| # taz.de -- NDR-Interview mit Andreas Gabalier: Mehr Fan als Journalist | |
| > Ist Volksmusiker Andreas Gabalier rechts? Das wird viel diskutiert. Als | |
| > Journalist sollte man kritisch nachfragen, statt Wohlfühlinterviews zu | |
| > führen. | |
| Bild: Gabalier bei einem Auftritt Anfang des Jahres in Dresden | |
| Wessen Interesse sich darauf beschränkt, ob und wie rechts [1][Schlagerstar | |
| Andreas Gabalier] nun wirklich ist, der oder die möge entsprechend googeln. | |
| Genug Lesematerial ist garantiert: Texte, die hin und her gerissen sind ob | |
| der Ambivalenz und Uneindeutigkeit mancher Symbole, die Gabalier benutzt: | |
| Ist ein Eisernes Kreuz gleich rechts, [2][oder ist das Gipfelkreuz zufällig | |
| eisern?] Stellt Gabalier mit unnatürlichen körperlichen Verrenkungen | |
| [3][auf dem Albumcover von „Volks Rock ’n’ Roller“ (2011) ein Hakenkreu… | |
| dar – oder ist das eine böse Unterstellung? Warum singt Gabalier so | |
| leidenschaftlich über Männerkameradschaft und über Italiener, Deutsche und | |
| Japaner, also die drei faschistischen Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg? | |
| Ja, ist der Gabalier jetzt ein Rechter oder nicht? | |
| Wen juckt es, dachten sich wohl der NDR und Moderator Roger Lindhorst, als | |
| sie den Lederhosen-Geweihmikro-Sänger zur zweistündigen [4][Radiosendung | |
| „Stars am Sonntag“] am vergangenen Wochenende geladen haben. In der Sendung | |
| geben Prominente aus Sport, Film und Fernsehen oder eben Musik Einblick in | |
| ihr Leben. Dass Gabalier eine zehnjährige Jubiläumstour hinter sich hat, | |
| schien Anlass genug. Dann muss man diesen Star, der Fußballstadien füllt | |
| und dessen Charme bis in den deutschen Norden reicht, halt mal einladen. | |
| Muss man? | |
| Ein Interview mit einem Künstler zu führen bedeutet nicht unbedingt, dass | |
| man sich mit ihm und seinen Ansichten gemein macht. Wenn von einer | |
| halbstündigen Redezeit aber nur knapp zwei Minuten kritischen Fragen | |
| gewidmet sind, dann wirkt das bei einem Gabalier aber schon etwas komisch. | |
| Lindhorst, der am Ende der Sendung mal „über etwas Ernstes reden“ möchte, | |
| wirft ein, dass Gabalier immer wieder vorgeworfen werde, er repräsentiere | |
| ein überholtes Weltbild. Gabalier antwortet, das liege daran, dass es in | |
| der heutigen Zeit nicht mehr so erwünscht sei, „traditionelle Werte | |
| weiterzugeben“, das stoße vor allem bei gewissen „journalistischen | |
| Randgruppen“ nicht so auf Begeisterung, dann kämen „zum Teil auch wilde | |
| Vorwürfe … auch in Richtung rechts“, wo er sich „klipp und klar | |
| distanziert“ habe, aber er kämpfe auch dafür, dass man ein paar | |
| traditionelle Werte weitergeben könne. | |
| ## Es geht um Beziehungen, Firsuren und Mikrofonständer | |
| An dieser Stelle hätte ein kritischer Journalist, der kein Fan ist, | |
| nachgehakt: das Album-Cover, das Eiserne Kreuz, die Männerkameradschaft. | |
| Aber Lindhorst ist im Gespräch mit Gabalier kein Journalist, er ist wie ein | |
| Fan. Und deshalb spricht er lieber über Gabaliers Beziehung und dessen | |
| Frisur. Er schwärmt, dass Gabalier den „cooleren Mikrofonständer“ habe als | |
| Helene Fischer, und verabschiedet sich mit warmen Worten: „Lieber Andreas, | |
| ich wünsche dir eine schöne Auszeit.“ | |
| Als Journalist sollte man das aber anders machen: Am Montag wurde | |
| öffentlich, dass Gabaliers Manager Ende August ein Interview mit dem ORF | |
| abgebrochen hat, weil die Moderatorin auch politische Fragen gestellt hat. | |
| Der ORF strahlt das Interview nicht aus – weil Gabalier auf die Fragen | |
| „[5][keine journalistisch verwertbaren Antworten“] gegeben habe, so der | |
| ORF. | |
| Nicht nur Lindhorst und der NDR schwärmen, sondern auch viele andere „ganz | |
| normale“ Deutsche sind Gabalier-Fans. Fraglich, ob alle von ihnen überhaupt | |
| verstehen, was der Steirer im Dialekt von sich gibt. Vielleicht ist es das | |
| Versprechen des authentischen Massenerlebnisses ohne schlechtes Gewissen, | |
| dass der Österreicher, der die Schuld damals ohnehin rasch von sich | |
| gewiesen hatte, den sich in Volksfragen schuldig fühlenden normalen | |
| Deutschen macht. „Diese Menschenmassen“, antwortet Gabalier enthusiastisch | |
| auf die Frage Lindhorsts, was er denn fühle, wenn er auf die Bühne komme, | |
| „diese Menschenmassen“, für die sei das alles mehr als Musik. Es gehe um | |
| Abschalten im stressigen, „virtuell bestimmten Alltag“. Die Leute wollten | |
| halt auch „von Angesicht zu Angesicht eine Gaudi haben“. | |
| Das führt zur Eingangsfrage: Ist der Gabalier nun rechts, oder ist er das | |
| nicht. Was, bitte schön, ist an deutschen Massen, die sich zu | |
| Gabalier-Songs in Volksekstase wiegeln, schon rechts? Wäre schön, wenn da | |
| mal jemand kritisch nachfragen würde. | |
| 23 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Volks-Rock-n-Roller-Andreas-Gabalier/!5038525 | |
| [2] https://www.zeit.de/kultur/musik/2019-02/andreas-gabalier-schlagersaenger-k… | |
| [3] https://www.vice.com/de/article/bjqmw3/rechts-aussagen-von-andreas-gabalier… | |
| [4] https://www.ndr.de/ndr1niedersachsen/sendungen/stars_am_sonntag/index.html | |
| [5] https://www.derstandard.de/story/2000108950045/gabalier-interview-fuer-orf-… | |
| ## AUTOREN | |
| Volkan Ağar | |
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