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# taz.de -- Aktivist gegen AbtreibungsgegnerInnen: „Klobürsten-Bischof“ vo…
> Thorsten Herget muss sich in Frankfurt vor Gericht verantworten: Er
> protestierte als Bischof verkleidet gegen „Lebensschützer“.
Bild: „LebensschützerInnen“ demonstrieren vor Pro Familia in Frankfurt
Frankfurt taz | Als „falscher Bischof“ hatte Thorsten Herget im vergangenen
Jahr die Bilder vom Protest gegen die „Mahnwachen“ fundamentalistischer
AbtreibungsgegnerInnen geprägt. Jetzt muss er sich vor dem Frankfurter
Amtsgericht verantworten. Wegen Verstößen gegen das Versammlungsrecht
sollte er eine Strafe von 30 Tagessätzen zu 20 Euro bezahlen. Den
Strafbefehl hat er zurückgewiesen, deshalb kommt es am 31. Oktober zur
öffentlichen Verhandlung.
Mehrere Wochen lang waren 2018 Frauen auf dem Weg zur Konfliktberatung der
Frankfurter Pro-Familia-Geschäftsstelle bedrängt worden. Im März wurde der
heute 45-jährige Erzieher und Hobbyimker Herget erstmals auf die
„Mahnwachen“ aufmerksam. Er habe damals spontan beschlossen, etwas dagegen
zu unternehmen, sagt er.
Die Blaupause lieferte der Christopher Street Day: Für einen CSD-Umzug
hatte Herget sich Jahre zuvor eine Soutane und ein schwarzes
Priesterkäppchen gekauft. Als „falscher Bischof“, mit Klobürste statt
Bischofsstab in der rechten und Regenbogenschal statt Stola in der linken
Hand, trat er von da an vor der Beratungsstelle gegen die selbsternannten
„LebensschützerInnen“ an.
## „Das Lamm Gottes“
Teils gab er auch als Schaf verkleidet „das Lamm Gottes“, kroch auf allen
Vieren um die Betenden, und malte rosa Herzchen auf das Pflaster. „Es war
mir wichtig, Öffentlichkeit herzustellen, und das ist mir gelungen“, stellt
Herget zufrieden fest. Nicht nur die betroffenen Frauen, sondern auch die
MitarbeiterInnen der Beratungsstelle seien dort immerhin alltäglich mit
Mordvorwürfen konfrontiert worden: „Da können sie noch so professionell
sein, so etwas bleibt nicht ohne Wirkung“, sagt Herget.
Bald hatte er MitstreiterInnen, schließlich entstand eine Bewegung. Im
Herbst 2018 organisierte ein breites „Bündnis für Frauenrechte“ täglich
angemeldete Gegendemonstrationen. Frankfurts Ordnungsdezernent Markus
Frank, CDU, hatte es zunächst abgelehnt, rund um die Beratungsstelle eine
Bannmeile einzurichten, dafür fehle die rechtliche Grundlage.
Doch die hessischen Grünen griffen das Thema in den Koalitionsverhandlungen
mit der CDU auf. Innenminister Peter Beuth, CDU, erließ im August
schließlich eine Anweisung, die es den Ordnungsämtern erlaubt,
Demonstrationen gegen das Abtreibungsrecht aus dem Umfeld von
Beratungsstellen und Arztpraxen [1][zu verbannen]. Die AktivistInnen der
fundamentalistischen katholischen Gemeinde beten in diesem Herbst deshalb
an der Bockenheimer Landstraße, einige Hundert Meter entfernt.
Wegen „Nötigung“ waren die Ermittlungen gegen Herget aufgenommen worden,
ein „Vergehen“ gegen das Versammlungsrecht“ blieb am Ende übrig. Als
„Bischof“ hatte er auf dem Platz [2][Rote-Beete-Saft] ausgegossen und die
Betenden mit einer Alarmsirene genervt. Er habe eine nicht verbotene
Versammlung gestört und zu sprengen versucht und keine „akzeptable Distanz“
zu der genehmigten Mahnwache gehalten, heißt es in dem Strafbefehl.
Vor Gericht kämpft Herget jetzt für einen Freispruch: „Es gibt gegen mich
weder einen konkreten Tatvorwurf noch eine konkrete Tat“, sagt er der taz:
„Ich freue mich auf die Verhandlung; schließlich habe ich nur friedlich
gegen die Drangsalierung der Frauen auf dem Weg zur Beratung protestiert“,
sagt er.
Bei der Akteneinsicht stieß Herget indes auf eine brisante Information. In
den Protokollen der Polizei, die Demonstrationen und Gegendemonstrationen
überwachte, hielt ein Beamter fest, Herget sei in der Liste „GE/PMK-links“
aufgeführt, als linker Aktivist (P)olitisch (M)otivierter (K)riminalität.
„Ich habe in meinem ganzen Leben noch niemandem Gewalt angetan“, empört
sich Herget und fügt hinzu: „Zuletzt haben sogar mehrere Mitglieder des
Frankfurter Magistrats zusammen mit mir demonstriert, das hätten die doch
niemals gemacht, wenn ich ein linksradikaler Chaot wäre.“
31 Oct 2019
## LINKS
[1] /Abtreibungsgegner-in-Schranken-gewiesen/!5617608
[2] /Recht-auf-Schwangerschaftsabbruch/!5495036
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Lebensschützer
Pro Familia
Frauenrechte
Schwerpunkt Paragraf 219a
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§219a
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