# taz.de -- Fangstopp für Dorsch in östlicher Ostsee: EU macht ernst | |
> Bis zum Jahresende darf in der östlichen Ostsee kein Dorsch mehr gefangen | |
> werden. Die Hoffnung ist, das Schwinden der Bestände zu vermeiden. | |
Bild: Soll ab sofort am Leben und im Wasser bleiben: Dorsch aus der Ostsee | |
HAMBURG taz | Für Claus Ubl ist es „blinder Aktionismus“. Der Fangstopp f�… | |
Dorsch in der östlichen Ostsee, den die EU vom Mittwoch an bis zum | |
Jahresende verfügt hat, „ist eine drakonische und extreme Sofortmaßnahme“, | |
sagt der Sprecher des Deutschen Fischerei-Verbandes mit Sitz in Hamburg. | |
Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass ein Fangstopp | |
„praktisch keinen Nutzen für den Wiederaufbau des Bestandes“ brächte, aber | |
„ein hohes Risiko für den Zusammenbruch von Fischereibetrieben“ darstelle. | |
Das Verbot gilt ab sofort bis zum 31. Dezember in den Fanggründen zwischen | |
Mecklenburg-Vorpommern, Schweden und dem Baltikum. Die flachen | |
Boddengewässer östlich von Rügen sind von dem Verbot allerdings | |
ausgenommen, auch dürfen zwei Fischereitechniken, bei denen Dorsch in | |
geringem Maße als Beifang anfällt, weiterhin angewandt werden. „Wir müssen | |
rasch handeln, um den Bestand zum Wohl der Fische und im Interesse der | |
Fischer wieder aufzufüllen“, hatte der zuständige EU-Kommissar, Karmenu | |
Vella, am Dienstagabend in Brüssel erklärt. Sonst drohten die | |
Dorschbestände zusammenzubrechen. | |
Vella begründete das Verbot mit Erkenntnissen des Internationalen Rats für | |
Meeresforschung (ICES). Das Verbot kommt nicht überraschend. | |
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte bereits Anfang Juli | |
angekündigt, dass die EU den Fang angesichts des schlechten Zustands der | |
Dorschbestände wohl bald einschränken werde. | |
Der Fischerei-Verband gesteht zwar zu, dass der Dorsch in der östlichen | |
Ostsee „in einem schlechten Zustand“ sei, jedoch sei er „nicht akut vom | |
Aussterben bedroht“, so Ubl. Die Entscheidungen der EU-Kommission seien | |
deshalb „überzogen“. Leidtragende seien vornehmlich die kleinen | |
Berufsfischer, die nun ihre „Fangplanung in die Tonne treten“ könnten. | |
Uwe Krumme, stellvertretender Leiter des Thünen-Instituts für | |
Ostseefischerei in Rostock, glaubt, dass „aus wissenschaftlicher Sicht ein | |
sofortiger Fangstopp am Zustand des Ostdorsch-Bestandes wenig ändern wird.“ | |
Man könne zwar bis Ende 2020 mit einem um vier Prozent höheren | |
Elternbestand rechnen. „Ob wir das am Ende überhaupt messen können, wage | |
ich zu bezweifeln“, sagte Krumme den Lübecker Nachrichten. | |
Verantwortlich für die schlechte Lage der Dorsche sei aber nicht nur die | |
Fischerei, eine größere Rolle spielten Umwelteinflüsse wie die Überdüngung | |
durch die Landwirtschaft und damit weniger Sauerstoff in den tiefen Becken | |
der Ostsee. „Da müsste die Politik langfristig ansetzen“, fordert Krumme. | |
Der Umweltstiftung WWF geht der Fangstopp wegen der Ausnahmeregelungen | |
nicht weit genug. Fischereiexpertin Stella Nemecky hätte lieber ein | |
uneingeschränktes Fangverbot bis Dezember gesehen. Die Sofortmaßnahme | |
untersage zwar direkte Dorschfischerei mit Grundschleppnetzen sowie mit | |
Stellnetzen in Wassertiefen ab 20 Metern. Alle Fischerei, die nicht gezielt | |
auf Dorsch gehe, bleibe jedoch erlaubt. Dadurch würde das Verbot , so | |
Nemecky, „weder junge noch laichende Fische schützen“. | |
25 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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