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# taz.de -- Dokumentarfilm „Bamboo Stories“: Ein Freiraum auf dem Wasser
> Shaheen Dill-Riaz’ Dokumentarfilm „Bamboo Stories“ folgt Bambusflößer…
> Bangladesch den Fluss hinunter. Er zeigt den Druck, unter dem sie
> arbeiten.
Bild: Das Flößen wirkt fast schon entspannt – zumindest wenn alles glatt l�…
Hochsommer im Nordosten Bangladeschs: Am Ufer des Flusses Kushiyara treiben
Bambusbündel im Wasser. Immer mehr Stämme binden die Arbeiter zusammen, die
in den nahegelegenen Wäldern geschlagen wurden. Die Bündel werden
anschließend zu einem Floß vertäut, das Floß den Fluss hinuntergetrieben.
Der Bambus wird schon unterwegs verkauft. Vier Wochen lang begleitet eine
Handvoll Männer den Bambus auf einem Weg, der immer wieder von Dieben und
Piraten bedroht ist, die es auf die kostbare Fracht abgesehen haben.
Der Dokumentarfilmer Shaheen Dill-Riaz zeigt in „Bamboo Stories“ die
Lebenswelt der Bambusflößer. In Interviews und beeindruckenden Bildern
skizziert er ihre Lebensbedingungen, den Druck, unter dem sie arbeiten, und
die Auswirkungen der Arbeit auf ihre Familien.
Schon das Schlagen des Bambus im Wald ist mühselig. Um im sumpfigen Wald
nicht vollkommen von Blutegeln und Moskitos aufgefressen zu werden, reiben
sich die Arbeiter mit einer Mischung aus Senföl und Tabak ein. Die
Quälgeister finden dennoch immer wieder ihren Weg. Die langen Bambusstangen
müssen zudem einzeln abgewischt werden, weil sie sonst beim Tragen Juckreiz
verursachen.
Als der Pächter des Waldes sich ein Bild von den Arbeiten macht, schimpft
er mit dem Vorarbeiter, dass sie keine Schneise in den Wald geschlagen
haben, um an Stämme besserer Qualität heranzukommen. Dann erklärt er ins
Mikrofon, dass er selbst auf keinen Fall Bambus schlagen könnte, das wäre
viel zu anstrengend. Sagt’s und steigt aufs Motorrad, woraufhin die
Arbeiter erst mal eine Pause einlegen und über die Bezahlung klagen. Sie
bekommen pro Stamm nur wenig mehr als den Gegenwert einer Tasse Tee auf dem
Basar. Auch der Transport auf dem Wasser ist eine finanzielle Optimierung,
der Transport per Lastwagen würde ein Vielfaches kosten.
Das Flößen wirkt dagegen fast schon entspannt – zumindest wenn alles glatt
läuft. Wenn das Floß auseinanderreißt, ist Eile gefragt beim Reparieren.
Den höheren Preis zahlen die Flößer bei ihren Familien. Die lange
Abwesenheit macht sich bemerkbar. Die Frau eines der Arbeiter ist denn auch
wenig begeistert von der Arbeit ihres Mannes, zumal er die Möglichkeit
gehabt hätte, Rikscha zu fahren. Das Geld, das er beim Flößen verdient,
reicht kaum, um die Kosten der Familie zu decken. Für die Männer wiederum
ist die Arbeit auf dem Floß ein Freiraum, ein Ausbrechen aus den Zwängen,
die sie daheim erwarten.
## Zugänglichkeit für ein größeres Publikum
Shaheen Dill-Riaz hat sich im Laufe der letzten zehn Jahre wiederholt
[1][aus verschiedenen Perspektiven der Lebensbedingungen in Bangladesch
angenommen]: Von seinem [2][Durchbruch mit „Eisenfresser“ (2008)] über das
Abwracken von Schiffen an den Stränden des Landes über „Korankinder“, der
sich der Koranschulen annahm, bis zu „Fernglück“, der die Arbeit von
deutschen Freiwilligen in Bangladesch zeigt. In diesen Filmen hat Dill-Riaz
ein ums andere Mal ein Händchen dafür bewiesen, die Balance zu halten
zwischen der Zugänglichkeit für ein größeres Publikum und der Komplexität
des Themas.
Bei „Bamboo Stories“ zeigt sich diese Balance im Nebeneinander von
beeindruckenden Bildern, einer etwas dudeligen Musik und einer präzisen
Darstellung der Lebensverhältnisse und der Zwänge, denen Flößer und
Holzfäller unterliegen. Eines jedoch ist kritisch anzumerken: Auch
Dill-Riaz’ Film ist Opfer eines Bildtrends geworden und hat die Aufnahmen
vom Leben auf dem Floß und am Flussufer durch Luftaufnahmen ergänzt. Seit
Drohnen solche Aufnahmen mit geringem Budget ermöglichen, scheinen sie
allgegenwärtig. In Dill-Riaz’ Film wirken sie wie ein Fremdkörper. Das tut
„Bamboo Stories“ aber keinen Abbruch.
14 Nov 2019
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## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
Dokumentarfilm
Bangladesch
Shaheen Dill-Riaz
Dokumentarfilm
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