# taz.de -- Abstimmung in Mosambik: Wahl in stürmischen Zeiten | |
> Ein halbes Jahr nach den verheerenden Wirbelstürmen stellt sich Mosambiks | |
> Frelimo-Regierung zur Wiederwahl – überschattet von politischen | |
> Spannungen. | |
Bild: Die Wahlkommission erklärt, wie's geht: Am Dienstag wählt Mosambik Prä… | |
MAPUTO taz | Es sind die offensten Wahlen in Mosambiks Geschichte, und | |
während am Dienstag die rund 13 Millionen registrierten Wähler an die | |
20.000 Urnen strömten, mehrten sich Sorgen über Gewalt, politische | |
Spannungen sowie darüber, wie sauber die Wahl abläuft. | |
Zum ersten Mal werden nicht nur Präsident und Parlament neu gewählt, | |
sondern auch die bisher von der Regierung ernannten Gouverneure der zehn | |
Provinzen und die Provinzparlamente – ein Zugeständnis der regierenden | |
ehemaligen sozialistischen Befreiungsbewegung Frelimo (Mosambikanische | |
Befreiungsbewegung) an die ehemalige Rebellenbewegung Renamo | |
(Mosambikanischer Nationaler Widerstand) in ihrem jüngsten Friedensabkommen | |
von August. Dies wird der Renamo einen Platz in den Institutionen ihrer | |
Hochburgen garantieren. | |
„Mosambik hat sich für den friedlichen Weg entschlossen“, sagte | |
Staatspräsident Felipe Nyusi, als er am frühen Morgen seine Stimme im | |
Zentrum der Hauptstadt Maputo abgab. Nyusi hatte seinen Wahlkampf am | |
Samstag nach einer 1.400 Kilometer langen Wahlkampftour durch das ganze | |
Land mit einer Massenkundgebung im Stadion der Stadt Matola am Rande von | |
Maputo abgeschlossen, zu Karnevalsmusik und einem Meer roter Fahnen. | |
„Im Wahlkampf haben wir gezeigt, dass wir das beste Programm für die besten | |
Lösungen haben“, hatte er gerufen und versprochen, dass Frelimo weiterhin | |
Frieden, Sicherheit, die öffentliche Ordnung, politische Stabilität und | |
nationale Einheit aufbauen werde, um eine nachhaltige ökonomische | |
Entwicklung für alle Mosambikaner zu gewährleisten. | |
## Opposition zurück auf dem friedlichen Weg | |
Nyusi versprach auch einen verstärkten Kampf gegen Korruption – ein großes | |
Thema in Mosambik in den vergangenen Jahren. „Wir werden die Korrupten | |
fangen und vor Gericht stellen“, so der Präsident. | |
Die Renamo-Opposition beendete ihren Wahlkampf derweil 2.000 Kilometer | |
weiter nördlich in der Hafenstadt Nacala. Auf Fahr- und Motorrädern | |
strömten die Anhänger des Renamo-Chefs Ossufo Momade zusammen, in einer | |
Stadt, die schon bei den Kommunalwahlen 2018 massiv für Renamo gestimmt | |
hatte. | |
Momade hatte im Januar dieses Jahres die Nachfolge des historischen | |
Renamo-Führers Afonso Dhlakama angetreten, der im Vorjahr gestorben war, | |
und die zuletzt zurück in den Untergrund gegangene Oppositionspartei zurück | |
zum friedlichen Weg geführt. Eine Renamo-Regierung werde die Strom- und | |
Wasserpreise senken und in Gesundheit, Bildung und Verkehr investieren, | |
versprach Momade nun. „Wählt für die Entwicklung unseres Landes!“, rief er | |
vor Tausenden von Anhängern. | |
Daviz Simango von der neugegründeten Oppositionskraft MDM (Mosambikanische | |
Demokratische Bewegung) beendete seinen Wahlkampf in der Hafenstadt Beira, | |
die im Frühjahr vom Wirbelsturm Idai weitgehend zerstört worden war und | |
