| # taz.de -- Trumps Ansehen in der Welt: Es wird nicht folgenlos bleiben | |
| > Optimisten neigen dazu, der Ära Trump auch etwas Gutes abgewinnen zu | |
| > wollen. Sie irren. Es gibt dafür keinen guten Grund. | |
| Bild: Die Wahl 2020 im Blick: US-Präsident Trump salutiert | |
| Wer optimistisch ist, kann der Ära Trump etwas Positives abgewinnen. Es | |
| zeigt sich, dass die Weltbevölkerung sehr viel mehr Normen und Werte teilt, | |
| als der Blick auf die Gräben zwischen Kulturen und Religionen vermuten | |
| lassen könnte. | |
| Ich bin ziemlich häufig im Ausland unterwegs, auch außerhalb Europas. Ein | |
| Tipp für alle, die in der Fremde möglichst schnell eine gemeinsame | |
| Grundlage mit Einheimischen finden wollen: Einfach den Namen „Donald Trump“ | |
| fallen lassen. In gefühlten acht von zehn Fällen schwankt die Reaktion | |
| zwischen Fassungslosigkeit und Gelächter. | |
| Übrigens auch in Ländern, in denen Lieblingsdiktatoren des US-Präsidenten | |
| an der Macht sind, beispielsweise in Ägypten. Also: Trump ist ein | |
| großartiger Anfang für ein nettes Gespräch. In den USA würde ich von dieser | |
| Vorgehensweise allerdings abraten. | |
| Diese Weltsicht hat aber einen Haken. Die Verheerungen, die dieser | |
| Präsident in der politischen Kultur seines eigenen Landes angerichtet hat, | |
| werden ihn lange überdauern. | |
| Unabhängig davon, ob er doch aus dem Amt gejagt oder im Gegenteil gar ein | |
| zweites Mal gewählt wird. Das hat sich vor einigen Tagen im US-Kongress | |
| gezeigt. Da haben die Parteigänger von Donald Trump ein Maß an Verachtung | |
| gegenüber der eigenen Institution und einen Mangel an Selbstachtung an den | |
| Tag gelegt, die ich selbst im vergifteten Klima dieser Tage nicht für | |
| möglich gehalten hätte. | |
| Zusammengefasst: Ein hochdekorierter US-Militär fürchtet um die Sicherheit | |
| seiner Familie. Er und seine Angehörigen werden von der Armee rund um die | |
| Uhr bewacht, damit ihnen nichts geschieht. Für nötig gehalten wird das, | |
| weil der Präsident der Vereinigten Staaten den Offizier auf Twitter als | |
| politischen Gegner bezeichnet hat. Anders ausgedrückt: Das Militär muss | |
| jemanden schützen, weil sein Oberbefehlshaber ihn gefährdet. Irre. | |
| Oberstleutnant Alexander Vindman [1][hat vor dem Kongressausschuss | |
| ausgesagt], der ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump prüft. Also | |
| hat er, um es altmodisch zu formulieren, seine Pflicht getan. Denn nichts | |
| anderes ist es, wenn jemand sich im Wissen darum als Zeuge zur Verfügung | |
| stellt, dass ihm daraus Nachteile erwachsen können. | |
| Und wie reagieren die republikanischen Parteigänger des Präsidenten im | |
| Parlament? Sie versuchen in der Anhörung, den Ruf des Offiziers zu | |
| schädigen und seine Loyalität gegenüber den USA in Zweifel zu ziehen. | |
| Beteiligen sich also an persönlicher Verunglimpfung. | |
| Wie können sie? Meine Ratlosigkeit ist nicht gespielt. Ich verstehe ja, | |
| dass den Republikanern der Inhalt dessen, was Vindman ausgesagt hat, nicht | |
| gefällt – so wenig wie die Einlassungen anderer Zeugen, die Trump schwer | |
| belasten. Aber darum geht es mir hier gar nicht. Sondern um die Tatsache, | |
| dass Abgeordnete es für anrüchig erklären, wenn jemand einem demokratisch | |
| gewählten Parlament gegenüber den gebotenen Respekt an den Tag legt. Dem | |
| jeder und jede Einzelne von ihnen sehr gern angehören wollte. Weshalb sie | |
| in Wahlkämpfen dafür hart gefochten haben. | |
| Wofür haben sie gekämpft? Für individuelles Ansehen, für Macht – wofür? … | |
| weiß es nicht, und ich begreife es nicht mehr. Es gibt Leute – diejenigen, | |
| die optimistisch auf die Welt blicken –, die meinen, eine Amtszeit von | |
| Donald Trump ließe sich noch verkraften. Erst in der zweiten Legislatur | |
| beginne das Problem. Weil er dann endgültig nichts mehr zu befürchten habe | |
| und entfesselt sei. | |
| Das sehe ich anders. Der Schaden in den Vereinigten Staaten ist | |
| angerichtet. Wer meint, das bliebe folgenlos für den Rest der Welt, | |
| unterschätzt den internationalen Einfluss, den die USA noch immer haben. Es | |
| gibt keinen Grund, der Ära Trump etwas Positives abzugewinnen. | |
| 22 Nov 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Impeachment-gegen-Donald-Trump/!5643042/ | |
| ## AUTOREN | |
| Bettina Gaus | |
| ## TAGS | |
| US-Wahl 2024 | |
| Kolumne Macht | |
| Donald Trump | |
| USA | |
| USA | |
| Kolumne Macht | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Impeachment in den USA: Trump-Team boykottiert Anhörung | |
| Dass Trump selbst zur Impeachment-Anhörung kommen würde, galt als | |
| unwahrscheinlich. Doch das Weiße Haus will noch nicht einmal einen Anwalt | |
| schicken. | |
| Bezirkswahlen in den USA: Einsetzende Götterdämmerung? | |
| Jeanne Vinal kandidiert als Demokratin für einen Platz im Erie County | |
| Legislature im Staat New York. Neu ist: Auch Republikaner reden mit ihr. | |
| Krise der Demokratie: Mitten im Vakuum | |
| Ob in Großbritanninen oder in den Vereinigten Staaten: Millionen können | |
| sich darauf einigen, gegen Trump und Johnson zu sein. Aber wofür sind sie? |