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# taz.de -- Kritik nach Video einer Touristin: Kolonialist*innen am Hotel-Pool
> In fremden Ländern fremde Sitten kritisieren? Der etwas cholerische
> Tierrechtseinsatz einer britischen Touristin in Marokko sorgt für
> Aufregung.
Bild: Bloß nicht anpassen: bayerische Touristen
In Marokko beleidigt eine britische Touristin einen Händler auf dem Markt,
weil dieser seine Hühner in engen Käfigen hält. Sie schreit ihn an, zeigt
ihm den Mittelfinger, geht auf ihn los, versucht den Käfig aufzureißen und
beißt dem Händler schließlich in die Hand, als dieser versucht sie zu
stoppen. Umstehende filmen den Wutausbruch der Britin. Das Video geht im
Internet viral. Etwa 10 Millionen Mal wird es geklickt und entfacht auf
Twitter eine Diskussion über respektlose weiße Tourist*innen.
Der [1][Autor und Journalist Mohamed Amjahid kritisiert via Twitter], dass
das Verhalten der Britin kolonialistisch sei: Eine weiße Person, die in ein
anderes Land reist, dort die arme Bevölkerung – in ortsunüblicher Sprache �…
verbal und körperlich angreift und für ihre vermeintlich primitive und
falsche Lebensweise kritisiert. Denn die britische Besucherin ist kein
Einzelfall. Immer wieder fallen weiße Tourist*innen durch überhebliches
Verhalten auf, werden Kolonialist*innen auf Zeit.
In teuren Hotelressorts werden sie vom einheimischen Personal umsorgt und
bedient: Sie bringen ihnen die Getränke an den Pool, schütteln die
Kopfkissen auf und massieren ihnen nach einem anstrengenden Tag auf der
Sonnenliege Rücken und Füße. Am Abend wird den Tourist*innen mittels
hawaiianischen Hula-Tänzen das authentische etwas rückständige
Kulturerlebnis vorgespielt. Journalistin und Schriftstellerin Katharina
Döbler nennt das „Kolonialismus light“.
Kolonialismus sei schon immer ein Wirtschaftsunternehmen gewesen, sagt
Döbler. Heute in Form von billigen Pauschalreisen zu den Traumstränden
Balis. Aber nicht nur das Hotelpersonal bekommt die weiße Überheblichkeit
zu spüren.
## Lächelnd wegschauen
Halbnackte Tourist*innen räkeln sich am Strand oder stapfen durch Tempel
und Moscheen. In Minivans werden Tourist*innengruppen in Masai-Dörfer
gekarrt, um dort für zwei Tage in das Leben der Einheimischen einzutauchen.
Die Privatsphäre und die Wert- und Moralvorstellungen der Gastländer und
ihrer Bevölkerung müssen dem weißen Egoismus weichen.
Denn sie sind abhängig von dem Geld, das ihnen der Tourismus einbringt.
Freundlich lächelnd schauen sie über die Grenzüberschreitungen hinweg,
schlucken die weiße Arroganz herunter. So auch der Händler in Marokko.
Marokkanischen Medien gegenüber berichtet er, die Frau sei betrunken
gewesen, daher wollte er nicht unnötig Zeit mit ihr verbringen. Zeit, die
er besser in Arbeit investieren kann, um Geld für seine Familie zu
verdienen.
3 Sep 2019
## LINKS
[1] https://twitter.com/mamjahid/status/1168798526115143681
## AUTOREN
Lisa Winter
## TAGS
Gesellschaftskritik
Tourismus
Reiseland Marokko
Twitter / X
Mittelmeer
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