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# taz.de -- Neuwahlen in Großbritannien: Britische Parteien einig
> Großbritannien könnte in der zweiten Dezemberwoche sein Parlament neu
> wählen. Jetzt soll das Unterhaus darüber abstimmen.
Bild: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson spricht im Unterhaus
Berlin taz | Großbritannien steht vor Neuwahlen im Dezember. Vor einer
entscheidenden Abstimmung im Unterhaus am Dienstagabend über einen Antrag
der konservativen Regierung zu Wahlen am 12. Dezember signalisierten alle
drei anderen wichtigen im Parlament vertretenen Parteien – Labour, die
Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei (SNP) – ihre
Unterstützung für vorgezogene Neuwahlen an oder kurz vor diesem Termin.
Den Ausschlag gab am Dienstagvormittag die Labour-Opposition, die am
längsten gegen Neuwahlen ausgeharrt hatte. Nachdem sie viermal im Parlament
Anträge zur Selbstauflösung blockiert hatte, zuletzt am Montagabend,
erklärte Labour-Chef Jermy Corbyn am Dienstag, seine Partei werde den
Regierungsantrag jetzt unterstützen. „Ich kann es nicht erwarten“,
behauptete er und kündigte einen Wahlkampf „für Hoffnung“ an.
Am Montag hatte die EU den Brexit [1][vom 31. Oktober auf den 31. Januar
2020 verschoben]. Ein ungeordneter „No-Deal-Brexit“ in wenigen Tagen war
damit vom Tisch und damit der immer von Labour vorgebrachte Grund dafür,
keine Parlamentsauflösung zwecks Neuahlen zuzulassen.
Zwar hatte Boris Johnson Mitte Oktober mit der EU [2][einen neuen
Brexit-Deal ausgehandelt], doch im Parlament war er mit seinem Ansinnen
gescheitert, ihn rechtzeitig zum 31. Oktober ratifizieren zu lassen und
hatte das entsprechende Gesetz damit trotz einer Annahme in zweiter Lesung
am Dienstag vergangener Woche mit 30 Stimmen Mehrheit auf Eis gelegt.
Die Regierung hatte dann angekündigt, per einfaches Gesetz vorgezogene
Neuwahlen am 12. Dezember anzustreben. Ende vergangener Woche forderten
Liberaldemokraten und schottische Nationalisten ihrerseits Wahlen am 9.
Dezember.
## Nicht bloß ein beliebiges Datum
Der Datumsstreit ist bedeutsam: Das Parlament wird fünf Wochen vor dem
Wahltag aufgelöst, die beiden Daten entscheiden über eine halbe
Sitzungswoche mehr oder weniger. Wahlen am 12. Dezember bedeuten eine
Parlamentsauflösung am Mittwoch kommender Woche – damit könnte die für den
4. November vorgesehene Wahl eines Nachfolgers für den am 31. Oktober
abtretenden Parlamentspräsident John Bercow durch die Abgeordneten
termingerecht stattfinden. Wahlen am 9. Dezember bedeuten eine Auflösung
schon am Freitag dieser Woche – dann müsste die Wahl des „Speaker“ dem
nächsten Parlament übertragen werden.
In Reaktion auf den Labour-Vorstoß brachte die Regierung am
Dienstagnachmittag ihr Gesetz über Neuwahlen am 12. Dezember ins Parlament
ein. Ein Labour-Antrag, den sehr knappen Gesetzestext verändern zu dürfen,
wurde zu Beginn der Debatte angenommen. Eine Vorverlegung des Wahltermins
um wenige Tage galt somit als möglich.
Auch Anträge, das Wahlrecht auf EU-Bürger zu erweitern, wurden erwartet,
wobei Experten einschätzten, dass diese als unzulässig gewertet und damit
nicht zur Abstimmung gebracht werden dürften.
Eine Entscheidung über den Neuwahlantrag wird im Laufe des Abends mit
Spannung erwartet. Der Ausgang gilt als nicht so klar, wie es die
Einmütigkeit der Parteiführungen aussehen lässt. In der Debatte sprachen
sich Labour-Abgeordnete offen gegen die Neuwahlen aus, für die Labour-Chef
Corbyn warb.
## Gegeneinander statt Einigkeit
Corbyn und Johnson nutzten die Gelegenheit, Wahlkampfreden gegeneinander zu
halten, statt Einigkeit über die Notwendigkeit von Neuwahlen hervorzuheben.
Sollte der Neuwahlantrag durchkommen, wird das Parlament fünf Wochen
aufgelöst und der Wahlkampf beginnt. Er dürfte extrem polarisiert
ausfallen. Im Durchschnitt der Umfragen können die regierenden
Konservativen nach derzeitigem Stand mit einer deutlichen Mehrheit rechnen:
sie liegen bei rund 35 Prozent, zehn Prozentpunkte vor der
Labour-Opposition.
Das britische Mehrheitswahlrecht bringt es mit sich, dass vor allem der
Vorsprung der führenden Partei über das Zustandekommen und die Größe einer
absoluten Mehrheit entscheidet. 2015 hatten die Konservativen mit 36
Prozent der Stimmen eine absolute Mehrheit geholt, weil Labour nur 30
Prozent hatte. 2017 büßten sie trotz eines Stimmenzuwachses auf 42 Prozent
diese absolute Mehrheit wieder ein, weil Labour im Laufe des Wahlkampfs auf
40 Prozent aufholte.
29 Oct 2019
## LINKS
[1] /EU-gewaehrt-Verlaengerung-beim-Brexit/!5636440
[2] /EU-Verhandlungsfuehrer-zu-Brexit-Deal/!5634444
## AUTOREN
Dominic Johnson
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