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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Krieg der Knöpfe
> Wenn irische Parlamentarier wählen, dann mit einem elektronischen
> Abstimmungssystem, das ihnen all ihre Ehrlichkeit abverlangt.
Bild: Weich gebettet in der Business Class: der Finanzberater auf dem Weg nach …
Wähle früh, und wähle oft“, so lautet das Motto der größten irischen
Oppositionspartei Fianna Fáil. Neulich wurde im Dubliner Parlament über
acht Tagesordnungspunkte abgestimmt. Timmy Dooley von Fianna Fáil gab
sechsmal seine Stimme ab. Aber er war gar nicht anwesend. Er habe keine
Ahnung, wie das passieren konnte, behauptete er: „Wahrscheinlich ein Fehler
im System.“ Das stimmt. Das elektronische Abstimmungssystem basiert auf der
Ehrlichkeit der Abgeordneten. Ein erheiternder Gedanke.
An jedem Sitz gibt es drei Knöpfe – einen grünen für Ja, einen roten für
Nein und einen blauen für Enthaltung. Dooleys Parteikollege Niall Collins
hatte Dooleys Knöpfe gedrückt. „Er hat wohl fälschlicherweise angenommen,
dass ich mich hinten in der Kammer befand, um zu telefonieren“, meinte
Dooley, „und deshalb hat er für mich abgestimmt.“ Das wäre erlaubt gewese…
hätte sich der andere im Saal befunden. Es sei eben ein Missverständnis
gewesen, bestätigte Collins.
Dummerweise sieht man auf der Videoaufzeichnung, wie Dooley seinem Kollegen
ein Handzeichen gibt, bevor er den Saal verlässt. Collins reagiert darauf
mit Kopfnicken. Später rechtfertigte sich Collins, dass er in Dooleys
Gesicht und nicht auf dessen Hände geschaut habe und ihn lediglich grüßen
wollte. Die Höchststrafe für das verfassungswidrige Votum ist der
Ausschluss vom Parlament für dreißig Tage. Für die idiotischste Ausrede des
Jahres gibt es den Spott der anderen Parteien.
Vorigen Montag wurde auch Lisa Chambers, die Brexit-Beauftragte von Fianna
Fáil, dabei ertappt, wie sie für ihren abwesenden Kollegen Dara Calleary
abstimmte. Sie habe zeitweilig die Orientierung verloren und sich aus
Versehen auf Callearys Platz gesetzt, entschuldigte sie sich. Als sie ihren
Fehler bemerkte, habe sie sich sofort auf ihren eigenen Stuhl gesetzt – und
noch mal abgestimmt. Im Gegensatz zu ihren beiden Kollegen habe sie das
nicht „absichtlich, wissentlich, vorsätzlich“ getan und dürfe deshalb nic…
bestraft werden.
Im Europaparlament müssen sich die Abgeordneten vor einer Abstimmung mit
einer elektronischen Karte identifizieren. Das hat man in Irland auch in
Erwägung gezogen, es aber verworfen, weil die Abgeordneten die Karte
verlieren könnten. Doch es gibt diese Karten, und sie sind bares Geld wert.
Die Abgeordneten benötigen sie zwar nicht für die Abstimmung, aber sie
müssen ins Parlament einchecken, indem sie die Karte an eins der vielen
Lesegeräte halten. Nur wenn sie an mindestens 120 Tagen im Jahr anwesend
waren, dürfen sie Spesen kassieren. Kein Abgeordneter von Fianna Fáil oder
der Regierungspartei Fine Gael hat diese Zahl jemals unterschritten.
Ein Abgeordneter verriet, dass eins dieser Lesegeräte in einem Bereich
hänge, der nicht von Kameras überwacht werde. Aber das ist egal,
schließlich basiert das System auf Ehrlichkeit.
28 Oct 2019
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Parlament
Wahlen
Schwerpunkt Brexit
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