# taz.de -- Von Israel besetzte Gebiete: Siedlerprodukte brauchen Etikett | |
> Der EuGH urteilt, dass Waren entsprechend gekennzeichnet werden müssen. | |
> Nur so könnten Verbraucher „ethische“ Entscheidungen treffen. | |
Bild: Die Weinernte aus der israelischen Siedlung Psagot im Westjordanland soll… | |
FREIBURG taz | Waren aus israelischen Siedlungen im besetzten | |
Westjordanland müssen entsprechend benannt sein. Dies entschied am Dienstag | |
der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. | |
Der Rechtsstreit hatte seinen Ursprung in Frankreich. Dort hatte das | |
Wirtschaftsministerium 2016 in einem Erlass darauf hingewiesen, wie | |
Produkte aus Siedlerbetrieben zu kennzeichnen sind. Das Ministerium stützte | |
sich dabei auf eine Mitteilung der EU-Kommission von 2015. | |
Die Kommission schrieb damals: „[1][Da die Golanhöhen und das | |
Westjordanland (einschließlich Ostjerusalem)] völkerrechtlich kein Teil des | |
israelischen Hoheitsgebiets sind, ist die Angabe ‚israelisches Erzeugnis‘ | |
als inkorrekt und irreführend anzusehen.“ Korrekt wäre zum Beispiel die | |
Bezeichnung „Erzeugnis aus dem Westjordanland (palästinensisches | |
Erzeugnis)“ oder „Erzeugnis aus dem Westjordanland (israelische Siedlung)�… | |
Gegen den französischen Erlass klagte ein Weingut in der israelischen | |
Siedlung Psagot, die 1981 gegründet wurde und im Westjordanland nahe | |
Ramallah liegt. Die Kennzeichnungspflicht sei „diskriminierend“, so die | |
Kläger. Das Weingut wurde dabei unterstützt von der kleinen „Organisation | |
Juive Européenne“. Der zuständige Conseil d’Etat, das oberste französisc… | |
Verwaltungsgericht, bat den EuGH um Auslegung des EU-Rechts. | |
## Gegen eine Täuschung der Verbraucher | |
Der EuGH kam jetzt zu dem Schluss, dass eine entsprechende Kennzeichnung | |
der Waren aus den von Israel besetzten Gebieten nicht nur möglich sei, | |
sondern sogar verpflichtend. Die EU-Kommission und das französische | |
Ministerium hätten das EU-Recht also korrekt ausgelegt. | |
Grundlage der EuGH-Entscheidung ist eine [2][EU-Verordnung von 2011 zur | |
Information von Verbrauchern über Lebensmittel]. Danach sind auch | |
Herkunftsgebiet und -ort von Lebensmitteln anzugeben, wenn dies | |
erforderlich ist, um eine Täuschung von Verbrauchern zu vermeiden. Der EuGH | |
stellte darauf ab, dass manche Konsumenten auch „ethische“ Aspekte in ihre | |
Kaufentscheidungen einbeziehen. | |
Laut EuGH muss eine Irreführung der Verbraucher darüber verhindert werden, | |
dass das Westjordanland zu Israel gehören könnte. Vielmehr agiere Israel | |
dort als Besatzungsmacht – obwohl das palästinensische Volk ein „Recht auf | |
Selbstbestimmung“ habe. Der EuGH verweist hierbei auf ein Gutachten des | |
Internationalen Gerichtshofs (IGH) von 2004. | |
Zudem müsse als „Herkunftsort“ gegebenenfalls die Angabe „israelische | |
Siedlung“ verwendet werden, so der EuGH. So könne verhindert werden, dass | |
Verbraucher glauben, das Produkt stamme von einem palästinensischen | |
Unternehmen. Die israelische „Umsiedlungspolitik“ in den besetzten Gebieten | |
verstoße ebenfalls gegen Völkerrecht. Wieder verweist der EuGH auf das | |
IGH-Gutachten, aber auch auf Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats und der EU. | |
Da der EuGH eine EU-Verordnung auslegte, gilt das Urteil ab sofort ohne | |
Weiteres in der gesamten EU, also auch in Deutschland. Gesetzesänderungen | |
oder Ministerialerlasse sind nicht erforderlich. | |
12 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Annektierte-Golanhoehen/!5582509 | |
[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32011R1169 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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