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# taz.de -- Deutsches Sporttalent: Laufen ohne Kompromisse
> Konstanze Klosterhalfen bricht den deutschen Rekord über 5.000 Meter.
> Seit sie beim Nike Oregon Project trainiert, pulverisiert sie Bestzeiten.
Bild: Ein Jahrhunderttalent? Konstanze Klosterhalfen lief über 5000 Meter neue…
Berlin taz | Einsam zog sie ihre Bahnen. Konstanze Klosterhalfen war schon
in der ersten Runde des 5.000-Meter-Laufs allen ihren Konkurrentinnen
davongelaufen. Sie distanzierte Alina Reh, die Zweitplatzierte, schließlich
um etwa 300 Meter. Die Dritte des Rennens, Miriam Dattke, überrundete das
zierliche Laufwunder sogar kurz vor Schluss. Bei 14:26,76 Minuten blieb die
Uhr stehen. Neuer deutscher Rekord. Und was für einer! Klosterhalfen hatte
die bestehende, 20 Jahre alte Bestmarke der Frankfurterin Irina Mikitenko
mal locker um 15 Sekunden verbessert.
Klosterhalfen lief einen nach dem anderen Kilometer deutlich unter drei
Minuten, und hätte sie zu Beginn ihres Unternehmens vielleicht noch eine
Tempomacherin an ihrer Seite gehabt – und hätte sie in den Kurven nicht
immer den Pulk der Normalsterblichen umständlich und zeitraubend überrunden
müssen, diese 22-Jährige wäre vielleicht sogar in die Nähe des
Europarekords der Niederländerin Sifan Hassan (14:22,12 Minuten)
herangekommen.
Solche Leistungssprünge werfen gemeinhin Fragen auf, und chinesische
Lauftrainer verweisen in diesen Fällen gern mal auf die wundersame Wirkung
von Schildkrötenblut, aber Konstanze Klosterhalfen musste eigentlich nur
eine Abkürzung bemühen, um ihre gar nicht mal so überraschende Performance
auf der blauen Bahn des Berliner Olympiastadion ins rechte Licht zu rücken:
NOP, was für Nike Oregon Project steht.
Am Stammsitz des amerikanischen Sportartikelherstellers in Portland,
genauer in Beaverton im Westen der Großstadt, hat Nike unter der Leitung
des ehemaligen Weltklasse-Marathonis Alberto Salazar im Jahr 2001 ein
Lauflabor eröffnet. Der Brite Mo Farah wurde dort zum Olympiasieger
geformt, der US-Amerikaner Galen Rupp brachte es als NOP-Insasse zu einer
olympischen Silbermedaille über 10.000 Meter. Und seit ein paar Monaten ist
die Deutsche aus dem rheinischen Siebengebirge Mitglied der Truppe, deren
recht martialisches Logo – ein von Lorbeer umkränzter Totenkopf – auf die
Unerbittlichkeit des Trainingsansatzes hinweist.
## Die Dopingagentur ermittelt – bewiesen ist aber nichts
In Oregon werden keine halben Sachen gemacht. Kompromisslos arbeiten
Läufer, Trainer, Physios und andere Schnellmacher an nur einem Ziel: der
Optimierung von Leistungen. Dass dabei wohl auch Grenzen überschritten
wurden mit der mutmaßlichen Vergabe von zum Teil verbotenen Medikamenten
wie Testosteron ist noch immer Gegenstand von Ermittlungen der
US-Antidoping-Agentur Usada, die schon im Jahr 2002 die Legitimität der in
Oregon verwendeten Sauerstoffkammern anzweifelte. Nichts ist gerichtsfest
bewiesen, und kein NOP-Athlet wurde je positiv auf [1][Doping] getestet,
aber ehemalige Sportler und Sportlerinnen wie Kara Goucher oder der Coach
Steve Magness wussten in der Vergangenheit Belastendes zu berichten.
Und Konstanze Klosterhalfen? Fühlt sich von der einnehmenden Persönlichkeit
Salazars gut unterhalten. Er sei so ein lustiger, lieber Typ. „Also, ich
kann nur Positives über ihn berichten“, sagt die 46 Kilogramm leichte Frau,
die beim SSV Königswinter zuerst ihre Spikes schnürte. Generell ist sie
sehr angetan vom überaus professionellen Treiben in Portland. „Ich kann
dort auf einem viel höheren Niveau trainieren.“ Sie spricht über eine
„bessere Struktur“, „schnellere Einheiten“, von der „richtigen Mischu…
Sie habe ein „atemberaubendes Umfeld“ vorgefunden, das sie jeden Tag aufs
Neue fasziniere. „Die Trainer dort gehen super ins Detail, denken wirklich
über alles nach.“ Und: „Die denken wirklich in anderen Dimensionen, auch im
Training muss man manchmal an die Grenze gehen, um sie im Wettkampf zu
überwinden.“
Ihr Coach Steve Julian hat bestimmt viel Freude mit der sichtlich gereiften
Klosterhalfen, denn sie hat sich dem Laufen komplett verschrieben. „Ich
probiere, immer den Fokus zu halten und diszipliniert zu sein“, sagt sie.
Klosterhalfen geht förmlich in dem Sport auf und ist bereit, sich den
Anforderungen an eine Topathletin zu unterwerfen. „Ja, mein Ziel ist es, in
die Weltspitze vorzudringen, aber gerade vom Taktischen her habe ich noch
viel zu lernen.“ Das stimmt, denn in Deutschland ist Klosterhalfen als
Vorneweg-Läuferin bekannt geworden, die mit diesem taktischen Mittel
hierzulande alle in Grund und Boden gelaufen hat, aber wenn sie
international startete, kam sie damit nicht sehr weit. Besonders auffällig
wurde das bei der WM 2017, als sie im Halbfinale über 1.500 Meter wieder
einmal davonstürmte – und scheiterte.
## Das Training beim Project zeigt Wirkung
Bei der Heim-EM 2018 in Berlin wurde sie mit Kniebeschwerden nur Vierte
über 5.000. Es gab für sie also Handlungsbedarf, wollte sie nicht
stagnieren. Gut, dass sich in ihrem Umfeld ein Mann wie Oliver Mintzlaff
befand. Man kennt den Mann aus dem Fußball. Er ist Geschäftsführer bei RB
Leipzig. Der ehemalige Läufer und Ex-Marketingmanager von Puma ist in der
Nähe der Klosterhalfens in Königswinter-Bockeroth aufgewachsen. Mintzlaff,
der Klosterhalfen für ein „Jahrhunderttalent“ hält, stellte einen Kontakt
zu Nike her; das Nike-Sponsoring beim Bundesligisten dürfte dabei hilfreich
gewesen sein.
Konstanze Klosterhalfen vermisst drüben in den Staaten zwar ihre Familie,
auch „das Streiten mit meinen Brüdern“, aber von Anfang an schlug das
Training in Portland an. Sie verbesserte heuer in der Hallensaison etliche
persönliche Bestmarken und ließ draußen einen deutschen Rekord über 3.000
Meter folgen. Beim Diamond-League-Meeting in Stanford wurde sie in 8:20,07
Minuten Zweite hinter Sifan Hassan. Ihren eigenen Rekord pulverisierte sie
mal eben um neun Sekunden. Ihre Fortschritte sind riesengroß, bleibt nur zu
hoffen, dass es Trainer Pete Julian ernst meint, wenn er sagt: „Ich lege
sehr viel Wert auf die Gesundheit der Athleten.“
4 Aug 2019
## LINKS
[1] /Bisher-groesste-Anti-Doping-Razzia/!5606073
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
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