| # taz.de -- Die Wahrheit: Schwule Schwäne | |
| > Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung (89): Tierische | |
| > Homosexualität gibt es Biologen zufolge bei mindestens 471 Tierarten. | |
| Bild: Na, Süßer? | |
| 1994 begannen Wissenschaftler des Wright Laboratory für die US Air Force | |
| Konzepte für nichttödliche Chemiewaffen zu erarbeiten, berichtete der | |
| Biologe Peter Iwaniewicz in seinem Buch „Menschen, Tiere und andere Dramen“ | |
| (2018). Eine dieser Waffen sollte die gegnerischen Soldaten in sexuelle | |
| Ekstase mit großer Wollust versetzen, so dass sie untereinander zu | |
| sexuellen Handlungen verführt worden wären. „In der Antragstellung für | |
| dieses 7,5 Millionen Dollar teure Projekt, ‚Gay Bomb‘ genannt, hieß es: | |
| ‚Ein geschmackloses und völlig ungefährliches Beispiel wären starke | |
| Aphrodisiaka, speziell dann, wenn die Chemikalie homosexuelles Verhalten | |
| verursacht.‘“ | |
| Seit Identitätspolitiken Konjunktur haben, macht man sich auch über | |
| schwulen Sex bei Tieren Gedanken. Bei 471 Tierarten, die der Biologe Bruce | |
| Bagemihl auflistete, sei Homosexualität dokumentiert, darunter befänden | |
| sich 167 Säugetierarten, 132 Vögel, 32 Amphibien und Reptilien, 15 Fische | |
| und 125 Insekten und andere Wirbellose. Die Neue Zürcher Zeitung ergänzte: | |
| „Es fehlen in der Aufzählung noch die Haustiere, wo bei 19 Arten | |
| gleichgeschlechtliche Sexualität beobachtet worden ist, bei Rindern, | |
| Schafen, Schweinen, Kaninchen, Pferden, Hunden und Katzen. Bei den Hamstern | |
| und Hühnern scheinen sich nur die Weibchen für das gleiche Geschlecht zu | |
| interessieren.“ Bagemihl schlussfolgerte in seiner Osloer Ausstellung | |
| „Against Nature?“: „Der Sinn des Lebens, wenn es überhaupt einen gibt, s… | |
| die Liebe und der Sex.“ | |
| Jüngst berichtete Radio Schweden ausführlich über „schwule Schwäne“ im | |
| Stadtpark von Malmö. Es gibt auch viele weibliche Schwäne dort, „aber weil | |
| diese zwei Tiere hier kein Interesse für das weibliche Geschlecht zeigen, | |
| interessieren sich die weiblichen Tiere auch nicht für sie“, so der | |
| verantwortliche Tierpfleger. Das „Märchen“ von den ausschließlich | |
| heterosexuellen und treuen Schwanpaaren hält sich laut der schwedischen | |
| Geschlechterforscherin Hillevi Ganetz deswegen noch, weil es bis 1996 tabu | |
| war, Homosexualität unter Tieren in Film und Fernsehen zu zeigen. | |
| „Im Bremerhavener Zoo sind sechs der 20 Humboldt-Pinguine schwul. Sie leben | |
| in tiefer Treue zu ihrem Partner und brüten in ihren Höhlen sogar – mangels | |
| Eiern auf Steinen. Eines der Homo-Pärchen hat sogar ein echtes, verwaistes | |
| Ei erfolgreich ausgebrütet und kümmert sich nun liebevoll um den | |
| Nachwuchs“, schreibt Pia Heinemann in der Welt. Die Bremerhavener | |
| Zoodirektorin erwarb dennoch aus einem schwedischen Zoo sechs weibliche | |
| Pinguine. | |
| ## Jeder nach seiner Fasson | |
| „Eine begleitende Studie sollte den Einfluss der ‚Schwedinnen‘ auf die | |
| Männerfreundschaften untersuchen.“ Als das bekannt wurde, protestierten | |
| Gay-Aktivisten im In- und Ausland gegen „die organisierte zwangsweise | |
| Belästigung durch weibliche Verführungskünste“ und forderten, dass auch | |
| schwule Pinguine als „rechtsunmündige Schutzbefohlene“ von Menschen | |
| unbeeinflusst Paare bilden können, wie Peter Iwaniewicz berichtete. | |
| In Bremerhaven beeilte man sich daraufhin mit einer öffentlichen Erklärung: | |
| Man wolle den Männchen „nur ein Angebot“ machen, selbstverständlich solle | |
| jeder nach seiner Fasson glücklich werden. „Schließlich war nur | |
| Arterhaltung unser Ziel.“ Aber anscheinend nicht das Ziel der schwulen | |
| Pinguine. Der holländische Biologe Midas Dekkers behauptet sogar: „Im | |
