# taz.de -- Grünen-Fraktionschefin über Lobbyismus: „Die Zeichen der Zeit e… | |
> Schadet der Wechsel Kerstin Andreaes zu einem Energieverband den Grünen? | |
> Im Gegenteil, findet Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. | |
Bild: „An der ökologischen Transformation führt kein Weg vorbei“, sagt Ka… | |
taz: Frau Göring-Eckardt, die Grünen-Abgeordnete Kerstin Andreae wird | |
Chefin des mächtigen Energieverbandes BDEW. Freuen Sie sich über den | |
Wechsel? | |
Katrin Göring-Eckardt: Als Fraktionsvorsitzende freue ich mich überhaupt | |
nicht darüber, weil ich eine wichtige und leistungsfähige Abgeordnete | |
verliere. Ich bin aber überzeugt, dass der BDEW die Zeichen der Zeit | |
erkannt hat. An der ökologischen Transformation führt kein Weg vorbei, | |
jetzt geht es darum, sie zu gestalten. Kerstin Andreae ist sehr davon | |
überzeugt, dass die Zukunft der Wirtschaft ökologisch ist. | |
Der Verband vertritt auch Unternehmen wie RWE und Vattenfall, die mit Atom- | |
und Kohlestrom Geld verdienen. Bekommen die Grünen ein | |
Glaubwürdigkeitsproblem? | |
Der Verband vertritt auch diese Unternehmen, ja. Aber der Reformauftrag | |
steht: Der Atomausstieg ist politisch beschlossen und wird umgesetzt. Und | |
auch der Kohleausstieg ist auf den Weg gebracht. Als Fraktion machen wir | |
Druck, damit es mit der Umsetzung vorangeht und wir unsere Klimaziele | |
erreichen. Der Verband und die Unternehmen müssen sich wandeln. | |
Als es in der Kohlekommission um den Kohleausstieg ging, hat der Verband | |
argumentiert: Wir haben grundsätzlich nichts gegen den Ausstieg, wollen | |
aber viel Geld für die Kraftwerksbetreiber. Fanden Sie das okay? | |
Nein, das ist nicht okay. Der Verband hat natürlich ein Interesse, | |
möglichst viel für seine Mitglieder herauszuholen. Aber ich sehe den | |
Kohleausstieg als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sozial und | |
ökologisch gestaltet werden muss. Ich weiß nicht, welche Konflikte wir | |
künftig haben werden. Aber wir Grüne werden den Verband nicht anders oder | |
softer behandeln, weil eine Grüne die Chefin ist. Das erwartet Kerstin | |
Andreae auch nicht – und sicher auch nicht der BDEW. | |
Für den Job war erst der niedersächsische SPD-Umweltminister Olaf Lies im | |
Gespräch. „Das hat ein Geschmäckle“, fand die dortige | |
Grünen-Fraktionschefin Anja Piel. Aber jetzt gibt es kein Geschmäckle? | |
Da gibt es einen wichtigen Unterschied. Kerstin Andreae kommt aus der | |
Opposition, sie ist keine Ministerin. Sie hat kein Amt, in dem man sich | |
durch gefälliges Verhalten einen Lobbyjob herbeiorganisieren kann. Wir | |
Grüne fordern seit Langem schärfere Karenzzeit-Regeln für | |
Regierungsmitglieder und ein Lobbyregister. Dabei bleiben wir natürlich. | |
Wäre eine Karenzzeit für langjährige Parlamentarier nicht auch angebracht? | |
Kerstin Andreae kümmert sich seit Jahren um Wirtschaftspolitik. | |
Die Debatte kann man führen. Meine Position ist: Es gibt nun mal einen | |
Unterschied zwischen Exekutive und Legislative. Klar ist: Kerstins | |
Entscheidung widerspricht weder der geltenden Rechtslage noch grüner | |
Programmatik. | |
Aber auch Parlamentarier werden doch von Verbänden und Unternehmen wegen | |
ihrer Kontakte eingekauft? | |
Beim BDEW muss man nicht die Sorge haben, dass ihm Kontakte fehlen. Die | |
haben sich für Kerstin entschieden, weil sie sich von ihr die richtige | |
Zukunftsorientierung versprechen. | |
13 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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