# taz.de -- Casino-Affäre in Österreich: Inkompetent oder rechtsextrem | |
> Postengeschacher, Bestechung, Amtsmissbrauch und Untreue: Es ist Zeit für | |
> Transparenzregelungen bei Postenvergaben in der Alpenrepublik. | |
Bild: Money, money, money. Darum geht es in der Casino-Affäre in Österreich | |
WIEN taz | Was ÖVP und FPÖ unter [1][„neu regieren“] verstanden, wird in | |
der sogenannten Casino-Affäre von Tag zu Tag deutlicher. Es geht um die | |
Versorgung politischer Günstlinge zulasten der Steuerzahler. Besonders | |
dreist agierte einmal mehr die rechte FPÖ, die für all die Aufsichtsräte, | |
die es zu besetzen galt, nicht das entsprechend qualifizierte Personal | |
aufbringen konnte. Fast täglich werden neue Chats bekannt, bei denen es um | |
die parteipolitische Postenbesetzung im Vorstand der Casinos Austria geht. | |
Untersucht wird, ob dabei auch strafrechtlich relevante Absprachen | |
getroffen wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in Richtung Bestechung, | |
Amtsmissbrauch und Untreue. Im Anlassfall geht es um den 45-jährigen Peter | |
Sidlo, der auf Drängen der FPÖ in den Vorstand der Casinos Austria AG | |
gehievt wurde. Dort bezieht er ein stolzes Jahressalär von 350.000 Euro, | |
das durch Boni noch verdoppelt wird. Bestehende Verträge mussten unter | |
hohen Abschlagszahlungen gekündigt werden. | |
Sidlos Problem war, dass er die für den Posten geforderten Qualifikationen | |
nicht annähernd mitbrachte. Als wahre Fundgrube für die Wirtschafts- und | |
Korruptionsstaatsanwaltschaft entpuppt sich dabei das im August im Rahmen | |
der [2][Ibiza-Ermittlungen] beschlagnahmte Handy von Ex-Vizekanzler | |
Heinz-Christian Strache und dessen SMS und WhatsApp-Verkehr. | |
Da findet sich eine Nachricht von Sidlo, der seinen Chef auf einen Anruf | |
des Personalrekrutierungsbüros vorbereitet: „Könnte sein, dass sich Egon | |
Zehnder (Headhunter) bei dir meldet bzgl. Referenz für mich. Dann erzähl | |
ihm halt, wie toll ich bin (Zwinker-Emoji)“. Strache braucht | |
Orientierungshilfe: „Was soll ich ihm beruflich erzählen?“. Sidlo kann | |
helfen: „Teamorientiert, werteorientiert, verbindlich, verlässlich, loyal“. | |
## Ungeeigneter FPÖler | |
Offenbar ließ sich Zehnder davon nicht überzeugen: „Aufgrund seines | |
mangelnden Track Records in einer breiten Finanzverantwortung […] würde er | |
in den meisten Auswahlverfahren für eine entsprechende CFO-Position keine | |
Berücksichtigung finden.“ Weniger geschraubt: Sidlo ist ungeeignet. | |
Diese Beurteilung wurde aber dem Vorstand bei der entscheidenden Sitzung | |
nicht vorgelegt. Gewählt wurde Sidlo auf Vorschlag des privaten | |
Glücksspielkonzerns Novomatic, der an der Casinos Austria AG mit 13 Prozent | |
beteiligt ist. Der Vertreter der tschechischen Sazka-Gruppe – mit insgesamt | |
34 Prozent der Aktien größter Aktionär – enthielt sich der Stimme. | |
Warum Novomatic sich für einen FPÖ-Bezirksrat und Chef einer | |
Investmentgesellschaft starkmachte, kann man auch aus Straches Chats | |
ableiten. Es ging um das, was in den USA mit dem lateinischen Terminus Quid | |
pro quo bezeichnet wird, also ein politisches Gegengeschäft. Die FPÖ – so | |
der Verdacht der Ermittler – habe Novomatic die Gewährung zusätzlicher | |
Lizenzen, etwa für Online-Gaming, versprochen. | |
Da kommt der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger ins Spiel, bei dem | |
