# taz.de -- Vor der Tischtennis-EM: Im Wirrwarr der Wettbewerbe | |
> Vor der Europameisterschaft im Tischtennis klagt der Bundestrainer über | |
> die Terminfülle. Die bringt viele Spieler an ihre Grenzen. | |
Bild: Im Stress: Tischtennisspieler wie Dimitrij Ovtcharov hetzen von einem Ter… | |
Berlin taz | Am vergangenen Wochenende startete in vielen Bundesländern der | |
Ligabetrieb im Amateurtischtennis. Die Mannschafts-Europameisterschaft, die | |
heute am Dienstag im westfranzösischen Nantes beginnt, wird in den | |
Sporthallen landauf landab kaum ein Thema gewesen sein. Die deutschen | |
Nationalteams der Frauen und Männer gehen zwar als Favorit in die EM, viele | |
Spieler an der Basis wissen aber nicht einmal, dass das Turnier | |
stattfindet. Im Fußball oder Handball wäre das undenkbar. | |
Die EM hat in jüngerer Vergangenheit stetig an Bedeutung verloren. Begonnen | |
hatte das bereits vor mehr als zehn Jahren – mit der Entscheidung des | |
europäischen Tischtennisverbands, seit 2007 jährlich Europameisterschaften | |
auszutragen. Anfangs noch mit allen Disziplinen, mittlerweile im jährlichen | |
Wechsel – in einem Jahr, wie diesmal in Nantes, werden die besten Teams | |
ermittelt, im nächsten die besten Einzelspieler und Doppel. | |
Doch nicht nur jährliche Europameisterschaften fluten den Terminkalender | |
der Athleten: Der Weltverband veränderte im vergangenen Jahr die Berechnung | |
der Weltrangliste. Seitdem kann dort nur weit vorne stehen, wer sich oft | |
auf Turnieren der sogenannten World Tour blicken lässt. In boomenden | |
Tischtennismärkten entstanden zudem attraktive Wettkampfformate: die | |
asiatisch-pazifische Liga T2 in Malaysia oder Ultimate Table Tennis in | |
Indien. | |
Viele Termine sind hinzugekommen, und die alten sind geblieben: Ligaspiele | |
und Champions League, nationale Meisterschaften, Weltmeisterschaften oder | |
Olympische Spiele. „Der Weltverband übertreibt es total mit dem | |
Terminkalender“, sagte Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf im Vorfeld der EM. | |
Deutschlands „Mr. Tischtennis“, in den 80er und 90er Jahren Welt- und | |
Europameister, ist ein scharfer Kritiker der Flut an Wettkämpfen. Für | |
Roßkopf steht fest: „Es gibt zu viele Turniere.“ Doch vielen Spielern fäl… | |
es schwer, ihr Pensum zu reduzieren. | |
## Turniere werden zum Zuschussgeschäft | |
[1][Tischtennis] kämpft mit der Eigentümlichkeit, zugleich Mannschafts- und | |
Individualsport zu sein. Zwar ist der Sport als Einzelsport angelegt, doch | |
viele Profis verdienen ihr Geld vor allem bei Vereinen, für die sie an | |
vielen Wochenenden im Jahr in der Liga im Einsatz sind. Anders als etwa im | |
Tennis können es sich die Aktiven nicht leisten, als Ich-AG von Turnier zu | |
Turnier um die Welt zu reisen. Denn obwohl die Turniere der Weltserie | |
sportlich die Benchmark für die internationale Elite sind, sind die | |
Preisgelder niedrig. Scheitert man dort in den ersten Runden, werden | |
Turnierteilnahmen schnell zum Zuschussgeschäft. | |
Immer mehr Spieler stoßen zwischen den Verpflichtungen für nationale | |
Verbände, Vereine und eigenen sportlichen Zielen an ihre Grenzen. Es fehlt | |
Zeit für Pausen und Training. Das Verletzungsrisiko steigt, das sportliche | |
Niveau sinkt. Und die Zuschauer verlieren im Wirrwarr der Wettbewerbe den | |
Überblick. | |
Besonders ungelegen kommt nun die EM in Nantes. Erst im Juni fanden in | |
Minsk die European Games statt, bei denen der Kontinent schon mal seine | |
Besten ermittelte. Deutschland gewann dort vier von fünf | |
Tischtennis-Wettbewerben. Weil der Vorschlag von Trainern und Athleten, die | |
EM in diesem Jahr durch die Europaspiele zu ersetzen, beim Weltverband kein | |
Gehör fand, hatte man sich beim Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) sogar mit | |
dem Gedanken befasst, vor allem das überspielte Männer-Team in Nantes durch | |
eine B-Auswahl zu ersetzen. | |
Doch ein Titelverteidiger, der seinen Nachwuchs schickt, um seinen Stars | |
frei zu geben? Soweit wollte der DTTB doch nicht gehen. Sowohl die Frauen | |
als auch die Männer werden in Bestbesetzung antreten – mit den | |
Weltklassespielern Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska. | |
Wenn nichts Unerwartetes passiert, werden beide Teams wieder Europameister. | |
Zeit zur Freude würde den Spielerinnen und Spielern aber kaum bleiben. | |
2 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Tischtennis-Neuling-TTC-Neu-Ulm/!5617470 | |
## AUTOREN | |
Jan Lüke | |
## TAGS | |
Fußball-EM 2024 | |
Tischtennis | |
Tischtennis | |
Fußball-Bundesliga | |
Kolumne Press-Schlag | |
Bakery Jatta | |
Martina Voss-Tecklenburg | |
Robert Prosser | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sportpolitik im Tischtennis: Tauwetter am Tisch | |
Amerikanische und chinesische Sportler bildeten bei der WM in Houston | |
gemischte Doppel. Dies erinnerte an die Ping-Pong-Diplomatie der 70er | |
Jahre. | |
Neustart der Tischtennis-Bundesliga: Plötzlicher Aufschlag | |
Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Tischtennis-Bundesliga ihren | |
Neustart organisiert. Er bedeutet eine Chance für den kriselnden Sport. | |
Krisenprofiteur Tischtennis: Lockerungen an der Platte | |
Pingpong Delite, umsonst und draußen: Unter den derzeitigen Umständen ist | |
Tischtennis plötzlich eine Gewinnersportart. | |
HSV-Sieg über Hannover 96: Heilsame Haltung | |
Die Proteste gegen seinen Spieler Bakery Jatta stärken den Zusammenhalt | |
beim Hamburger SV. Gegen schwache Hannoveraner traf Jatta zum 3:0. | |
Fußballnationalmannschaft der Frauen: Einfach feiern! | |
Der 10:0-Erfolg der deutschen Fußballerinnen gegen Montenegro sagt wenig | |
aus. Dafür spricht man im DFB-Team gern über die neue Innenverteidigerin. | |
Boxroman „Gemma Habibi“: Der rechte Haken geht durch | |
In „Gemma Habibi“, dem neuen Roman des Schriftstellers Robert Prosser, wird | |
geboxt und demonstriert. Leider ist das Buch überladen. |