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# taz.de -- Insektengift Chlorpyrifos: Kritik an gefährlichem Pestizid
> Verbraucherschützer und der SPD-Politiker Karl Lauterbach verlangen, den
> Insektenkiller Chlorpyrifos zu verbieten. Der Einsatz sei nicht
> vertretbar.
Bild: Hunderte Pestizide wie Chlorpyrifos werden viel zu spät wiederbewertet
Verbraucherschützer und Politiker fordern von der Europäischen Union, die
Nutzung des Pestizids Chlorpyrifos zu untersagen. „Der Wirkstoff muss
umgehend verboten werden“, sagte Matthias Wolfschmidt, Direktor für
internationale Kampagnen der Organisation Foodwatch, am Montag der taz. „Es
ist unfassbar, dass sich für dieses Insektizid, welches seit vielen Jahren
in der Kritik steht, die Zulassungen automatisch verlängern, weil die
toxikologischen Prüfungen nicht abgeschlossen werden konnten“, teilte Armin
Valet, Lebensmittelexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, mit. „Der
Einsatz von Chlorpyrifos ist schon lange nicht mehr vertretbar“,
kritisierte Karl Lauterbach, Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion.
Die [1][taz hatte am Samstag berichtet], dass die Europäische Kommission
den Mitgliedstaaten ein Verbot vorschlagen wolle. Anfang August hatte die
EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) festgestellt, dass
Chlorpyrifos Embryonen schaden könne und nicht zugelassen sein dürfe. In
einem Versuch im Auftrag des Herstellers Dow von 1998 seien die Kleinhirne
von Ratten kleiner gewesen, deren Eltern Chlorpyrifos gefressen hatten. Die
spanischen Behörden, die das Mittel ab 1999 für die EU überprüft hatten,
sahen kein Problem. Deshalb erteilte die EU 2005 eine Genehmigung für den
Wirkstoff und verlängerte diese dreimal bis aktuell Januar 2020.
In Deutschland darf Chlorpyrifos anders als in Spanien, Polen und 18
weiteren EU-Ländern seit 2015 nicht mehr gespritzt werden. Laut Bundesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde es aber
beispielsweise 2017 vor allem in importierten Orangen, Mandarinen sowie
Grapefruits gefunden. Treffer gab es auch bei Äpfeln, Spargel und
Tafelweintrauben.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass Chlorpyrifos in großen Mengen zum Beispiel
in Spanien eingesetzt wird, obwohl die Efsa vor diesem Insektizid warnt“,
erklärte Verbraucherschützer Valet. Die Konsumenten erwarteten, dass die
Behörden bei der Überprüfung der Mittel nicht „kritiklos Anbieterstudien“
übernehmen.
Foodwatch-Aktivist Wolfschmidt verlangte, die automatische Verlängerung von
Altzulassungen zu beenden. Nach dem Gesetz müsse jeder Pestizidwirkstoff
nach den ersten zehn Jahren wieder bewertet werden, sodass eventuelle neue
wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden können. Das geschehe
aber aus Kapazitätsgründen bei „bis zu 200 Pestiziden viel zu spät“, sag…
Wolfschmidt.
Der Industrieverband Agrar, der die deutschen Pestizidhersteller vertritt,
lehnte Forderungen etwa der Grünen ab, dass der Staat künftig die Studien
selbst in Auftrag gibt. „Über die vorzulegenden Studien entscheidet schon
heute das EU-Recht, nicht der Hersteller“, schrieb Geschäftsführer Martin
May der taz. „Dieses Verfahren weiter zu bürokratisieren, etwa indem die
Hersteller nicht für ihre Studien zahlen, sondern in irgendeinen Fonds,
bringt keinen Zugewinn an Sicherheit, schafft aber Mehrarbeit für die
Behörden.“
27 Aug 2019
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[1] /Giftiges-Pestizid-an-Zitrusfruechten/!5617071
## AUTOREN
Jost Maurin
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