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# taz.de -- Science-Fiction-Film „Ad Astra“: Starbucks auch auf dem Mond
> Unterwegs zum Nichts: James Gray zerlegt in seinem Spielfilm „Ad Astra“
> etwaige Eskapismus-Erwartungen an Science-Fiction-Abenteuer.
Bild: Einsam im Weltall, Roy McBride (Brad Pitt)
Ein Mann, allein. Im mehrfachen Sinn. Seine Frau hat es mit ihm nicht mehr
ausgehalten, der Vater ist in der Nähe vom Neptun verschollen und er selbst
fliegt irgendwo da draußen unterwegs in einem Raumschiff, quer durchs All.
Roy McBride (Brad Pitt), so sein Name, ist ein tapferer Soldat. Einer, der
zu seiner Mission steht. Selbst wenn seine Vorgesetzten ihm die inzwischen
wieder entzogen haben. Doch er lässt sich von Autoritäten nicht aufhalten.
Er muss finden. Muss wissen.
„Ad Astra – Zu den Sternen“ ist ein Science-Fiction-Film des US-Amerikane…
James Gray. Der debütierte 1994 mit dem melancholischen New-York-Thriller
„Little Odessa“ und war zuletzt vor drei Jahren mit dem Abenteuerfilm „Die
versunkene Stadt Z“ im Kino zu erleben. Auf den ersten Blick hat „Ad Astra�…
so ziemlich alles, was ein Weltraumabenteuer braucht: Raumschiffe,
Astronauten, eine ferne Gefahr, die das gesamte Universum zu vernichten
droht. Und dann wieder hat der Film sehr wenig von dem, was man bei dem
Genre in der Regel erwartet.
Roy McBride, der für die Nasa arbeitet, wird von einer Handvoll
hochrangiger Generäle in geheimem Auftrag zum Neptun geschickt, wo man
seinen Vater, einen Wissenschaftler, vermutet. Clifford McBride (Tommy Lee
Jones), fürchten sie, könnte der Urheber von Energiewellen sein, die seit
einiger Zeit im All beobachtet werden und die potenziell sämtliches Leben
im Universum auslöschen könnten.
Die erste Station von Roy McBride ist der Mond. Den zeigt James Gray als
mittlerweile kolonisiert, es gibt schmucklose lunare Shoppingmalls mit
Starbucks und McDonald’s. Sämtlichen Müll, den die Menschheit auf der Erde
angehäuft hat, gibt es anscheinend jetzt auch auf ihrem Trabanten.
Inklusive lokaler kriegerischer Auseinandersetzungen. Die alten
Schwierigkeiten verschwinden eben nicht einfach durch einen Umzug.
Je weiter McBride auf seiner Reise kommt, desto einsamer wird er. Die Reise
zum Neptun bestreitet er schließlich ganz allein und gegen den Willen
seiner Auftraggeber. In einem funktionalen, kaum designpreisverdächtigen
Flugkörper. Wie Gray überhaupt auf glamouröse Settings verzichtet.
Lediglich die sparsam gesetzten Action-Momente inszeniert er sehr
körperlich und wuchtig direkt.
Auf McBrides letztem offiziellen Flug gibt es etwa einen Unfall, der Grays
Verweigerung des ganz großen Spektakels gut veranschaulicht: Die Mannschaft
beantwortet den Notruf eines anderen Raumschiffs, nur um in dessen Inneren
nicht von Außerirdischen, sondern von mutierten Primaten angegriffen und
dezimiert zu werden.
Das ist optisch heftig und zugleich fast lächerlich: Selbst die elenden
Tierversuche gibt es da draußen noch. Im All, so erwartet man, lauert am
Ende immer etwas, das die Protagonisten finden.
## Weltraumvariante des lone rangers
Oder besser: das die Protagonisten findet. Bei Roy McBride ist das im
Grunde auch so, doch weit weniger sensationell, als sein langer und
beschwerlicher Weg hoffen ließe. Der Film lässt einen an diesem Punkt
buchstäblich im Stich. Mit Absicht. McBride stößt da auf etwas, doch das
ist sehr persönlich und benötigt kaum Spezialeffekte.
Brad Pitt spielt diesen vermeintlich ruhigen und abgehärteten Nasa-Major,
die Weltraumvariante des lone rangers aus dem Western, mit unbeweglichem
Gesicht, in das nach und nach allerdings kleine Irritationen hineinspielen,
der eine oder andere Tic verrät, dass es in diesem abgebrühten Mann mächtig
brodelt. Pitts mimischer Minimalismus ist dieser Rolle allemal angemessen.
Wenn der Film nicht unbedingt die erhoffte Spannung erzielt, dann hat das
damit zu tun, dass Gray seine Figuren konsequent auf sich selbst
zurückfallen lässt. Ein bisschen wie in Stanisław Lems mehrfach verfilmtem
Klassiker „Solaris“ werden die Protagonisten mit sich konfrontiert. Während
in „Solaris“ aber immerhin noch unbewusste Wünsche am Werk waren, scheint
es bei „Ad Astra“ vor allem die eigene Leere von Roy und Clifford McBride
zu sein, die sich ihnen bietet. Ernüchterung statt Eskapismus. Hilft
immerhin, den Blick frei zu machen.
24 Sep 2019
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Film
Science-Fiction
Mond
Weltraum
Ari Aster
Science-Fiction
Filmrezension
Mondlandung
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