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# taz.de -- Kommunalwahlen in Albanien: Kaum wer geht hin
> Am Sonntag gab es in Albanien Kommunalwahlen. Mit um die 20 Prozent
> dürfte die Wahlbeteiligung die niedrigste in der Geschichte des Landes
> sein.
Bild: 12.000 Polizisten waren bei der Wahl insgesamt im Einsatz
Split taz | Zwar kam es am Sonntag nicht zu den befürchteten militanten
Auseinandersetzungen, doch die trotz aller Proteste von der
Regierungspartei durchgesetzten Kommunalwahlen in Albanien standen unter
keinem günstigen Stern. Nach ersten Tendenzen dürfte die Wahlbeteiligung
mit um die 20 Prozent die niedrigste in der Geschichte des Landes sein.
Regierungschef Edi Rama wollte die Kommunalwahlen um jeden Preis abhalten
lassen, obwohl die Opposition unter Führung der Demokratischen Partei seit
Monaten genau dies verhindern wollte. Oppositionsführer Llulzim Basha hatte
am Samstagabend die Bevölkerung nochmals aufgerufen, die Wahl zu
boykottieren.
In Tirana zogen Protestler von Wahllokal zu Wahllokal, um Wahlwillige
abzuschrecken. In den Städten Durres und Skodra kam es zu kleineren
Zwischenfällen, die Störer wurden festgenommen.
Im Ganzen jedoch blieb die Lage erstaunlich ruhig. 12.000 Polizisten waren
im Einsatz. Die Wahlergebnisse sind bisher noch nicht bekannt geworden.
## Mehr Stimmzettel als Wahlberechtigte
Wahlfälschungen sind indes keineswegs ausgeschlossen: In der Gemeinde
Malesi e Madhe etwa soll der Kandidat der Sozialisten nach Informationen
eines lokalen Senders mit 7772 Stimmen die von der Wahlkommission
festgestellten 7600 Wahlberechtigten beträchtlich überschritten haben.
Die beiden politischen Lager in Albanien, die „Sozialistische Partei“ und
die „Demokratische Partei“, stehen sich seit Jahrzehnten unversöhnlich
gegenüber. Beiden Lagern wird vorgeworfen, es gehe ihnen vor allem darum,
die Pfründe des Staates für die eigenen Leute abzusichern.
Jede Seite beschuldigt die andere, korrupt zu sein. In den Augen der
Opposition ist Regierungschef Edi Rama Chef eines Drogenkartells, in den
Augen der Sozialisten kämpfte die Opposition nur deshalb so vehement, weil
die von der Regierung begonnene Justizreform gerade deren Machtstrukturen
empfindlich trifft. Viele der Richter und Staatsanwälte, die während der
Herrschaft der Demokratischen Partei eingestellt wurden, konnten nach
Prüfung ihrer Eigentumsverhältnisse nicht belegen, wie sie zu ihrem
Reichtum gekommen sind.
Die Demokratische Partei fordert schon länger Ramas Rücktritt sowie eine
vorgezogene Parlamentswahl. Mehr als 60 ihrer Abgeordneten und deren
Verbündete hatten Ende Februar aus Protest ihre Mandate niedergelegt.
## Mangel an Verantwortungsbewusstsein
Beide Seiten wollen die Integration des Landes in die EU anstreben, sie
sehen sich jedoch nicht in der Lage, gemeinsam Reformen durchzusetzen, die
Voraussetzung für eine Mitgliedschaft sind. Es fehle in beiden politischen
Lagern an Verantwortungsbewusstsein, monieren ausländische Diplomaten und
die Vertreter der deutschen politischen Stiftungen seit langem.
Immerhin will die EU Gespräche mit Albanien und Nordmazedonien aufnehmen.
Während Nordmazedonien große Chancen hat, Schritte in Richtung EU zu
unternehmen, besteht die Gefahr, dass sich Albanien von selbst ins Abseits
bewegt. Die Kommunalwahlen vom Sonntag bringen das Land wohl kaum voran.
1 Jul 2019
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Albanien
Edi Rama
Wahlbetrug
Albanien
Theater
Edi Rama
Protest
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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