# taz.de -- Aktivistin über Klimakonferenz-Absage: „Wir segeln jetzt nach Be… | |
> Sie steuerte das Schiff, als sie von der Absage erfuhr: Frederike Freitag | |
> wollte mit Aktivist:innen nach Chile zur Klimakonferenz segeln. Was nun? | |
Bild: Frederike Freitag (2.v.r.) und andere segeln nun nach Belém. Es dauert n… | |
taz: Die Klimakonferenz wurde abgesagt. Wie haben Sie davon erfahren? | |
Frederike Freitag: Wir waren in Reichweite des Festlands, hatten Internet, | |
aber segelten gerade. Ich war am Steuer und habe gelenkt, während alles | |
passiert ist. Wir haben natürlich viele Leute an Bord, die in | |
Organisationen arbeiten, zum Beispiel der Klimadelegation. Die sind sehr | |
gut vernetzt. Sobald wir in die Nähe des Festlands kamen, haben wir Mails | |
empfangen. Wir wussten davon, bevor es in den Medien erschien. Später haben | |
wir in Praia, der Hauptstadt der Republik Kap Verde, angelegt. Ein | |
geplanter Stopp, insofern hatten wir Glück. | |
Reisen Sie trotzdem nach Chile, um mit Greta Thunberg eine alternative | |
Konferenz zu verstalten? | |
Nein, aber unsere Route bleibt ähnlich. Es passiert ziemlich viel gerade. | |
Ziemlich viel Ungewissheit, weil es [1][keine Entscheidungen von Seiten der | |
UN] gibt, ob und wohin. Hier ausharren, macht keinen Sinn. Geplant war von | |
Anfang an, dass wir nach Rio de Janeiro reisen, um dann nach Santiago de | |
Chile zu fahren. Heute Morgen haben wir uns entschieden: Wir segeln nach | |
Belém in Brasilien. Heute Mittag geht es los. | |
Warum dorthin? | |
Es liegt nördlicher als Rio. Wenn die Konferenz Anfang nächsten Jahres in | |
Bonn stattfindet, schaffen wir es von dort rechtzeitig, zurückzusegeln. | |
Falls die Konferenz in Costa Rica ist, könnten wir auch dorthin. Die | |
Szenarien Bonn oder Costa Rica im Januar halten wir für wahrscheinlich. | |
Beides ist mit unserer Lösung machbar. Es ist auch ein Kompromiss, der die | |
Bedürfnisse verschiedener Leute abdeckt: Manche müssen nach Brasilien. Das | |
Team will die Versprechen, die gegeben wurden, einhalten. | |
Welche? | |
Es gibt Leute, die in Südamerika bleiben möchten. Wir haben eine mit dabei, | |
die Halb-Peruanerin ist und nach der COP bei ihrer Familie bleiben und dort | |
arbeiten wollte. Auch andere möchten in Südamerika leben. Das hat natürlich | |
großen Einfluss. Wir haben jetzt eben auch schon die halbe Strecke hinter | |
uns. | |
Und was ist, wenn die Konferenz in Bonn im Dezember zum geplanten Datum | |
stattfindet? | |
Nach Einschätzungen einiger Menschen an Bord wäre die Konferenz im Dezember | |
dann nur für die Länderdelegierten zugänglich und demnach nicht für | |
Beobachter:innen. In diesem Falle müssten wir unsere Pläne nochmal | |
überdenken und dann erneut entscheiden, wie wir die Ergebnisse unseres | |
Thinktanks präsentieren können. | |
Spielte bei der Entscheidung auch Geld eine Rolle? | |
Der finanzielle Aspekt wurde genauso in die Planung einbezogen wie die | |
bisherigen Informationen und die persönliche Situation der Menschen an | |
Bord. Die Planung, wie sie nun steht, ist finanziell möglich, weil unsere | |
Partner unsere Mission nach wie vor unterstützen. Unsere Partner sind das | |
niederländische Ministerium für Wassermanagement und Infrastruktur, das | |
Bahnunternehmen Pro Rail und andere. | |
Das heißt, das Geld wird nicht knapp? | |
Unsere jetzige Planung übertrifft das Budget nicht. | |
Ändert sich die Sicherheitslage? | |
Nein, weil die Route ähnlich ist. | |
Und wenn die COP in Japan stattfindet – fliegen Sie dann dorthin? | |
Nein, wir fliegen nicht. Es ist symbolisch, wie wir die Reise tätigen. | |
Niemand wird im Rahmen des Projekts fliegen. Wir haben mit Optionen | |
geplant, die wahrscheinlich sind. Wenn die COP in Japan stattfindet, nimmt | |
niemand von uns daran teil. Es sei denn, jemand findet einen Weg per | |
Schiff. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie dort stattfindet. | |
Und von Praia bekommen Sie also gar nichts mit? | |
Leider nicht. Jedoch waren wir die letzten Tagen schon auf anderen der | |
Kapverdischen Inseln, um die letzten Vorbereitungen für die Überfahrt zu | |
treffen. Auch in Casablanca waren wir ein paar Stunden auf Land und in | |
Teneriffa hatten wir vier Tage Zeit. Ein Zwischenstopp, bei dem wir Energie | |
auftanken konnten. Und die Beine vertreten. Grundsätzlich ist an Bord fast | |
mehr Platz, als ich erwartet hätte. Obwohl es ein Schiff für vierzig | |
Menschen ist, ist es mir doch nicht zu klein. | |
Sie haben Ihr [2][Studium für ein Jahr unterbrochen], um zur COP nach Chile | |
zu segeln. Wie war Ihre Reaktion als die Absage kam? | |
Wir haben vor allem Solidarität mit den Menschen in Chile. Wir haben die | |
Nachricht bekommen, dass die Unruhen offenbar in einen Bürger:innenkrieg | |
umschlagen. Aber natürlich: Damit haben wir nicht gerechnet. Wir hatten | |
andere Pläne. Es ist ungünstig, aber steht nicht in der Dimension mit dem, | |
was dort vorgeht. | |
Trotz Absage: Stehen Sie noch hinter der [3][Reise]? | |
Ja. Wir sind an Bord, um einen Plan zu erstellen, wie man nachhaltig reisen | |
kann. Das Interesse ist nicht verschwunden. Wir sehen den Einfluss, den wir | |
haben. Vielleicht gerade jetzt. Die Nachricht wird dadurch nur noch lauter, | |
noch mehr gehört. | |
31 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Chile-sagt-Weltklimagipfel-ab/!5634939 | |
[2] https://perspective-daily.de/article/971/probiere | |
[3] /Per-Schiff-zur-Klimakonferenz/!5622494 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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