# taz.de -- Neues Album von Lana Del Rey: Stromstöße der Erkenntnis | |
> „Norman Fucking Rockwell!“ überrascht. Del Rey singt gegen | |
> Klimawandelleugner und bringt sogar feministische Sylvia-Plath-Referenzen | |
> an. | |
Bild: Ja, über dieses Album darf sich Lana Del Rey ausnahmsweise wirklich freu… | |
Schon oft stand Lana Del Rey im Verdacht, ein Fake zu sein. Angesichts | |
mutmaßlicher Schönheitsoperationen muss was faul sein an ihrer Kunstfigur! | |
Gefundenes Fressen für ihre Gegner war vor allem, dass die Künstlerin, | |
[1][die eigentlich Lizzy Grant heißt], einen reichen Vater hat. Somit | |
erschien die Mär von der armen jungen Frau aus dem Trailerpark, die sich | |
zum millionenschweren Popstar hochgeackert hat, abwegig. | |
Entsprechend harsch gingen KritikerInnen mit den Alben der 34-Jährigen ins | |
Gericht. Sie böten nur eine Abfolge des Immergleichen: Unglück folge auf | |
[2][Beziehungskitsch]; USA-Klischees würden ebenso zuverlässig geliefert | |
wie Songs mit Fünfziger-Jahre-Ästhetik und einer Zurschaustellung uralter | |
Geschlechterrollen. | |
Den notorischen Nörglern sei gesagt: Auf dem neuen, mittlerweile sechsten | |
Studioalbum „Norman Fucking Rockwell!“ pendeln sich die Songs von Lana Del | |
Rey außerhalb des Konventionellen ein. Und wenn die Künstlerin dann doch | |
Themen wie Verzweiflung und den Irrsinn des US-Alltags behandelt, setzt sie | |
dabei überraschende Akzente. So bremst sie das gesellschaftliche | |
Schneller-höher-weiter mit entschleunigten Klängen aus. | |
Bereits der Titelsong, der das neue Werk auch eröffnet, jagt Stromstöße der | |
Erkenntnis unter die Haut: Lana Del Rey hat nämlich mit Feminismus sehr | |
wohl etwas am Hut. In „Norman Fucking Rockwell!“ outet sie ihr Songobjekt, | |
einen berühmten US-Kalendermaler und Illustrator, als „schlechten Poeten, | |
der ein guter Liebhaber“ sei. Die Reime „’cause you’re just a man / It�… | |
just what you do“ machen den Weg frei für die kritischen Zwischentöne | |
einer selbstbewussten Frau. | |
## Weg mit den Gewitterwolken | |
Lana Del Rey hat sich lange genug in Los Angeles herumgetrieben, um die | |
kalifornische Mentalität mit einer gewissen Arroganz darzustellen. Zudem | |
spricht aus ihren neuen Songs nun eine Überlegenheit den Männern gegenüber. | |
Dank dieser frisch gewonnenen Zuversicht geht die Musikerin in „The | |
Greatest“ noch einen Schritt weiter, blickt am Ende weit über den | |
Tellerrand ihrer Gefühlswelt hinaus und positioniert sich politisch. | |
So absurd die Nennung von Kanye West im Zusammenhang mit dem Klimawandel | |
auf den ersten Blick klingen mag, sie ergibt durchaus Sinn, wenn man sie | |
auf sich wirken lässt. Denn Lana Del Rey rechnet mit einem | |
Trump-Unterstützer und Erderwärmungs-Ignoranten ab: „Hawaii just missed | |
that fireball/L. A. is in flames, it’s getting hot / [3][Kanye West] is | |
blond and gone / ,Life on Mars' is not just a song“, wispert sie. Laszive | |
Klavierakkorde begleiten bei diesem Stück den Gesang, Gitarrenriffs mengen | |
dieser Apokalypse ein bisschen ungemütliche Reibung bei. | |
Vorzugweise badet Lana Del Rey mit ihrem Produzenten Jack Antonoff, der | |
etwa die Neuseeländerin Lorde in die Charts hievte, in der für sie | |
typischen Melancholie. In dem Song „Hope Is a Dangerous Thing For a Woman | |
Like Me to Have – But I Have It“ vergleicht sie sich mit der | |
[4][feministischen Dichterin Sylvia Plath]. Auch Del Rey habe selbst | |
mitunter das Gefühl, in einer Sackgasse gestrandet zu sein. Ihre inneren | |
Dämonen lassen sie nicht los. Andererseits: Hoffnung und der Optimismus | |
stecken ja hier bereits im Titel. | |
In „The Next Best American Record“ legt Lana Del Rey mit Zeilen wie „We | |
were so obsessed with writing the next best American record / ’cause we | |
were just that good“ sogar noch nach. Sie schiebt die Gewitterwolken | |
beiseite und kommt tatsächlich rüber wie eine enthusiastische | |
Kalifornierin. | |
Musikalisch sticht das zehnminütige „Venice Bitch“ heraus. Ob Keyboard oder | |
Streicher – jedes Instrument passt wie angegossen. Ganz am Ende wagt die | |
E-Gitarre sogar eine Noise-Attacke. Auf opulenten Sound verzichtet Del Rey, | |
HipHop-Anleihen sind passé, elektronische Elemente pirschen sich vorsichtig | |
an. Oftmals genügt Pianobegleitung zum Gesang, der nach vorne gemischt ist, | |
weil die Texte wichtiger sind als bei früheren Werken. Fast wie eine | |
Psychotherapie scheinen sie zu sein, wenn Lana Del Rey darüber singt, dass | |
sie ihre Alkoholprobleme überwunden hat und toxische Beziehungen beendet. | |
In „Fuck It I Love You“ hat Kalifornien wenig mit dem Westküstenmekka | |
gemeinsam, in dem endlos die Sonne scheint. Darin geht es um eine | |
Protagonistin, die an ihrem Liebeskummer und Drogenkonsum zu zerbrechen | |
droht. Heile Welt sieht anders aus. Eher klingt dieser Song wie ein | |
Soundtrack für düstere Träume. | |
5 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dagmar Leischow | |
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