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# taz.de -- Amtsantritt von Boris Johnson: Populisten haben gut lachen
> Wenn der neue Premier seine vollmundigen Versprechen nicht hält, werden
> ihm seine Wähler das wohl kaum verübeln. Doch Politik ist kein Spiel.
Bild: Vom polarisierenden Provokateur zum verantwortungsbewussten Politiker? Wo…
Menschen ändern sich nicht über Nacht, schon gar nicht, wenn sie mit ihrem
Verhalten erfolgreich sind. Deshalb sind Hoffnungen zwar ehrenwert,
[1][Boris Johnson werde sich mit seiner Ernennung zum britischen
Premierminister] vom polarisierenden Provokateur zum
verantwortungsbewussten Politiker wandeln – hat nicht auch er eine zweite,
dritte oder 24. Chance verdient? –, aber sie werden enttäuscht werden.
Ebenso wie der in dieser Zeitung geäußerte Wunsch, er könne verhindern,
dass Großbritannien in einen „unversöhnlichen Kulturkampf“ schlittere. Das
kann schon deshalb nicht gelingen, weil da längst nichts und niemand mehr
schlittert. Der Kulturkampf tobt bereits, und zwar nicht zwischen jenen,
[2][die den Brexit befürworten und denen, die ihn ablehnen]. Für diese
Positionen gibt es ja durchaus sachliche Argumente, da müsste nicht gleich
die Systemfrage gestellt werden.
Aber es geht gar nicht mehr um einen konkreten inhaltlichen Streit,
jedenfalls nicht in erster Linie. Sondern darum, dass es eine steigende
Zahl von Leuten gibt, die nur noch Verachtung für die politische Klasse und
die demokratischen Institutionen empfinden, und denen es gefällt, wenn
jemand sich nicht an die Spielregeln hält. Nicht nur in Großbritannien
übrigens.
Sollte Boris Johnson seine vollmundigen Versprechen nicht erfüllen können
oder wollen, dann werden die meisten derjenigen, die ihn gewählt haben, ihm
das vermutlich nicht besonders übel nehmen. Schließlich haben sie ihm auch
nicht verübelt, dass er während der Kampagne für den Austritt aus der EU
dreist gelogen hat.
Die Fangemeinde von US-Präsident Donald Trump stört sich auch nicht an
seinen rassistischen Äußerungen und seinen nachgewiesenen Lügen. Und
hierzulande kann die AfD noch so rechtsradikal und nationalistisch
auftreten – es gibt offenbar keine Grenzüberschreitung, die ihr schaden
würde.
Zwei Probleme ergeben sich daraus, und bisher ist noch niemandem eine
Lösung dafür eingefallen. Das eine: Politik ist eben kein Spiel. Die
Entscheidungen, die von Regierungen und Parlamenten getroffen werden, haben
unmittelbaren Einfluss auf die Lebensverhältnisse der Bevölkerung. Der
Brexit wird Existenzen vernichten. Das kann man für unvermeidlich halten
auf dem Weg zu einem vermeintlich höheren Ziel. Aber lustig ist das nicht.
Egal, was für eine Frisur Boris Johnson trägt.
Das zweite Problem ist, dass sich bislang kein Weg abzeichnet, wie
diejenigen, die das System und den ganzen politischen Betrieb nur noch satt
haben, für eine sachliche Diskussion zurückgewonnen werden können. Solange
das so bleibt, haben Populisten weiterhin gut lachen.
25 Jul 2019
## LINKS
[1] /Kuenftiger-Premier-Grossbritanniens/!5608100
[2] /Kolumne-Schlagloch/!5599250
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Kommentar
Boris Johnson
Populismus
Kulturkampf
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Schwerpunkt Brexit
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