# taz.de -- Dementer Patient tot aufgefunden: In den Tod verirrt | |
> Nach dem Tod eines dementen Patienten im Asklepios-Klinikum Wandsbek in | |
> Hamburg ist noch unklar, ob weitere polizeiliche Ermittlungen folgen. | |
Bild: Geschützter Raum in der Klinik: Demenz-Wohnung im Hamburger Albertinen-H… | |
Hamburg taz | Noch ermittelt die Polizei zu den Todesumständen eines | |
76-jährigen dementen Patienten, der Mitte Juli im Asklepios-Klinikum | |
Wandsbek verschwunden war. Zwei Wochen später fand man ihn tot in einer | |
Abseite des Kellers auf. Sobald die abschließende rechtsmedizinische | |
Beurteilung vorliegt, so die Pressestelle der Polizei Hamburg, werde die | |
Staatsanwaltschaft über mögliche weitere Ermittlungen entscheiden. | |
Nach vorläufigem Stand starb der Mann relativ rasch an einem Herzinfarkt, | |
nachdem er in die Abseite gelangt war, die nur durch eine etwa einen Meter | |
hohe Stahltür erreichbar ist. Der Patient, der wegen einer Kopfverletzung | |
auf der chirurgischen Station zur Beobachtung war, sollte am Tag seines | |
Verschwindens entlassen werden. Bei der Entlassungsvisite war sein | |
Verschwinden aufgefallen und man hatte zunächst hausintern nach ihm | |
gesucht. Eine Stunde später alarmierte die Klinik die Polizei. | |
Deren Suchmaßnahmen orientierten sich laut Polizeipressesprecher „an der | |
Einschätzung der Ärzte, dass keine Lebensgefahr besteht, sowie vor dem | |
Hintergrund, dass im Krankenhaus bereits Suchmaßnahmen erfolgt waren“. | |
Neben einer Nahbereichs- und Funkfahndung wurde auch das | |
Polizeikommissariat 15, die Hamburger Davidswache, informiert, weil der | |
Patient, der dort als Kommissar gearbeitet hatte, nach Auskunft der | |
Angehörigen in der Vergangenheit mehrfach versucht hatte, zu Fuß dorthin zu | |
kommen. | |
In die falsche Richtung führte ein Personenspürhund, der die Beamten vor | |
dem Krankenhaus zu einer Bushaltestelle brachte, sodass der Verdacht | |
bestand, der Vermisste könnte mit dem Bus davongefahren sein. Schließlich | |
wurde nach einem richterlichen Beschluss öffentlich mit Foto nach ihm | |
gefahndet. | |
## „Nichts falsch gemacht“ | |
Man habe „eigentlich nichts falsch gemacht“, sagt Mathias Eberenz, | |
Pressesprecher des Asklepios-Konzerns. Die Kollegen hätten gewusst, dass | |
der Patient „Orientierungsprobleme“ gehabt habe – sie hätten aber keine | |
Veranlassung gehabt, anzunehmen, dass er die Station verlassen würde, bevor | |
man ihm die Entlassungsdokumente gegeben hätte. | |
Zudem, so schreibt Eberenz noch in einer E-Mail, sei das „Klinikpersonal | |
rechtlich leider nicht befugt, die Bewegungsfreiheit eines Patienten – | |
selbst wenn er dement ist – auf sein Zimmer oder auf die Station | |
einzuschränken“. Von daher gebe es, anders als in den Medien dargestellt, | |
„keine echte Prüfung“, welche Konsequenzen aus dem Todesfall zu ziehen | |
seien. | |
Und doch spricht Eberenz von „richtigen Konsequenzen“: Diese seien in „se… | |
langfristigen Diskussionen mit den Behörden“, aber auch in einem | |
„gesamtgesellschaftlichen Vorgehen“ zu finden. Derzeit gebe es, so sagt der | |
Konzernsprecher, „nur Insellösungen – befriedigend ist das alles nicht“. | |
Praktische Ansätze in den Asklepios-Kliniken seien besondere | |
Beschilderungen oder Bodenmarkierungen, um dementen PatientInnen bessere | |
Orientierung zu geben oder sie vom Weglaufen aus dem Zimmer abzuhalten, | |
ohne sie einzusperren. Zudem gebe es Weiterbildungen, Qualitätszirkel und | |
Infoveranstaltungen auf dem Weg zum „demenzfreundlichen Krankenhaus“. | |
„Es ist schwer zu sagen, was man da tun kann“, sagt der Geschäftsführer d… | |
Hamburger Alzheimer-Gesellschaft, Jörn Wieking, angesichts des Wandsbeker | |
Unglücks. Todesfälle dieser Art bei Dementen seien „kein Einzelfall, aber | |
Gott sei Dank nicht die Regel“. Dass die Krankenhäuser sich auf immer mehr | |
demente Patienten einstellen müssten, die wegen anderer Diagnosen, etwa als | |
chirurgische Notfälle, kämen, sei inzwischen als Thema erkannt. In Hamburg | |
gebe es mehrere Kliniken mit spezialisierten Stationen für demente | |
Patienten. | |
„Die Grundproblematik bleibt aber bei Akutfällen“, sagt Wieking. Wichtig | |
sei nicht nur ein guter Personalschlüssel, sondern auch möglichst viel | |
Kontinuität, um die Qualität der Betreuung zu sichern. Beides sei | |
angesichts von Fachkräftemangel und Personalabbau nicht leicht zu | |
realisieren. Gerade private Häuser wie Asklepios hätten viele Stellen | |
gestrichen. Zudem seien große Kliniken mit vielen Abteilungen für demente | |
Menschen besonders problematisch. Dennoch seien „auch alle anderen Häuser | |
mit Risiko“ für demente Patienten behaftet. | |
Bei der Hamburger Gesundheitsbehörde hat die Arbeitsgruppe „Umgang mit | |
Menschen mit demenzieller Erkrankung im Krankenhaus“ Empfehlungen zum Thema | |
herausgegeben. Doch ob sie in den Häusern umgesetzt werden, wird nicht | |
geprüft. Dabei, so bedauert Wieking, könne man Best-practice-Beispiele | |
schaffen. | |
15 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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