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# taz.de -- Stellenabbau bei der Commerzbank: Siechtum einer Großbank
> Der Aufsichtsrat der teilstaatlichen Bank entscheidet über die neuen
> Sparpläne des Vorstands. 4.300 Stellen und 200 Filialen sollen weg.
Bild: 200 Filialschließungen: Die Commerzbank will nicht in Schieflage geraten
Hamburg taz | Eine alte Frage taucht in neuem Gewande wieder auf: Wie viel
Gewinn darf sein, wie viel Gewinn muss sein? In den Jahren
wirtschaftsliberaler Exzesse bis zur Finanzkrise war mindestens eine
zweistellige Rendite auf das eingesetzte Kapital nahezu Pflicht. Nun plant
der Vorstand der Commerzbank um Martin Zielke trotz ansehnlicher Gewinne
einen radikalen Schnitt, um die „Eigenkapitalrendite“ zu erhöhen. Unter dem
Strich sollen rund 2.300 weitere Vollzeitstellen gestrichen werden,
außerdem könnte jede fünfte der derzeit etwa 1.000 Filialen geschlossen
werden. An diesem Donnerstag dürfte der Aufsichtsrat den Plänen Zielkes
zustimmen.
Die Finanzkrise 2007/08 hatte die zweitgrößte deutsche Bank schwer
getroffen. Anders als die Deutsche Bank benötigte die Commerzbank die Hilfe
des Staates. Noch heute gehören dem Bund 15,6 Prozent der Frankfurter
Großbank. Für dieses Aktienpaket wendete die öffentliche Hand – je nachdem
welcher Experte gefragt wird – zwischen 3 und 5 Milliarden Euro auf.
Unumstritten ist allerdings, dass der Anteil heute nur noch rund 1
Milliarde Euro wert ist. Seit der Teilverstaatlichung ist der Börsenkurs
kräftig gefallen. Dazu trug vor allem die unverdaute Übernahme der dritten
deutschen Großbank, der Dresdner Bank, kurz nach der Krise bei.
Vor gut zwei Jahren hatte Vorstandschef Zielke mit der Zustimmung des
Betriebsrats das Programm „Commerzbank 4.0“ aufgelegt. Die Bank sollte
zusammen mit dem hoch profitablen Online-Ableger Comdirect zur
Technologiebank mutieren, bis Ende 2020 würden rund 7.300 Stellen
gestrichen werden – auf dann rund 38.000 Vollzeitstellen. Gleichzeitig
wurde – gegen den Branchentrend – das Filialnetz ausgebaut. Neukunden
durften sich sogar über ein Begrüßungsgeld von 100 Euro freuen. Eine
Million neuer Kunden sollen die Prämie dankend angenommen haben.
## Deutsche Banken international hintendran
Der Versuch hat sich offenbar nicht ausgezahlt. Das Gründungsmitglied
Commerzbank flog 2018 aus dem DAX, dem Leitindex der Deutschen Börse. Am
Finanzmarkt ist die vermeintliche Großbank heute mit einem Wert von weniger
als 7 Milliarden Euro eher eine Kleinbank. Anderseits erwirtschafteten die
weltweit rund 49.400 Beschäftigten 2018 einen Gewinn nach Steuern von
nahezu 1 Milliarde Euro. Und im zweiten Quartal 2019 betrug der Gewinn
trotz ungünstiger Rahmenbedingungen immerhin 391 Millionen Euro.
Dennoch ist die Eigenkapitalrendite mit etwa 3 Prozent selbst für deutsche
Maßstäbe (im Schnitt 6 Prozent) mau. Hinter der internationalen Konkurrenz
mit Renditen von bis zu rund 10 Prozent plus x hinkt die Commerzbank weit
hinterher, wie auch die Deutsche Bank. Die internationale Konkurrenz
genießt allerdings auf den Heimatmärkten oft ein Oligopol. Und setzt
stärker auf das spekulative Investmentbanking.
[1][Zielke zog am vergangenen Freitag die Reißleine]. Kaum der von der
Bundesregierung erwünschten Zwangsfusion mit der Deutschen Bank entronnen,
will der Vorstand von den bisher geplanten bundesweit 38.000 Stellen
zusätzlich 4.300 streichen sowie 200 Filialen schließen.
Die Gewerkschaft Verdi, die in Gestalt von Gewerkschaftssekretär Stefan
Wittmann, der auch im Commerzbank-Aufsichtsrat sitzt, im Vorfeld noch davor
gewarnt hatte, „jeder weitere Personalabbau wäre eine Operation am offenen
Herzen“, blieb bisher sprachlos. Selbst noch eine Woche nach Bekanntwerden
des neuen Strategiepapiers „Commerzbank 5.0“ erklärt eine Sprecherin des
Bundesvorstands vor der abschließenden Aufsichtsratssitzung auf Anfrage der
taz: „Keine Äußerung.“ Dabei hatte der damalige Verdi-Vorsitzende Frank
Bsirske das Scheitern der Fusionspläne mit der Deutschen Bank im April noch
in den höchsten Tönen gelobt. Die Nachteile einer solchen Fusion hätten
„vor allem in Bezug auf die Arbeitsplätze deutlich überwogen“.
26 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.commerzbank.com/de/hauptnavigation/presse/pressemitteilungen/ar…
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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