Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bildungspolitik in Österreich: Wen würden unsere Kinder wählen?
> Österreich wählt am Sonntag den Nationalrat. Deswegen werden gerade mal
> wieder Bildungsreformen gefordert. Kennen wir eh.
Bild: Muslimische Kinder als Wahlkampfsujet und realitätsferne Konzepte: Bildu…
Es ist [1][Wahlkampf in Österreich]. Die Zeit, in der Politiker*innen, die
seit Jahren im Amt sind, plötzlich Versprechen abgeben, bei denen man sich
fragt, wieso sie nicht längst eingehalten wurden. Was die Bildungspolitik
betrifft, herrscht seit Jahrzehnten Stillstand, verantwortlich dafür: die
Interessenunterschiede der zwei großen politischen Lager.
Das eine fordert eine Gesamtschule für alle 10- bis 14-Jährigen, das andere
setzt auf separierende Bildungspolitik, aktuell in Form von extra
Deutschförderklassen und einem Verbot von Kopftüchern für Schülerinnen und
Lehrerinnen.
Andere religiöse Symbole dürfen übrigens bleiben. Als kürzlich wegen
Renovierungsarbeiten die Kreuze in einer Volksschule in Niederösterreich
abgehängt wurden, beschwerten sich Eltern prompt beim Bürgermeister.
Norbert Hofer, Spitzenkandidat der rechten FPÖ, die laut Umfragen trotz
[2][Ibiza-Affäre] Zweite werden könnte, kritisiert in seiner Rede am
Parteitag, dass in Lesebüchern für Kinder ein Junge namens Mehmet an
Spielplätzen und Moscheen, aber an keiner Kirche vorbeigehe. „Es gibt in
dieser Welt, in die unsere Kinder hineingesetzt werden, in Volksschulen in
Wien keine Kirchen mehr, es gibt nur Moscheen.“
Altkanzler Sebastian Kurz, der laut Umfragen bei der Nationalratswahl am
Sonntag vorne liegt, will zudem ein neues Unterrichtsfach einführen:
„Staatskunde“. Laut eigenen Angaben sollen den Schüler*innen „die Grundz…
unserer Verfassung, des Rechtsstaates und welche Werte und Traditionen uns
prägen, gelehrt werden“.
## Gesamtschule? Ja woher denn?
Ich finde ja, dass die Idee von einem solchen Fach nicht neu ist, sondern
seit Jahren unter dem Begriff „Politische Bildung“ von Pädagog*innen
eingefordert wird. Philipp Mittnik, Hochschulprofessor für Geschichts- und
Politikdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Wien, der auch das Zentrum
für Politische Bildung leitet, kritisiert die Idee von der „Staatskunde“ in
einem Kommentar als eine „Art Leitkulturschulung durch die Hintertür“.
Der Bildungsteil in den Wahlprogrammen der anderen Parteien geht dagegen
völlig unter und wirkt, als hätte man ihn einfach aus dem letzten Wahlkampf
übernommen. Jo eh, wie man in Wien sagen würde, die Forderung nach einer
Gesamtschule ist berechtigt, aber gleichzeitig ein leeres Wahlversprechen.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Gesamtschule in den nächsten fünfzig
Jahren nicht umgesetzt wird, weil in Österreich politische Parteien an
Schulen noch immer viel zu großen Einfluss haben und die Sozialdemokraten
und die Volkspartei einander in dem Punkt nichts schenken.
Muslimische Kinder als Wahlkampfsujet auf der einen Seite und
realitätsferne Konzepte auf der anderen – einen greifbaren Mehrwert für
Schüler*innen und Pädagog*innen erkenne ich nirgends. „Wen würde das Klima
wählen?“ plakatieren die Grünen aktuell in ganz Österreich – „wen wür…
die Kinder wählen?“, frage ich mich gerade.
26 Sep 2019
## LINKS
[1] /!t5007889/
[2] /Bundesparteitag-in-Graz/!5626106
## AUTOREN
Melisa Erkurt
## TAGS
Kolumne Nachsitzen
Wahl Österreich
Bildungspolitik
Schule
Kopftuchverbot
Kolumne Nachsitzen
Kolumne Nachsitzen
Sebastian Kurz
Kolumne Nachsitzen
Rechtsextremismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Politische Polarisierung an Schulen: Das gespaltene Klassenzimmer
Gesellschaftliche Trennung, Vorurteile und Rassismus finden ihr Echo auch
in der Schule. Kinder und Eltern verstärken sich dabei.
Arbeiterkinder an Universitäten: Schwierig bis zuletzt
Als Arbeiterkind mit Migrationshintergrund ist man an Universitäten eine
Ausnahme. Das Wichtigste ist, den Glauben an sich selbst nicht zu
verlieren.
Biografie über Sebastian Kurz: Ein Schlingel
Ein Buch über Kanzlerkandidat Sebastian Kurz, das am Mittwoch erscheint,
sorgt in den österreichischen sozialen Netzwerken für Häme.
Sprachbarrieren an Schulen: Sprechen und zuhören lernen
Über mangelnde Deutschkenntnisse von Schüler*innen wird wieder debattiert.
Dabei ist die Dimension des Problems vielen nicht bewusst.
Politische Bildung an Schulen in Sachsen: Mit Bildung gegen rechts
In Sachsen entdeckt eine alarmierte CDU die politische Bildung und
reformiert die Lehrpläne. Die Reaktionen darauf zeigen, wie nötig das war.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.