| Grunde sind Tiere gar nicht auf Elternschaft aus. Es ist nicht ihr | |
| Anliegen, die Art zu erhalten, sondern das von Mutter Natur“ – und der | |
| Zoodirektorin. „Läge es an den Tieren selbst, führten sie ewig ein lustiges | |
| Junggesellenleben.“ | |
| Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in Riverside berichten im | |
| Journal Trends in Ecology and Evolution, dass männliche Pinguine auch in | |
| Freiheit oft ihren Freunden zugetan sind. Zusammen klauen sie auch schon | |
| mal ein Ei und brüten es aus oder ziehen ein verwaistes Junges groß. „Wir | |
| haben Tausende von Berichten von homosexuellen Tieren bei einer Durchsicht | |
| der Fachveröffentlichungen gefunden“, schreiben Nathan Bailey und Marlene | |
| Zuk. | |
| ## Sex als Stressabbaumaßnahme | |
| Es gibt schwule Bonobos, schwule Schafe und Strumpfbandnattern und | |
| lesbische Albatrosse, Fadenwürmer und Zebrafinken – gleichgeschlechtliche | |
| Liebe wird offenbar überall praktiziert. Aber welchen evolutionären Vorteil | |
| hat sie? Wo ist der Nutzen dabei? Fragt sich die Darwinistin Pia Heinemann | |
| und erwähnt die Fruchtfliegen: „Werden sie genetisch so manipuliert, dass | |
| ihnen ein bestimmter Geruchsrezeptor fehlt, können sie Weibchen nicht mehr | |
| von Männchen unterscheiden. Doch auch ohne genetische Manipulation begeben | |
| sich Insekten in die Homophilie: Bestimmte Libellenlarven werden schwul, | |
| wenn sie nur mit männlichen Libellenlarven aufwachsen. Albatros-Weibchen | |
| gehen häufig lebenslange lesbische Beziehungen ein: Die von einem | |
| lesbischen Paar aufgezogenen Jungtiere haben offenbar bessere | |
| Überlebenschancen als die Küken von heterosexuellen Paaren.“ | |
| Dann sind diese also evolutionär eher von Nachteil? „Bei Tümmlern dient die | |
| Homosexualität wahrscheinlich der Festigung der sozialen Gruppe. Ähnliches | |
| ist von Bonobos berichtet worden. Die männlichen Affen kopulieren mit | |
| anderen Männchen und nehmen so sozialen Stress aus der Gruppe.“ | |
| Ein NZZ-Autor beobachtete bei Giraffen: „Zwei Giraffenbullen reiben | |
| einander mit ihren Hälsen sanft den Körper. Dann zeigen sich Erektionen. | |
| Einer besteigt den anderen und kommt zum Orgasmus. Homosexuelles Verhalten | |
| ist bei Giraffen weit verbreitet; in einer afrikanischen Region machten die | |
| Besteigungen zwischen Männchen 94 Prozent aller sexuellen Akte aus.“ | |
| ## Und woher kommen die Kinder? | |
| Eine erste Beobachtung von gleichgeschlechtlichem Sex (bei Vögeln) machte | |
| vor 220 Jahren der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc de | |
| Buffon. Mit wenigen Ausnahmen widerspiegeln die seitdem etwa 600 Hinweise | |
| „weit eher die moralischen Vorstellungen der Beobachter als das sachliche | |
| Geschehen im Tierreich. Da häufen sich Ausdrücke wie ‚seltsam‘, | |
| ‚unnatürlich‘, ‚abartig‘, ‚pervers‘, ‚bizarr‘. (…) Noch 1987… | |
| Artikel über homosexuelle Paarung bei marokkanischen Schmetterlingen den | |
| Titel: ‚Eine Bemerkung zu den sinkenden moralischen Werten bei | |
| Lepidoptera‘.“ | |
| Der Biologe Cord Riechelmann erwähnte einmal eine junge heterosexuelle | |
| Kollegin, die mit ihm Berberaffen unter „halbfreien Bedingungen“ | |
| erforschte. Er war dabei, „zwei erwachsene Berberaffenweibchen bei einer | |
| auch im Menschensex als 69-Stellung bezeichneten Interaktion“ zu | |
| dokumentieren, als er von ihr angeherrscht wurde, was er da tue? Auf seine | |
| Antwort „homosexuelles Verhalten studieren“ schrie sie: „Und woher kommen | |
| dann die ganzen Kinder?!“ und wendete sich stampfenden Schrittes ab. | |
| 2 Dec 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Helmut Höge | |
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