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# taz.de -- Prozessauftakt im Missbrauchsfall Lügde: Alle Angeklagten gestehen
> In Detmold hat der Prozess um hundertfachen Kindesmissbrauch auf einem
> Campingplatz in Lügde begonnen. Alle drei Angeklagten legen Geständnisse
> ab.
Bild: Durch die Geständnisse könnten den Opfern Zeugenaussagen erspart bleiben
Detmold dpa | Im [1][Prozess um hundertfachen Missbrauch von Kindern] auf
einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde haben alle drei
Angeklagten am ersten Verhandlungstag überraschend Geständnisse abgelegt.
Andreas V. (56) und Mario S. (34) – die beiden Hauptangeklagten – räumten
die angeklagten Taten am Donnerstag vor dem Detmolder Landgericht über ihre
Verteidiger weitestgehend ein. Bei den Ermittlungen waren mehr als 40 Opfer
identifiziert worden, angeklagt sind sexuelle Gewalttaten gegen 34
minderjährige Opfer.
Auch der dritte Angeklagte Heiko V. (49) räumte über seinen Verteidiger die
Vorwürfe wenig später ein. Das schilderten Nebenklägeranwälte – die
Öffentlichkeit war von der Verlesung der Erklärung ausgeschlossen.
Zu Beginn des Strafverfahrens betonte die Vorsitzende Richterin Anke
Grudda: „Die Anschuldigungen lassen niemanden unberührt.“ Sie fügte hinzu:
„Das macht alles fassungslos.“ Das Gericht werde aber unvoreingenommen und
unparteiisch arbeiten.
Bei der Verlesung der zwei Anklageschriften mussten Zuschauer und
Medienvertreter am Morgen den Saal verlassen. Grudda begründete das mit dem
schutzwürdigen Interessen der Opfer. Deren Namen seien in den Anklagen
genannt. Ebenso würden die vorgeworfenen Missbrauchstaten im Detail
aufgeführt, die gegen die Kinder und Jugendlichen verübt worden sein
sollen.
## Andreas V. werden 300 Straftaten vorgeworfen
Am Prozess gegen Andreas V. aus Lügde, Mario S. aus Steinheim (NRW) und
Heiko V. aus Stade (Niedersachsen) nahmen auch 18 Anwälte teil, die 28
Opfer als Nebenkläger vertreten. Opferanwalt Christian Thüner sagte kurz
vor Behandlungsbeginn, er hoffe auf Geständnisse. So könnten den Opfern
Zeugenaussagen wohl erspart bleiben.
Die Taten sollen sich vor allem auf einem Campingplatz in Lügde an der
Grenze zu Niedersachsen ereignet haben. Andreas V. werden fast 300
Straftaten vorgeworfen. Er soll im Sommer 1998 und von 2008 bis 2018
insgesamt 23 Mädchen teilweise schwere sexuelle Gewalt angetan haben. Bei
ihm fanden sich fast 900 Bild- und Videodateien, die sexuelle Übergriffe
auf Minderjährige zeigen.
Der 34-jährige Mario S. ist angeklagt, in rund 160 Fällen acht Mädchen und
neun Jungen missbraucht zu haben. Der Mann soll die Gewalttaten über einen
Zeitraum von 20 Jahren ab 1999 auf dem Campingplatz und in seiner Wohnung
verübt haben. Bei ihm wurden rund 4800 Bild- und Videodateien mit kinder-
und jugendpornografischem Material sichergestellt.
Den Vorwürfen zufolge hatten beide Männer manche Gewalttaten gefilmt.
Einige Kinder wurden Opfer sowohl von Andreas V. als auch auch von Mario S.
Alle Opfer waren minderjährig, die jüngsten sollen erst vier Jahre alt
gewesen sein. Beide Hauptangeklagten sollen auch vergewaltigt haben. Heiko
V. soll nicht selbst Gewalt ausgeübt haben, sondern an mehreren
Webcam-Übertragungen teilgenommen und teils zu den Taten angestiftet haben.
Die beiden Hauptangeklagten räumten die Vorwürfe aus der Anklage
weitestgehend ein, allerdings bestritten sie rund ein Dutzend Fälle. Zum
Teil gaben sie an, sich an diese Taten nicht erinnern zu können. Bei
anderen Fällen sahen sie Verwechselungen der Opfer mit dem jeweils anderen
Angeklagten. In einem Fall gab Mario S. an, als 13-Jähriger zum
Tatzeitpunkt nach einem Umzug nicht mehr am vermeintlichen Tatort gewohnt
zu haben.
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Das Gericht will einige Opfer als
Zeugen befragen. Nach Auskunft ihrer Anwälte soll es dabei aber nach den
Geständnissen nicht mehr um die konkreten Taten gehe
27 Jun 2019
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