letzte Woche auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft mit einem | |
Durchsuchungsbeschluss vorstellig wurde. Er hatte bereits 2018 einen | |
Entwurf für die Novellierung des Glücksspielgesetzes in Begutachtung | |
geschickt, mit der das Monopol der Casinos Austria einzementiert worden | |
wäre. | |
## Inkompetent oder rechtsextrem | |
Wenig später wurde der Entwurf – aufgrund eines „technischen Versehens“ … | |
zurückgezogen. Hubert Fuchs, damals FPÖ-Staatssekretär im | |
Finanzministerium, machte sich als Ersatz an die Ausarbeitung eines | |
Online-Gaming-Gesetzes. | |
Dass Löger eingebunden war, geht auch aus Straches Handy hervor. „Lieber | |
Hartwig!“, lautet eine SMS vom 11. Februar 2019, „Herzlichen Dank für deine | |
Unterstützung bezüglich CASAG!“ CASAG ist die Casinos Austria AG, die | |
international Beteiligungen an Glücksspielunternehmen hält. Löger | |
antwortete mit einem Daumen hoch. | |
In der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ am Sonntagabend sah Löger sich | |
durch die SMS entlastet. Er sei davon irritiert gewesen und deutet seine | |
knappe Antwort als „Gib a Ruh!“ Dass es einen Deal zwischen FPÖ und | |
Novomatic gegeben habe, könne er zwar nicht ausschließen, dass er davon | |
Kenntnis hatte, sehr wohl. | |
## Transparenz bei Personalpolitik | |
Ganz aus der Affäre ziehen kann sich die ÖVP wohl kaum, denn jahrzehntelang | |
hatte sie sich mit der SPÖ die Republik aufgeteilt. Postenschacher ist für | |
sie daher kein Fremdwort. Anders als die FPÖ verfügen die Etablierten | |
allerdings über qualifiziertes Personal. Die FPÖ-Leute sind entweder | |
rechtsextrem oder inkompetent, manchmal beides. | |
Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich in der Casinos-Sache völlig | |
unbeleckt gibt, [3][verhandelt derzeit eine Koalition] mit den Grünen, die | |
immer schon gegen diese Art von Parteibuchwirtschaft aufgetreten sind. | |
Ihrem Begehren nach mehr Transparenz bei Postenvergaben wird er sich | |
angesichts der peinlichen Enthüllungen über die Personalpolitik der | |
vergangenen Regierung schwer verschließen können. | |
19 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Mindestsicherung/!5491037 | |
[2] /Buch-ueber-Ibiza-Affaere/!5617734 | |
[3] /Nationalratswahl-in-Oesterreich/!5630645 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
FPÖ | |
ÖVP | |
Glücksspiel | |
Glücksspiel | |
Wahl Österreich | |
Grüne Partei Österreich | |
Österreich | |
Bestechung | |
Schwerpunkt Korruption | |
FPÖ | |
Österreich | |
Philippa Strache | |
Ibiza-Affäre | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Der Schatz der FPÖ: Der Mythos Gold | |
Die FPÖ hat offenbar in einer Pension in Osttirol Goldbarren gebunkert – | |
angeblich, um sich für Tag X zu wappnen. Wieso ausgerechnet Gold? | |
FPÖ-Abgeordneter und Nazi-Liedgut: „Ich werde mich NIEMALS schämen!“ | |
Antisemitische und sexistische Texte aus dem Liederbuch einer | |
Burschenschaft bringen einen Abgeordneten der FPÖ in Österreich in | |
Bedrängnis. | |
Österreichs Parlament konstituiert sich: Philippa Strache wird wild | |
Die FPÖ schließt die Frau ihres früheren Chefs Heinz-Christian Strache aus | |
der Fraktion aus. Die kann dem sogar etwas Positives abgewinnen. | |
Straches Facebook-Account stillgelegt: Jetzt sinnt er auf Rache | |
Die FPÖ löscht den Account ihres Ex-Chefs, dem dort 786.000 Freunde | |
folgten. Strache kündigt daraufhin seine Rückkehr an – nicht nur auf | |
Facebook. |