# taz.de -- Animationsfilm „A Toy Story“, Teil vier: Eine Gabel zwischen M�… | |
> Gibt es eine Rolle für Spielzeuge fern des Kinderzimmers? Der | |
> Animationsfilm „A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando“ bietet | |
> Antworten. | |
Bild: Die große Frage diesmal: Gibt es eine Rolle für Spielzeuge jenseits des… | |
Die Formel vom „Film für die ganze Familie“ wird meist als | |
Abklassifizierung gebraucht, als Charakterisierung dafür, dass hier | |
lediglich der kleinste gemeinsame Nenner des generationenübergreifenden | |
Geschmacks erfüllt wird. Dass das Etikett der Familienfreundlichkeit aber | |
auch wörtlich verstanden werden kann, im Sinne von: so vielschichtig und | |
doppeldeutig, dass jede Generation etwas davon hat – dafür gibt es kaum ein | |
besseres Beispiel als das „Toy Story“-Franchise. | |
Einerseits ist da die bunt und dynamisch animierte, simple Prämisse, die | |
jedes Kind intuitiv versteht, nämlich, dass Spielzeuge leben und eine | |
eigene Existenz führen. In der neuesten Auflage des Stoffs um die | |
„Lebensgeschichte“ eines Woody genannten Spielzeug-Cowboys gilt die | |
Prämisse selbstverständlich auch für ein improvisiert aus Müllutensilien | |
gebasteltes Wesen. Kaum, dass die fünfjährige Bonny an ihrem ersten Tag im | |
Kindergarten eine Wegwerfgabel, einen abgelutschten Eiscreme-Stiel und | |
einen Pfeifenputzer zusammengeklebt und „Forky“ genannt hat, verfügt das | |
Wesen auch schon über eine Stimme – und einen eigenen Willen. | |
Dass dieses Wesen aber prompt eine Identitätskrise durchlebt, weil es sich | |
eigentlich dem Müll zugehörig fühlt – das ist das Andererseits der „Toy | |
Story“-Saga, die Seite, die Erwachsene allen Alters schätzen können, eine | |
wunderbar zwischen Ironie und Melancholie gehaltene metaphorische Ebene, | |
auf der es um die ganz großen Fragen geht: Wer bin ich und wenn ja, wie | |
viele von meiner Sorte gibt es noch? Oder noch tiefgründiger: Was ist der | |
Sinn des Lebens, wenn die Kindheit endet? | |
Anders gesagt, ist das eigentliche große Thema der „Toy Story“-Filme die | |
menschliche Angst vor dem Tod und dessen gefühlter Äquivalenz: dem | |
Überflüssigsein. Der erste Film von 1995 behandelte das Thema in Form einer | |
brüderlichen Konkurrenzgeschichte zwischen Woody und dem „Space Cowboy“ | |
Buzz Lightyear; der zweite Film von 1999 stellte sich der Frage der | |
Herkunft Woodys und damit auch der nach dem Weiterleben nach dem Tod, | |
sprich nach dem Aufgegebenwerden als Spielzeug. | |
[1][In Teil 3 von 2010] wurde das Aufgegebenwerden dann Wirklichkeit – das | |
Kind Andy brach zum College auf –, aber Woody und seine Kumpanen wurden vor | |
der Vernichtung noch einmal gerettet und in die Obhut eines neuen Kindes, | |
eben der bereits erwähnten Bonny übergeben. Teil 4 nun, mit dem auf Deutsch | |
völlig sinnfreien Titel „A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando“, setzt | |
nahtlos an Teil 3 an und ist doch von einem neuen Gefühl durchsetzt: Wo der | |
Cowboy-Sheriff Woody mit seinem Ordnungssinn einst als Stand-in für die | |
Eltern funktionierte, scheint er nun in die Großelternrolle gerutscht. | |
## Kraft im Hintergrund | |
Was soll auch eine moderne Fünfjährige noch mit ihm, einem Cowboy aus den | |
50ern? Statt um die Rolle des Lieblingsspielzeugs zu konkurrieren, | |
konzentriert sich Woody deshalb selbstlos als Kraft im Hintergrund auf das | |
Wohlbefinden „seines“ Kindes. Auch wenn das bedeutet, dass er eine | |
Wegwerfgabel mit Pfeifenputzerarmen davon abhalten muss, ständig in den | |
Mülleimer zu springen, weil Bonny ohne ihren „Forky“ nicht mehr kann. | |
Mehr denn je gerät „Toy Story 4“ dabei zur Nummernrevue: Der | |
Handlungsrahmen eines Familienausflugs, bei dem Forky verloren geht, Woody | |
in einem Antiquitäten-Shop festgehalten wird, während die anderen | |
Spielzeuge Hilfe auf einem Jahrmarkt suchen, liefert lediglich den Vorwand | |
für diverse „Action-Sequenzen“, die zur Marke „Toy Story“ gehören. Gi… | |
eine Rolle für Spielzeuge jenseits des Kinderzimmers? ist diesmal die große | |
Frage. | |
Der Satz „Du hast ein Kind!“ fällt mehrfach mit fast beängstigender | |
Intensität. Aber mit dem Auftauchen einer alten Bekannten findet der Film | |
eine bestechend charmante Antwort: Als „verlorenes Spielzeug“ können sich | |
Porzellanpüppchen und Holz-Cowboys vielleicht endlich ein Stück aus ihrem | |
engen Rollenkorsett befreien. | |
15 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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