhaber mit
Ansprüchen.
Es nützte leider auch nicht viel, die Ostler als schlecht angezogene,
schlecht ausgebildete und irgendwie drollige Neuankömmlinge abzutun. Nach
dem Motto: So bitte, hier euer Westgeld, jetzt wieder an die Arbeit (wenn
ihr noch welche habt). Meldet euch, wenn ihr so seid wie wir. Ich weiß gar
nicht, was die dümmere Entscheidung des Westens war: Uns Ostler zu
verzwergen oder uns zu verleugnen. Dass alles jetzt, dreißig Jahre später,
noch mal hochkommt, dass an Küchentischen, in den Kneipen und Feuilletons
Zeugnis abgelegt wird, mag anstrengend sein. Ist aber notwendig.
1 Jan 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Ostdeutschland-waehlt/!t5606218/
[2] /Theaterautorin-ueber-die-Treuhand/!5613887
[3] https://www.welt.de/politik/deutschland/article204570342/Ostbeauftragter-Hi…
## AUTOREN
Anja Maier
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Schwerpunkt Neues Deutschland
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