# taz.de -- Renzi will Partito Democratico spalten: Divide et impera in Rom | |
> Die gemäßigt linke Partei schaffte es in einem Kraftakt an die Regierung. | |
> Ein ehemaliger Premier arbeitet aber an der Schwächung seiner Fraktion. | |
Bild: Er sieht sich gern als charismatischer Leader: Matteo Renzi im Senat | |
ROM taz | Paradoxer geht es kaum. Geeint wie nie in den letzten fünf Jahren | |
trug die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) die Bildung der neuen | |
Regierungskoalition mit den Fünf Sternen. [1][Doch kaum steht das Kabinett] | |
unter Premier Giuseppe Conte, gibt der frühere PD-Vorsitzende und | |
Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi am Montag bekannt, er wolle jetzt die PD | |
spalten und eine eigene Bewegung gründen. | |
In den nächsten Tagen will Renzi zunächst samt seinen Anhängern neue, | |
separate Fraktionen in Abgeordnetenhaus und Senat bilden. Es wird erwartet, | |
dass sich ihm etwa 20 der 111 PD-Abgeordneten und etwa 10 der 51 Senatoren | |
anschließen werden. | |
[2][Premier Conte] hätte so das zweifelhafte Vergnügen, statt über zwei | |
über drei Koalitionspartner zu verfügen. Renzi sicherte dem | |
Ministerpräsidenten in einem Telefonat am Montag jedenfalls zu, seine neue | |
Formation werde die Regierung weiterhin loyal mittragen. Ebendies ist das | |
scheinbar Verrückte an der Parteispaltung. Schließlich war Renzi im August | |
der Hauptprotagonist der Öffnung der PD hin zum Movimento5Stelle (M5S, | |
5-Sterne-Bewegung) gewesen. | |
Diese Wende war umso erstaunlicher, als Renzi [3][zuvor PD-Parteichef | |
Nicola Zingaretti] immer wieder für den Fall mit Spaltung gedroht hatte, | |
dass Zingaretti auch nur vorsichtigste Dialogbemühungen gegenüber dem M5S | |
erblicken ließ. | |
Ebendieser Grundkonflikt schien jetzt überwunden: Bei der Regierungsbildung | |
zogen Renzi und Zingaretti an einem Strang, Renzis Lager erhielt zwei | |
Minister- und zwei Staatssekretärsposten und ist damit auch im Kabinett | |
vertreten. | |
Renzi muss deshalb jetzt ganz grundsätzlich werden, um eine Spaltung zu | |
legitimieren. Die PD, so erklärte der 44-jährige Florentiner Politiker | |
[4][in einem am Dienstag in der Tageszeitung La Repubblica erschienenen | |
Interview], sei in Parteiströmungen gespalten, die jedes Mal auf die | |
„autoreferenzielle Suche nach Einheit“ gehen müssten. Dabei sei es bei der | |
Gründung der PD im Jahr 2007 doch um eine „Partei amerikanischen Stils mit | |
einem charismatischen Leader“ gegangen. | |
Es ist kein Geheimnis, wen Renzi mit dem charismatischen Leader meint: sich | |
selbst. Er hatte Ende 2013 gegen das alte Parteiestablishment als | |
selbstproklamierter „Verschrotter“ die PD-Führung erobert, er war von | |
Februar 2014 bis Dezember 2016 Ministerpräsident, er hatte die PD zu ihrem | |
Triumph bei den Europawahlen 2014 geführt, als sie 41 Prozent eroberte. | |
Renzi hatte der PD seinerzeit die Neuausrichtung hin zur politischen Mitte | |
verordnet. Zugleich hatte er in der Partei kräftig polarisiert. So | |
entstanden schon damals zwei Parteien in der Partei, die Renzianer und die | |
Anti-Renzianer. | |
## Die PD ist Renzi zu links | |
Renzi selbst scheiterte jedoch binnen weniger Jahre. Im Dezember 2016 | |
lehnten die Italiener in einem Referendum mit 60 Prozent die von ihm | |
gewollten Verfassungsänderungen ab. Er trat daraufhin als Ministerpräsident | |
zurück, blieb aber Parteichef. Noch unter seiner Führung erlebte die | |
Partito Democratico [5][dann bei den Parlamentswahlen vom März 2018 mit | |
18,7 Prozent] eine wahre Katastrophe. | |
Daraufhin optierte die Mehrheit für die Wende zurück, zu einer linkeren | |
Partei. Die aber schmeckt Renzi nicht. Er beschwert sich jetzt über das | |
„Fehlen einer Zukunftsvision“. Die will er mit seinem neuen Verein – als | |
Name wird „Italia del sì“, „Italien des Ja“ gehandelt – schaffen. | |
Vor allem aber verschafft er sich eine Sperrminorität innerhalb der | |
Regierungskoalition. Zehn Senatoren würden ihm ausreichen, um der Regierung | |
Conte den Stecker zu ziehen, wann immer er will – und um so schon im | |
Vorfeld zum Partner zu werden, an dem keiner vorbeikommt. | |
17 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Regierung-in-Italien/!5620908 | |
[2] /Regierungskrise-in-Italien/!5621786 | |
[3] /!5616343/ | |
[4] https://rep.repubblica.it/pwa/intervista/2019/09/16/news/pd_renzi_scissione… | |
[5] /Wahl-in-Italien/!5488892 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## TAGS | |
Partito Democratico | |
Matteo Renzi | |
Giuseppe Conte | |
Fünf-Sterne-Bewegung | |
Italien | |
Italien | |
Italien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Migrationspolitik in Europa: Wer darf Italiener werden? | |
Die neue Koalition von Partito Democratico und Fünf-Sterne liegt im Streit. | |
Sie zofft sich um die Einbürgerung von Immigrantenkindern. | |
Neue italienische Innenministerin: Eine Frau für schwere Fälle | |
Italiens neue Innenministerin Lamorgese mag weniger radikal als Vorgänger | |
Salvini sein. Eine politische Wende ist von ihr aber nicht zu erwarten. | |
Regierungsbildung in Italien: Fünf Sterne stimmen für Koalition | |
Bei der Suche nach einer neuen Regierung in Italien hing alles von einer | |
Abstimmung im Internet ab. Nun dürfte der neuen Regierung kaum noch etwas | |
im Wege stehen. |