| # taz.de -- Klassische Medien im Social Web: Facebook macht Platz für Breitbart | |
| > Facebook startet einen Newsfeed für Medien. Mit dabei ist das | |
| > rechtsradikale Portal Breitbart News. Das entspricht der Profitlogik des | |
| > Konzerns. | |
| Bild: Für Mark Zuckerberg gehört irreführende Wahlwerbung zur Meinungsfreihe… | |
| Der mediale Druck auf Facebook ist in den vergangenen Monaten erneut | |
| gestiegen. Das mag nicht zuletzt an der Wahrnehmung traditioneller Medien | |
| liegen, dass deren Geschäftsmodell durch die Dominanz Facebooks auf dem | |
| Werbemarkt zerstört wird und gleichzeitig die Reichweiten auf Gedeih und | |
| Verderb unilateralen und unberechenbaren Veränderungen im Algorithmus der | |
| Plattform unterworfen sind. | |
| Das neueste Friedensangebot des Quasimonopolisten ist [1][die Einrichtung | |
| eines Newsfeeds], der diesen Namen auf den ersten Blick tatsächlich | |
| verdient. Ausgewählte Medien sollen in einem sowohl personalisierbaren als | |
| auch algorithmisch gesteuerten Angebot vertrauenswürdigen | |
| Nachrichtenquellen einen Zugang zu den Nutzer*innen ermöglichen. | |
| Über finanzielle Fragen des zunächst nur testweise in den USA ausgespielten | |
| Projekts schweigen sich die Beteiligten bislang aus. Ein erster, mindestens | |
| kurioser Haken ist schon vor dem Start von „Facebook News“ bekannt | |
| geworden: die Teilnahme des rechtsradikalen Portals Breitbart. | |
| Würde Facebook [2][die eigenen Richtlinien für den News Feed] ernst nehmen, | |
| könnte die Propagandamaschine der neuen Rechten unter gar keinen Umständen | |
| Teil des Projekts sein. Weder gibt sich Breitbart große Mühe, den | |
| Wahrheitsgehalt seiner „Nachrichten“ zu überprüfen, noch ist das Portal in | |
| der Vergangenheit als Fackelträger gegen Hassrede und Clickbaiting | |
| auffällig geworden. | |
| ## Ultrarechte Factchecker | |
| Zufällig ist die Verbindung zwischen Rechtsradikalen und Facebook jedoch | |
| keineswegs. Zuletzt [3][wies die Kongressabgeordnete Alexandria | |
| Ocasio-Cortez in einer Anhörung des Facebookchefs Mark Zuckerberg] auf den | |
| Skandal hin, dass das Factchecking auf der Plattform unter anderem vom | |
| „Daily Caller“ betrieben werden soll, einer für notorische Falschmeldungen | |
| mit gediegen ultrarechtem Spin bekannten Seite. | |
| In der Anhörung ging es auch um die Frage der bezahlten Weiterverbreitung | |
| offensichtlicher Lügen auf Facebook. Mark Zuckerberg hatte in einer | |
| [4][kürzlich an der Georgetown University gehalten Rede] das Recht auf | |
| irreführende Wahlwerbung zum unbedingten Teil der Meinungsfreiheit erklärt. | |
| Ob Facebook ohne äußeren regulatorischen Eingriff, ausschließlich der | |
| eigenen Expansion und Profitmaximierung verpflichtet, überhaupt eine Wahl | |
| im Umgang mit Falschnachrichten und Hassrede hat, wird zunehmend | |
| zweifelhaft. Die Selbstkontrolle stößt an ihre Grenzen, vor allem dann, | |
| wenn sie die Monetarisierung des Angebots gefährdet oder gar selber | |
| substanzielle Summen verschlingen würde, was bei einer flächendeckenden | |
| Prüfung zweifelhafter Posts sicherlich der Fall wäre. | |
| Emotionale Erregung, politische Brandstiftung, Rassismus und Hass sind | |
| gewiss nie der Grund für die Existenz Facebooks gewesen, sie garantieren | |
| aber Reichweiten und Interaktionen bei großen Gruppen von Nutzer*innen – | |
| unabdingbare Voraussetzungen also für den kommerziellen Wert der Plattform. | |
| ## Feature der Aufmerksamkeitsökonomie | |
| Während Medien nun weltweit um Reichweiten und Werbeeinnahmen bangen und | |
| sich dabei in einem Zustand der Hassliebe zu den großen Internetplattformen | |
| befinden, sehen sich diese selber mit sehr volatilem Nutzungsverhalten | |
| konfrontiert. So muss Facebook zunehmend Energien in die Erzeugung von | |
| Anreizen für Interaktionen der User*innen stecken. | |
| Versuche, über die algorithmische Höherstufung privater Posts stärkeres | |
| Engagement zu fördern, verfolgen dabei dasselbe Ziel wie die geplante | |
| engere Verknüpfung der verschiedenen Kommunikationsmodi. Die Verflechtung | |
| von Instagram, WhatsApp und dem Facebook-Messenger soll zumindest auf der | |
| Ebene des direkten Austauschs der Nutzer*innen diese im Bannkreis des | |
| Konzerns halten. | |
| In diesem Kontext ist der geplante Newsfeed ein vergleichsweise kleines | |
| Werkzeug, das weniger zum Schutz der Demokratie, sondern zur Steigerung der | |
| Contentdichte auf Facebook vorgehalten wird. Die Beteiligung von erkennbar | |
| gegen journalistische Standards operierende Organisationen wie Breitbart | |
| ist dabei kein Versehen, sondern zwangsläufiges Feature der | |
| Aufmerksamkeitsökonomie. | |
| 28 Oct 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://newsroom.fb.com/news/2019/10/introducing-facebook-news/ | |
| [2] https://www.facebook.com/help/publisher/publish/news-feed-guidelines-introd… | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=TuIhb-xbW9I | |
| [4] /Facebook-verzichtet-auf-Faktenchecks/!5634549 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniél Kretschmar | |
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