Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Freibetrag für Pflege von Angehörigen: Finanzielle Entlastung fü…
> Das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ kommt: Erwachsene Kinder müssen in
> Zukunft kaum noch für pflegebedürftige Eltern zahlen.
Bild: Ein Heimaufenthalt kann jeden treffen
Berlin taz | Es ist der Albtraum vieler Menschen: im Alter zum Pflegefall
zu werden, ins Heim zu müssen und dann den Kindern finanziell zur Last zu
fallen. „Die Scham und die Angst vieler Menschen vor einer solchen
Situation ist sehr groß“, sagt Susanna Saxl, Pressereferentin der Deutschen
Alzheimer Gesellschaft, „deswegen ist das kommende Gesetz ein guter und
wichtiger Schritt.“
Die neue Regelung, das sogenannten [1][„Angehörigen-Entlastungsgesetz“,]
wird am Freitag in erster Lesung im Bundestag beraten und soll im Januar
kommenden Jahres in Kraft treten. Das Gesetz sieht vor, die
„Unterhaltsheranziehung von Eltern und Kindern mit einem jeweiligen
Jahresbruttoeinkommen bis einschließlich 100.000 Euro in der Sozialhilfe“
auszuschließen, heißt es im Gesetzentwurf.
Die Regelung bezieht sich auf folgende Situation: Kommen der alte Vater
oder die Mutter ins Pflegeheim, zahlt die Pflegekasse, aber es wird auch
ein Eigenanteil fällig, der fast 2.000 Euro im Monat betragen kann. Reichen
Rente und Vermögen nicht aus, diesen Eigenanteil zu bezahlen, springt das
Sozialamt mit der „Hilfe zur Pflege“ für die zusätzlichen Kosten ein.
## Neuer Freibetrag
Die Sozialämter holen sich das Geld wenn möglich von den
unterhaltsverpflichteten erwachsenen Kindern wieder. Dabei soll ab
kommendem Jahr ein Freibetrag von 100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen
gelten. Nur wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes höher
liegt, muss es für den Pflegeheimaufenthalt mitzahlen. „Nur die
allerwenigsten, bestimmt weniger als 10 Prozent, werden über dieser Grenze
liegen“, sagt Susanne Hermann, Fachanwältin in Baden-Baden.
Die Freigrenze gilt auch für die Kinder von Pflegebedürftigen, die zu Hause
von ambulanten Diensten versorgt werden. Derzeit leben 780.000
Pflegebedürftige in Heimen, 2,9 Millionen werden zu Hause gepflegt. Die
Freigrenze für die Unterhaltspflicht soll überdies auch für Eltern
volljähriger behinderter Kinder, die etwa Eingliederungshilfe beziehen,
gelten.
Das Wissen um die hohe Freigrenze „wird in vielen Familien für Entspannung
sorgen“, sagt Dagny Liceny-Kierstein, Anwältin und Familienrechtsexpertin
in Berlin. Angesichts der Unterhaltspflicht im Pflegefall brechen manchmal
„alte Familienkonflikte wieder auf“, erzählt sie. Wenn die Kinder sich von
den Eltern schlecht behandelt oder vernachlässigt fühlten, sorgt die
Unterhaltsverpflichtung für Spannungen.
## Heimkosten zu hoch
Bisher sieht das Gesetz allerdings schon hohe Freibeträge vor, wenn
erwachsene Kinder unterhaltspflichtig werden. Es gilt ein Selbstbehalt.
Zusätzlich können die erwachsenen Kinder eigene Unterhaltsverpflichtungen
gegenüber ihren Kindern, Altersvorsorge, Kredite, Werbungskosten geltend
machen, zählt Anwältin Hermann auf. Nur Einkommen, die diese Grenzen
überschreiten, werden zur Hälfte für die Unterhaltspflicht herangezogen.
Wenn überhaupt gezahlt werden muss, sind die Beiträge der Kinder für die
pflegebedürftigen Eltern daher heute schon überschaubar, „sie liegen
zwischen 30, 40 Euro bis maximal 400 Euro im Monat“, sagt Liceny-Kierstein.
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, begrüßte die neue
Regelung. Vorstand Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz
erklärte hingegen, das Gesetz sei mehr „Schein als Sein“. Bisher würden f…
geschätzt nicht einmal 2 Prozent der Ausgaben der Sozialämter für die
„Hilfe zur Pflege“ die erwachsenen Kinder herangezogen.
Brysch forderte, dass die Pflegebedürftigen selbst nicht in die Armutsfalle
geraten. Der Anteil der Pflegebedürftigen in Heimen, die zusätzlich Hilfe
vom Sozialamt benötigen, liegt inzwischen bei 36 Prozent. Brysch forderte,
dass die Pflegekassen künftig einen höheren Teil der Heimkosten übernehmen.
Damit würden die Eigenanteile konstant bleiben oder sinken, was wiederum
weniger Sozialhilfebedüftigkeit zur Folge hätte.
Der Präsident des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, warnte vor höheren
Belastungen der Kommunen durch die „Hilfe zur Pflege“ in Höhe von einer
halben bis zu einer Milliarde Euro im Jahr, falls die Angehörigen kaum noch
herangezogen werden.
27 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/angehoerigen-entlastungsgesetz.html
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Alten- und Pflegeheime
Pflege
Altenpflege
Pflegekräftemangel
Pflege
Gesetzesvorschlag
Pflege
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pflege-Betrug in München und Augsburg: Leistungen erfinden und abrechnen
Pflegenotstand und zu wenig Kontrolle erleichtern den Betrug in der Pflege.
In Bayern durchsuchten Ermittler nun Pflegedienste und Praxen.
Entlastung für Kinder Pflegebedürftiger: Für mehr Würde und Liebe
Wenn Eltern zum Pflegefall werden, sollte es um Würde für alle Beteiligten
gehen. Doch Angst vor finanzieller Überlastung war bisher berechtigt.
Expertin über neues Pflegegesetz: „Eine gesellschaftliche Aufgabe“
Ein neues Gesetz soll Kinder von Pflegebedürftigen entlasten. Das sei eine
gute Idee, sagt die Sozial-Expertin Margret Böwe.
Kosten der Pflegebedürftigkeit: SPD will mehr Geld für die Pflege
Die Partei möchte die Eigenanteile für Pflegebedürftige deckeln, um die
Belastung für die Familien zu begrenzen. Gesundheitsminister Spahn ist
dagegen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.