noch nicht wiederaufgebaut worden ist. MDM-Führer Daviz Simango schlug | |
einen zurückhaltenden Ton an, als er den beiden großen Parteien vorwarf, | |
die Politik für sich zu monopolisieren. | |
Auch am Friedensvertrag zwischen Regierung und Renamo übte er Kritik: „Es | |
genügt nicht, Vereinbarungen zu unterschreiben, bloß damit man etwas | |
unterschrieben hat“, sagte er und erklärte, eine MDM-Regierung werde sich | |
auf Bildung, Gesundheit und Landwirtschaft konzentrieren – „das Dreieck, | |
auf dem Entwicklung aufbaut“. | |
Auf die nächste Regierung kommen schwere Zeiten zu. Der Rückzug | |
internationaler Geldgeber aufgrund massiver Korruptionsskandale, [1][der | |
Bedarf an Wiederaufbauhilfe nach den Wirbelstürmen] und sinkende | |
Exporteinnahmen stellen gemeinsam eine große Herausforderung dar. Die | |
Wirbelstürme, gefolgt von Trockenheit, haben auch die Landwirtschaft in | |
Mitleidenschaft gezogen und dafür gesorgt, dass das Grundnahrungsmittel | |
Mais dieses Jahr deutlich teurer ist als in den vergangenen Jahren. | |
Auch politische Gewalt hat diese Wahlen überschattet. [2][Teile der Renamo | |
lehnen das jüngste Friedensabkommen ab] und unterstützen Mariano Nhongo als | |
rivalisierenden Chef einer Hardlinerfraktion. Nach Schätzungen der NGO | |
Center for Public Integrity (CIP) sind in dem sechs Wochen währenden | |
Wahlkampf 44 Menschen getötet, 271 verletzt und 59 verhaftet worden. Die | |
meisten Toten seien zwar Opfer von Verkehrsunfällen, dazu kam ein | |
Massenauflauf am Ende einer Nyusi-Kundgebung im Ort Nampula mit zehn Toten, | |
dennoch spricht CIP von einem blutigen Wahlkampf. | |
Tiefpunkt war die Ermordung des Leiters der zivilgesellschaftlichen | |
Wahlbeobachter in der Stadt Xai-Xai in der Provinz Gaza, Anastacio Matavel, | |
am 7. Oktober. Matavel starb, als Unbekannte das Feuer auf sein Auto | |
eröffneten, nachdem sein Trainingsworkshop für Wahlbeobachter zu Ende | |
gegangen war. Einige Tage später wurden die beiden Kommandeure der | |
Antiaufstandspolizei und der Spezialkräfte der Provinz Gaza suspendiert – | |
unter dem Verdacht, dass ihre Offiziere den Mord begangen hatten. | |
## 5.400 Wähler ihrer Stimme beraubt | |
Polizeisprecher Orlando Mudumane sagte, es werde gegen die fünf Insassen | |
des Autos ermittelt, aus dem heraus die tödlichen Schüsse abgegeben worden | |
waren. Beim Wegfahren nach dem Attentat hatte das Auto einen Unfall, zwei | |
Fahrzeuginsassen starben und einer wurde verletzt. Die anderen beiden | |
rannten weg. Vier der fünf seien Polizisten gewesen, so Mudumane. | |
Die größte Herausforderung für die Wahlen kommt allerdings aus einer | |
anderen Richtung: die islamistischen Terroristen, die seit 2017 in der | |
rohstoffreichen nördlichen Provinz Cabo Delgado aktiv sind. Ihr Krieg hat | |
nach UN-Schätzungen rund 200 Tote gefordert und 60.000 Menschen in die | |
Flucht getrieben. Angriffe dieser Militanten störten bereits die | |
Wählerregistrierung im Mai, und nach Angaben der Wahlkommission konnten | |
zehn Wahlzentren jetzt wegen der Unsicherheit nicht öffnen, was 5.400 | |
Wähler ihrer Stimme beraubt. | |
15 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Arimando Domingos | |
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