# taz.de -- Machtkampf in Bolivien: TV-Sender besetzt, Polizei meutert | |
> Auch Polizisten schließen sich den Protesten gegen Präsident Evo Morales | |
> an. Seine Gegner haben nun zwei staatliche Sender gezwungen, den Betrieb | |
> einzustellen. | |
Bild: La Paz: Polizisten auf dem Dach eines Sicherheitsstandes schwenken die bo… | |
LA PAZ dpa | Der Druck auf [1][Boliviens Staatschef Evo Morales] wächst: In | |
mehreren großen Städten haben sich Polizisten Berichten zufolge den | |
Protesten gegen ihn nach der umstrittenen Präsidentenwahl angeschlossen. | |
Die Polizeiwache am Präsidentenpalast in La Paz verließ demnach am Samstag | |
ihre Posten. Regierungsgegner unterbrachen zudem den Betrieb der | |
staatlichen Sender Bolivia TV und Radio Patria Nueva. | |
Organisierte Gruppen hätten die Mitarbeiter der Sender bedroht und | |
eingeschüchtert und sie dann gezwungen, ihre Arbeitsplätze zu verlassen, | |
schrieb Morales am Abend (Ortszeit) [2][auf Twitter]. „Sie sagen, dass sie | |
die Demokratie verteidigen, verhalten sich aber wie in einer Diktatur.“ Die | |
Häuser der Gouverneure zweier Departments sowie das seiner Schwester seien | |
angezündet worden. | |
Der linke Staatschef hatte einige Stunden zuvor in einer Fernsehansprache | |
erneut von einem Putschversuch gesprochen und seine Anhänger aufgefordert, | |
zu mobilisieren. Die Polizei ermahnte er, die Verfassung zu erfüllen. Der | |
neu eingesetzte Polizeichef der bevölkerungsreichsten bolivianischen Stadt | |
Santa Cruz, Miguel Mercado, sagte nach einem Bericht der Zeitung „El Deber“ | |
vor einer Menschenmenge: „Ich unterstütze die Meuterei.“ | |
Der Oppositionsführer Luis Fernando Camacho dankte der Polizei auf Twitter | |
dafür, dass sie auf der Seite des Volkes stehe. Er bedankte sich auch bei | |
den Streitkräften. Deren Oberbefehlshaber Williams Kaliman hatte auf einer | |
Pressekonferenz erklärt, Soldaten würden nicht gegen das Volk vorgehen. | |
## Dienstältester Präsident des Kontinents | |
Morales rief zu Gesprächen der vier Parteien auf, die laut dem umstrittenen | |
Ergebnis der Wahl vor drei Wochen im Parlament vertreten sind. Er starte | |
diesen dringenden Aufruf, um den Frieden zu bewahren, twitterte Morales, | |
der erste indigene Präsident des Andenlandes. Er bat Papst Franziskus sowie | |
verschiedene Kirchen und internationale Organisationen, die Gespräche zu | |
begleiten. | |
Der konservative Ex-Präsident Carlos Mesa, der bei der Wahl Zweiter | |
geworden war, lehnte das Angebot ab. „Ich habe mit Evo Morales und seiner | |
Regierung nichts zu verhandeln“, sagte er in einer Videoansprache. Morales | |
müsse nun entscheiden, auf welchem Wege er das Amt verlassen wolle. | |
„Verantwortlich für die Situation, die man einen Staatsstreich nennen | |
könnte, ist Evo Morales, indem er einen riesigen Wahlbetrug begangen hat.“ | |
Morales ist der dienstälteste Präsident des Kontinents. Bereits seit 2006 | |
leitet der frühere Koka-Bauer die Geschicke Boliviens. Der 59-Jährige hatte | |
sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung nur | |
eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der | |
Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner | |
Menschenrechte bezeichnete. | |
Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am 20. Oktober erklärte er sich | |
direkt zum Sieger, obwohl die Opposition, aber auch die Organisation | |
Amerikanischer Staaten und die EU erhebliche Zweifel anmeldeten. Seitdem | |
liefern sich Anhänger und Gegner von Morales fast täglich heftige | |
Auseinandersetzungen. | |
Zwar floriert Bolivien – das Armenhaus Südamerikas – unter dem Sozialisten | |
wirtschaftlich, doch Morales zunehmend selbstherrliches und autoritäres | |
Gehabe stößt immer mehr Bolivianern bitter auf. Vor allem die Menschen im | |
wirtschaftlich starken Osten des Landes fühlen sich von Morales über den | |
Tisch gezogen. | |
10 Nov 2019 | |
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[2] https://twitter.com/evoespueblo | |
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