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# taz.de -- Britisches Brexit-Chaos: Johnson weiter auf No-Deal-Kurs
> Um einen Brexit ohne Abkommen zu verhindern, ist es schon zu spät, heißt
> es aus der britischen Regierung. Dabei schrumpft deren
> Parlamentsmehrheit.
Bild: Paradox: Der Versuch, ihn loszuwerden, könnte Premier Boris Johnson stä…
Berlin taz | Macht die Niederlage der regierenden britischen Konservativen
bei der parlamentarischen Nachwahl im Wahlkreis Brecon and Radnorshire am
vergangenen Donnerstag dem neuen Premierminister Boris Johnson einen
[1][No-Deal-Brexit] am 31. Oktober schwerer? Die [2][siegreichen
Liberaldemokraten] gehen davon aus – sie wollen den EU-Austritt
Großbritanniens verhindern, und je mehr Johnsons Mehrheit schrumpft, desto
näher wähnen sie sich ihrem Ziel. Die Konservativen und die sie
unterstützenden nordirischen Unionisten haben im Unterhaus jetzt nur noch
eine Stimme Vorsprung vor der versammelten Opposition.
Doch so einfach ist es nicht. Die britische Regierung muss für einen
Austritt aus der EU ohne Abkommen keine erneute Zustimmung des Parlaments
einholen. Denn das Parlament hat bereits im EU-Austrittsgesetz von 2017
festgeschrieben, wann die britische EU-Mitgliedschaft erlischt – damals war
es der 29. März 2019, inzwischen ist es nach zweimaliger Verschiebung der
31. Oktober. Eine Einhaltung dieses Datums, egal unter welchen Umständen,
bedarf keiner erneuten Billigung durch das Parlament. Das Parlament müsste
erst das Brexit-Gesetz verändern, wofür aber weder Zeit noch Mehrheiten in
Sicht sind.
Die Hoffnungen der Brexit-Gegner zielen daher darauf, die Johnson-Regierung
noch vor dem 31. Oktober zu kippen – per Misstrauensvotum, weswegen sie so
genau auf die Mehrheitsverhältnisse im Unterhaus schauen. Aber dies, so
rechnen an diesem Wochenende Regierungsangehörige vor, ist gar nicht mehr
möglich. „Um No Deal zu stoppen, ist es zu spät“, schlagzeilt der
konservative Sunday Telegraph unter Berufung auf ein Briefing von Johnsons
Chefberater Dominic Cummings, ehemaliger Wahlkampfstratege der
Brexit-Kampagne, an die konservative Parlamentsfraktion.
Cummings’ Szenario: Sollte das Parlament Johnson das Misstrauen aussprechen
und damit Neuwahlen einleiten, wird das Parlament zwangsläufig aufgelöst –
und tritt dann erst nach dem Brexit am 31. Oktober wieder zusammen. So
lange regiert Johnson weiter und kann Großbritannien unbekümmert am 31.
Oktober aus der EU führen.
## Johnson würde vom Misstrauensvotum profitieren
Wenn sie Boris Johnson stürzen, könnten die Abgeordneten einen
No-Deal-Brexit also erst recht nicht mehr verhindern. Vielmehr würden sie
Johnson eine Steilvorlage für einen Wahltriumph bieten. Umfragen zufolge
wären die Chancen der Konservativen bei vorgezogenen Neuwahlen dann am
größten, wenn unmittelbar nach dem Brexit gewählt wird. Denn dann würde
Nigel Farages Brexit Party ihren Sinn verlieren und das rechte Lager würde
sich wieder um die Konservativen vereinen, während die Linke zwischen
proeuropäischen Liberaldemokraten und einer Corbyn-dominierten
Labour-Partei gespalten bliebe.
Das Zeitkorsett entstammt dem britischen Wahlgesetz. Ein erfolgreiches
Misstrauensvotum – den Antrag dafür darf nur der Oppositionsführer stellen,
also Jeremy Corbyn – eröffnet eine 14-Tage-Frist, in der entweder der
Antragsteller oder der scheidende Regierungschef versuchen kann, eine
Mehrheit im Parlament zu gewinnen. Sollte das scheitern, beantragt die
Regierung bei der Queen die Auflösung des Parlaments. Frühestens 25
Arbeitstage – also fünf Wochen – später gibt es dann Neuwahlen, es kann
aber auch länger dauern.
Da in Großbritannien immer donnerstags gewählt wird und der 31. Oktober auf
einen Donnerstag fällt, müsste spätestens am 24. Oktober gewählt werden,
damit eine neue Regierung den Brexit-Termin verschieben oder absagen
könnte. Dafür, das hat der Thinktank Institute for Government vorgerechnet,
müsste Boris Johnson spätestens am 3. September ein Misstrauensvotum
verlieren – am ersten Sitzungstag nach der Sommerpause. Da eine
Vertrauensfrage spätestens am Sitzungstag vor der Abstimmung eingebracht
werden muss, hätte Corbyn vor der Sommerpause zuschlagen müssen. Das hat
er, [3][trotz oder gerade wegen dringender Aufforderung durch die
Liberaldemokraten], nicht getan.
4 Aug 2019
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Brexit/!t5313864/
[2] /Unterhaus-Nachwahl-in-Wales/!5615126
[3] /Politische-Krise-Grossbritannniens/!5601028
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Schwerpunkt Brexit
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