Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Unregistrierte Geflüchtete in der Türkei: Der Druck wächst
> Der Unmut in der türkischen Bevölkerung gegen Geflüchtete steigt, vor
> allem in Istanbul. Das Land braucht ein Konzept zur Einwanderung.
Bild: Die Türkei muss sich dringend an ihre Rolle als Einwanderungsland gewöh…
Istanbul taz | In der Türkei wächst der Druck auf Geflüchtete. Insbesondere
in Istanbul verschärft der Staat die Suche nach illegalen Einwanderern –
und will die nicht in der Stadt registrierten Geflüchteten in andere
Provinzen bringen.
Allein in den letzten zwei Wochen sind rund 6.000 Menschen ohne gültige
Papiere in Istanbul festgenommen und abgeschoben oder in Lager in andere
Provinzen gebracht worden, darunter knapp 3.000 Afghanen, die über die
Grenze in den Iran abgeschoben wurden. Syrer ohne gültige Papiere sollen in
ein Lager in der Provinz Hatay gebracht worden sein.
Nach einer Verfügung des zuständigen Gouverneurs müssen alle syrischen
Geflüchteten, die nicht in Istanbul registriert sind, die Stadt nun bis zum
20. August verlassen. Insgesamt sind in Istanbul 547.000 syrische
Geflüchtete registriert. Tatsächlich sollen sich aber rund 300.000 mehr in
der Stadt niedergelassen haben, die eigentlich andernorts gemeldet sind.
Hintergrund dieser Maßnahmen dürfte sein, dass der Unmut gegenüber
Geflüchteten in der türkischen Bevölkerung auch angesichts der
Wirtschaftskrise im Land spürbar wächst. In Umfragen in den letzten Monaten
werden die knapp vier Millionen Geflüchteten immer häufiger als größtes
Problem des Landes bezeichnet.
## Zunehmende Ressentiments
Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2012 hat die Türkei fast vier
Millionen Menschen aufgenommen, die von dort geflohen sind – und die von
der türkischen Regierung als „Gäste“ bezeichnet werden.
Mittlerweile ist aber klar geworden, dass selbst [1][nach Beendigung der
Kampfhandlungen im Nachbarland] der größte Teil dieser Menschen nicht mehr
zurückkehren wird, weil in Syrien ihre Lebensgrundlage zerstört ist, die
Kinder in der Türkei in die Schule gehen, es dort eine medizinische
Versorgung gibt und die meisten auch Arbeit gefunden haben, wenn diese auch
schlecht bezahlt wird.
Gerade in den Zentren, wo sehr viele Flüchtlinge gelandet sind, neben
Istanbul noch Gaziantep, Sanliurfa und die Provinz Hatay, gibt es
zunehmende Ressentiments, die zu verbalen und teilweise auch tätlichen
Angriffen führen.
Innenminister Süleyman Soylu hat die jetzt für Istanbul angekündigten
Maßnahmen gerechtfertigt und die Kritik, man würde Syrer entgegen
internationalen Konventionen in Kriegsgebiete abschieben, zurückgewiesen.
„Kein Syrer“, so Soylu, „wird gegen seinen Willen zurückgeschickt“.
Allerdings unterstützt die Türkei rückkehrwillige Syrer und versucht, ihnen
eine Ansiedlung in den von der Türkei kontrollierten Gebieten in Nordsyrien
schmackhaft zu machen.
## Kein Konzept der Regierung
Regierungsnahe Zeitungen haben schon mal vorbeugend mögliche Kritiker aus
der EU darauf hingewiesen, dass die Türkei bislang weit mehr Flüchtlinge
aufgenommen hat, als die ganze EU zusammen. Trotz vereinzelter Ausfälle hat
die Opposition es bislang auch vermieden, die Flüchtlingsfrage
auszuschlachten.
Allerdings werden die kritischen Nachfragen an die Regierung dringlicher,
weil Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Regierung auch kein Konzept
erkennen lassen, wie sie langfristig mit den Geflüchteten umgehen wollen.
[2][Die Türkei, die bislang eher ein Transitland oder selbst
Auswanderungsland war], muss sich mit weitreichenden Integrationsmaßnahmen
darauf einstellen, als Einwanderungsland bestehen zu können. Es gibt dazu
zwar Studien, aber bislang noch kaum konkrete Ansätze.
24 Jul 2019
## LINKS
[1] /Krieg-in-Syrien/!5525532
[2] /Flucht-aus-der-Tuerkei-in-die-EU/!5484074
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Afghanistan
Istanbul
Geflüchtete
Türkei
EU-Türkei-Deal
taz.gazete
## ARTIKEL ZUM THEMA
Geflüchtete in der Türkei: Keine Heimat in Istanbul
Hassan al-Ali verlässt seine Wohnung aus Angst vor den Polizeirazzien nicht
mehr. Der Syrer fürchtet, aus der Türkei ausgewiesen zu werden.
Gastkommentar Lage in Syrien: Der EU-Türkei-Deal ist gescheitert
Mit den Abschiebungen ins Kriegsgebiet verstößt die Türkei gegen das
Abkommen mit Brüssel, kritisiert die NGO Adopt a Revolution.
Acht Jahre Krieg in Syrien: Der Totengräber von Izmir
Auf einem Friedhof im westtürkischen Izmir bestattet ein Syrer Geflüchtete,
die in der Türkei gestorben sind. Die Identität von vielen bleibt
ungeklärt.
SyrerInnen in der Türkei: „Warum kämpft ihr nicht?“
Viele sind vor dem syrischen Bürgerkrieg in die Türkei geflüchtet. Die
Militäroperation „Olivenzweig“ macht ihnen nun das Leben schwer.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.