# taz.de -- Neuwahl der Linksfraktionsvorsitzenden: Ende eines Missverständnis… | |
> Der Abtritt von Sahra Wagenknecht ist eine Chance. Die Linke muss sich | |
> endlich zu einer undogmatischen, emanzipatorischen Partei entwickeln. | |
Bild: Die Basis der Linken kämpft für eine gerechtere Gesellschaft | |
Wenn die Linksfraktion am Dienstag ihre neue Spitze wählt, dann ist das ein | |
erfreuliches Ereignis. Mögen ihre Bewunderer auch Trauer tragen, so ist der | |
Abtritt von [1][Sahra Wagenknecht] vor allem eins: eine neue Chance. Denn | |
damit endet ein fatales Missverständnis. Es reicht nicht, schmissige | |
Parolen formulieren zu können und eloquent in Talkshows zu reüssieren. | |
Um eine Fraktion erfolgreich zu führen, bedarf es einer weiteren, ganz | |
entscheidenden Qualifikation: der Bereitschaft und Befähigung zu | |
kollektivem Handeln. Daran mangelt es Wagenknecht jedoch frappierend. Ihre | |
Vorstellung von Politik setzt nicht auf Diskurs, sondern auf Gefolgschaft. | |
Wer nicht folgen wollte, den betrachten sie und ihr Beraterkreis als | |
Feinde. Das hat die Linkspartei erheblich geschwächt. Statt gemeinsam für | |
eine soziale, gerechte und ökologische Gesellschaft zu kämpfen, zerfleischt | |
sie sich. Daran hat Wagenknecht einen entscheidenden Anteil. Ihre | |
Nachfolgerin muss sich daran messen lassen, ob sie aus Wagenknechts Fehlern | |
gelernt hat. | |
Konsequent wäre, wenn die Linksfraktion [2][einen wirklichen Neuanfang] | |
wagen würde. Wer über den schlechten Zustand der Linkspartei redet, darf | |
vom Co-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch nicht schweigen. Denn er ist | |
der Architekt jenes fatalen Bündnisses aus „Reformern“ und | |
Linksnationalisten in der Fraktion. Das rein machttaktisch begründete | |
Bündnis der „Bartschisten“ mit den „Wagenknechtianern“ war Ausdruck | |
intellektuellen Stillstands und linker Tristesse. | |
Bartsch und Wagenknecht trennt inhaltlich vieles, was sie aber verbindet, | |
ist eine Fixierung aufs Parlamentarische und eine ökonomistische Verkürzung | |
gesellschaftlicher Realität. Beide verkörpern eine konventionelle, ja | |
kulturkonservative Vorstellung von Politik und Gesellschaft. Den Traum von | |
einer besseren Gesellschaft verkörpern sie nicht. Um mehr als eine kleine | |
Oppositionspartei zu sein, muss die Linke sich zu einer undogmatischen, | |
emanzipatorischen und ökologischen linkssozialistischen Partei entwickeln. | |
Davon ist sie [3][zurzeit noch weit entfernt]. | |
11 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-zur-Bewegung-Aufstehen/!5619521 | |
[2] /Niedergang-der-Linken-im-Osten/!5621498 | |
[3] /Zukunft-der-Linkspartei/!5634942 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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