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# taz.de -- Biografie des Schriftstellers Aldous Huxley: Sergeant Pepper’s Pa…
> Zum 125. Geburtstag erscheint eine umfassende neue Biografie des
> britischen Schriftstellers Aldous Huxley von Uwe Rasch und Gerhard
> Wagner.
Bild: Schriftsteller Aldous Huxley, 1962
Aldous Huxley gehört gewiss nicht zu jenen Schriftstellern, die irgendwann
im Orkus der Literaturgeschichte verschwunden sind. Schließlich fällt sein
Name zuverlässig immer dann, sobald Reproduktionsmedizin oder Klonforschung
wieder Schlagzeilen machen, stets gemeinsam mit dem Titel seines
dystopischen Weltbestsellers von 1932. Was allerdings in Vergessenheit
geriet, ist sein Werk jenseits von „Schöne neue Welt“. Als da wären solche
Romanklassiker wie „Kontrapunkt des Lebens“ und „Zeit muss enden“ oder
bedeutende Essays wie „Do What You Will“.
Ebenfalls kaum noch bekannt ist daher auch die faszinierende Persönlichkeit
dieses englischen Schriftstellers, der zwischen 1938 und seinem Todesjahr
1963 siebenmal für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen wurde. Hierzulande
sind nun die Huxley-Spezialisten Uwe Rasch und Gerhard Wagner angetreten,
den Autor zu seinem 125. Geburtstag mit einer neuen Biografie als
„überraschenden Zeitgenossen“ wiederzuentdecken. Das meint das Biografenduo
mit Blick auf die [1][Fridays-for-Future]-Demos durchaus wörtlich,
schließlich sei Huxley nicht nur ein Grenzgänger zwischen Literatur und
Wissenschaft gewesen, der unsere heutigen Probleme der Virtualisierung und
Dauerablenkung bereits hellsichtig reflektiert habe. Sondern eben auch ein
Pionier eines globalökologischen Denkens.
Tatsächlich warnte Huxley in seinen späten Essays eindringlich vor den
langfristigen Folgen einer Nutzung von Atomenergie und fossilen
Brennstoffen; als früher Kapitalismuskritiker warb er für ein neues,
vernetztes Denken. Zu diesem Zeitpunkt allerdings hatte das Huxley-Bild in
der Öffentlichkeit längst eine für seine posthume Wirkung fatale Spaltung
erfahren: Denn einerseits wurde der späte Huxley für seine Verehrer mehr
und mehr zu einem Weltweisen. Als Gesellschaftskritiker und Humanist war
der Schriftsteller schon während der beiden Weltkriege für den Pazifismus
eingetreten. In der Nachkriegszeit warnte er wie in unseren Tagen ein Al
Gore mit Vorträgen unermüdlich vor dem Ende der Menschheit und wurde zu
einem der Mitinitiatoren des kalifornischen Esalen-Instituts, bis heute ein
bedeutendes transreligiöses Weisheits- und Meditationszentrum.
Andererseits aber sahen viele Kritiker im Nachkriegs-Huxley einen
literarisch eher mittelmäßigen Autor, der sich mit seinem vielfältigen
Engagement zunehmend in einen Narren verwandelte. So warb er etwa dafür,
die „Alexander-Technik“ zur richtigen Körperhaltung auch beim Schuhebinden
anzuwenden, und schrieb ein Buch über das Augentraining nach Bates, das die
Brille überflüssig machen soll. Gar nicht erst zu reden von seinem Bericht
über seine Meskalinexperimente, in dem er Psychedelika als Abkürzung hin zu
mystischen Bewusstseinszuständen pries.
Umso lobenswerter daher die Äquidistanz zu Verehrung wie auch zu Spott, die
die Huxley-Biografie von Uwe Rasch und Gerhard Wagner ausmacht. Über den in
den Sechzigern immens wirkungsvollen Essay „Die Pforten der Wahrnehmung“
urteilen die Biografen, dass Huxley mit ihm zwar nicht zum Urvater der
Drogenbefürworter geworden sei, wohl aber „zu ihrem intellektuellen
Schutzheiligen“. Als solcher inspirierte seine Schrift bekanntlich die
Doors zu ihrem Bandnamen, und die Beatles verewigten den Verfasser in ihrer
berühmten Ahnengalerie auf dem Cover ihres Albums [2][„Sgt. Pepper’s
Lonely Hearts Club Band“]: Aldous, die Popikone.
## Beharrlich beim Potenzial
Neben Huxleys ökologischem Engagement beeindrucken vor allem zwei Aspekte
seines Schriftstellerlebens. Seine lebenslange Arbeit an sich selbst, zu
der auch seine Drogenexperimente gehören, ist einer davon. Huxley versuchte
beharrlich, sein gesamtes menschliches Potenzial zu verwirklichen. Dabei
sehen seine Biografen zwischen seinem lebenslangen Interesse an
Bewusstseinstechniken wie Hypnose und Meditation, an gesunder Ernährung
oder Alternativmedizin und den frühen Schicksalsschlägen in seinem Leben
einen Zusammenhang. Als Kind erlebte er, 1894 als Sohn einer berühmten
Intellektuellenfamilie geboren, nicht nur den Krebstod seiner Mutter und
den Selbstmord eines Bruders, sondern erlitt 1911 auch eine schwere
Augenerkrankung.
Der zweite eindrucksvolle Aspekt an Huxleys Leben ist sein Talent zu
Freundschaft und Networking. Verkehrte der junge Huxley in der Bloomsbury
Group um Virginia Woolf, so der späte im Hollywood-Jetset, Picknicks mit
Charlie Chaplin und Greta Garbo inklusive. Igor Strawinsky zählte ebenso zu
seinen Freunden wie der Astronom Edwin Hubble, der indische Philosoph
Krishnamurti oder der Skandalautor D. H. Lawrence.
Für Biografen ist ein solch begegnungsintensives Autorendasein Fluch und
Segen zugleich. Raschs und Wagners Darstellung ist vorzüglich lesbar und
kenntnisreich, gerät aber mitunter zum etwas ermüdenden Protokoll von
Kontakten und Reisen. Denn unterwegs war Huxley mit seiner ersten Frau
Maria ständig, ob im Bugatti-Sportwagen durch Europa oder auf Weltreise
durch Asien und Amerika. Hinzu kommt, dass fast alle persönlichen Dokumente
beim Brand seines Anwesens 1961 in den Hollywood Hills vernichtet wurden.
Deshalb bleibt über sein Eheleben leider vieles im Bereich der Spekulation,
etwa die polyamourösen Experimente, für die das Paar offen gewesen sein
soll.
Solche Neigungen hätten jedenfalls zu dem zeitlebens von großem
Erfahrungshunger geprägten Schriftsteller gepasst. Davon zeugt nicht
zuletzt sein Todestag. Denn seine letzten Momente erlebte der an
Kehlkopfkrebs Erkrankte mit maximal geschärftem Bewusstsein und
[3][glückselig im LSD-Rausch]. Was für ein schönes Beispiel für die Kunst
des Sterbens.
26 Jul 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Oliver Pfohlmann
## TAGS
Autor
Biografie
Roman
LSD
Ausstellung
Warp Records
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