| # taz.de -- Finanzierung von Pädophilie-Prävention: Kein Geld für Kinderschu… | |
| > Das Präventionsprojekt „Kein Täter werden“ bietet Therapie für Pädoph… | |
| > als Kassenleistung. Doch die privaten Versicherungen wollen nicht zahlen. | |
| Bild: Ausschnitt aus einem Plakat der Kampagne „Kein Täter werden“ | |
| Berlin taz | Nicht zum Täter werden, obwohl das eigene sexuelle Begehren um | |
| Kinder kreist: Dieses Ziel verfolgt ein von der Berliner Charité | |
| entwickeltes Präventionsprojekt. Seit 2005 bietet [1][„Kein Täter werden“] | |
| kostenlose Therapieplätze für Menschen an, die pädophil veranlagt sind und | |
| Hilfe suchen. Pädophilie, also die (ausschließliche) sexuelle Erregbarkeit | |
| durch vorpubertäre Körper, ist nicht heilbar. Doch durch therapeutische | |
| Arbeit können die Betroffenen lernen, mit ihrer Veranlagung so umzugehen, | |
| dass sie keine Übergriffe begehen. | |
| Die Nachfrage nach Plätzen in dem Projekt ist groß, die Erfolge vorzeigbar. | |
| Inzwischen wurde das Angebot auf Standorte in 11 Städten und ein spezielles | |
| Projekt für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren ausgeweitet. | |
| Als Prävention von Kindesmissbrauch ist die Therapie seit Januar 2018 | |
| [2][sogar Kassenleistung]: Im Rahmen eines Pilotprojekts finanzieren die | |
| gesetzlichen Krankenkassen, zunächst für fünf Jahre, die Therapie mit | |
| jährlich fünf Millionen Euro. Damit wird die Behandlung als | |
| Gesundheitsleistung anerkannt. Fällt die Evaluation positiv aus, könnten | |
| die Leistungen dauerhaft in die Regelversorgung übernommen werden. | |
| Für Kassenpatienten ist das toll. Für die Privatversicherten unter den | |
| Therapieteilnehmern, laut Angabe der Charité immerhin sechs bis acht | |
| Prozent der Patienten, muss allerdings die Allgemeinheit aufkommen. Denn | |
| der Spitzenverband der privaten Krankenversicherer PKV ist offenbar nicht | |
| bereit, sich an den Kosten zu beteiligen. | |
| Die PKV hat laut Auskunft von „Kein Täter werden“ eine Anfrage des Projekts | |
| schriftlich abgelehnt, ohne Angabe von Gründen. Auch eine Bitte um ein | |
| Gespräch durch den Direktor des Charité-Instituts für Sexualwissenschaft | |
| und Sexualmedizin Klaus Beier habe man ignoriert. Dabei sei es wichtig, | |
| dass Präventionsbemühungen alle gesellschaftlichen Kräfte umfassten – also | |
| auch die privaten Krankenversicherungen. | |
| ## Zwingen kann man die Privaten nicht | |
| Harald Weinberg, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion im | |
| Bundestag, stellte zwei schriftliche Anfragen dazu an den Bundestag. Die | |
| lapidare Antwort aus dem Gesundheitsministerium: Die private und die | |
| gesetzliche Krankenversicherung seien „nach unterschiedlichen | |
| Rechtsgrundsätzen gestaltet“. Mit anderen Worten: Zwingen kann man die | |
| privaten Krankenversicherungen zu einer Beteiligung nicht. | |
| Der Gesetzgeber hat die privaten Krankenversicherungen allerdings | |
| ausdrücklich dazu ermuntert, sich an der Finanzierung von | |
| Präventionsprojekten wie „Kein Täter werden“ zu beteiligen. Und in vielen | |
| Fällen, etwa bei Angeboten der Bundeszentrale für gesundheitliche | |
| Aufklärung, geschieht das auch. So verweist das Gesundheitsministerium | |
| darauf, dass private Krankenversicherungen durchaus gesamtgesellschaftliche | |
| Aufgaben mitfinanzierten: Durch eigene Projekte – und indirekt über die | |
| Finanzierung des Bundeszuschusses durch den Steuerzahler. Was also steckt | |
| hinter der Weigerung der Privaten im Fall des Charité-Projekts? Eine | |
| inhaltliche Abneigung gegen die Arbeit mit Pädophilen? | |
| Beim Verband der PKV weist man solche Spekulationen entschieden zurück: | |
| „Die Entscheidung der PKV hat nichts mit dem Projekt an sich zu tun“, | |
| betonte PKV-Sprecher Stefan Reker gegenüber der taz. Die Arbeit von „Kein | |
| Täter werden“ fände man sinnvoll und wertvoll. Allerdings gehöre das | |
| Projekt in den Bereich der Kriminalprävention und sei damit eine | |
| versicherungsfremde Leistung. Als Mitglied der Nationalen | |
| Präventionskonferenz habe sich die PKV bereits verpflichtet, jedes Jahr 22 | |
| Millionen Euro für Gesundheitsförderung und Prävention auszugeben. Für | |
| weiteres habe man keine Mittel zur Verfügung. | |
| Den Druck auf die Privaten, sich zu beteiligen, sieht Reker im Rahmen einer | |
| zunehmenden Tendenz, Staatsausgaben aus den Ministerien als | |
| Sozialleistungen auszulagern. Die PKV lehnt dieses Vorgehen ab, sie fordert | |
| eine Finanzierung aus dem Bundesetat durch alle Steuerzahler. Das sei auch | |
| sozial gerechter: „Eine Verlagerung auf die Krankenversicherungsbeiträge, | |
| die nur von einem kleineren Teil der Bevölkerung und dann auch nur bis zur | |
| Bemessungsgrenze bezahlt werden, führt zu einer überproportionalen | |
| Belastung der kleinen und mittleren Einkommen.“ | |
| Für Linken-Politiker Weinberg ist der Verweis auf den Steuerzuschuss vom | |
| Bund eine Ausrede. Der sei bereits mehrfach ausgegeben und eher „ein | |
| Feigenblatt“. Der taz sagte Weinberg: „Es darf nicht sein, dass sich gerade | |
| die Privilegierten dieser Gesellschaft aus der Verantwortung stehlen | |
| können, wenn es um die Finanzierung dieses wichtigen Projekts geht. | |
| Schließlich soll hier nicht nur Menschen geholfen, sondern auch künftige | |
| Opfer vermieden werden.“ Ein Anliegen, das alle angehe, müsse | |
| gemeinschaftlich bezahlt werden. Wenn das nicht durchzusetzen sei, sei das | |
| nur ein weiteres Argument, „das sinnlose Nebeneinander von gesetzlicher und | |
| privater Krankenversicherung zu beenden.“ | |
| 15 Oct 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.kein-taeter-werden.de/ | |
| [2] /Praeventionsnetzwerk-fuer-Paedophile/!5498855 | |
| ## AUTOREN | |
| Nina Apin | |
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