# taz.de -- Berlin feiert Mondlandung mit Astro-Alex: Es gibt keinen deutschen … | |
> 50 Jahre Mondlandung: Das Zeiss-Planetarium feiert das Jubiläum mit | |
> Alexander Gerst und 50 ausgelosten Familien – bis zum Gewitter. | |
Bild: Studierter Vulkanologe und netter Astronaut von nebenan: Alexander Gerst | |
BERLIN taz | Familienfest im Berliner Zeiss-Großplanetarium. Der Stadtteil | |
Prenzlauer Berg sieht eher selten solch sehr irdische Gesandtschaften: | |
Hunderte Familien aus dem Berliner Umland landen am Samstag pünktlich auf | |
dem sommerlichen Grün vor der spacigen Kugel an: Mondfest! 50 Erdenjahre | |
zuvor hatte erstmals ein Mensch den Fuß auf die Oberfläche des Erdtrabanten | |
gesetzt. Hier und heute gibt’s Eis, Döner und Cola aus dem Rucksack. | |
Ein kleiner Astronaut rammt ein Hertha-Fähnchen in den Rasen. „Wir sind aus | |
Groß Kreutz“, sagt die Mama, der Papa macht die Fotos. 1987 hatte die DDR | |
das populäre Wissenschaftstheater im Thälmann-Park eröffnet. Space is the | |
place: Wenn’s hier drinnen nicht mehr läuft, muss die Hoffnung eben janz | |
weit draußen liegen. | |
Bei der Pressekonferenz mit dem Astronauten Alexander Gerst will die | |
Vertreterin von Springers „Welt-Fernsehen“ wissen, wie es weitergeht, wenn | |
das Weltall zu Ende ist: „Da muss doch was kommen!“ – Das schiere Nichts? | |
Unvorstellbar. Und so erzählt der Astronaut im Blaumann mit | |
Raumschiffaufnähern lieber von seiner „Freundschaft“ zu Sigmund Jähn, dem | |
in Strausberg bei Berlin lebenden Kosmonauten. Gerst hat ihn auf dessen | |
Sommerdatscha besucht. Ansonsten telefoniere man und sei „an Philosophie | |
interessiert“. | |
Sowieso scheint der studierte Vulkanologe Gerst, der 197 Tage auf der | |
internationalen Raumstation ISS verbrachte, ein guter Typ zu sein. Als bei | |
der Fragestunde im Inneren der Kuppel die Projektionen aufhören und die | |
Kinder Fragen stellen dürfen, antwortet er: „Mein größter Wunsch? Dass die | |
ganze Menschheit immer friedlich zusammenarbeitet.“ | |
## Nur eine Menschheit | |
Es gebe nur eine Menschheit, eine ökosensible Erde und eine Raumfahrt. | |
Überhaupt, etwas Besseres als die Nation: Würden Spuren von Leben auf dem | |
Mars gefunden, „können wir uns sicher sein, dass da draußen das Leben nur | |
so blüht“. Und bitte erforschen; eine Rakete ins All verbrauche nur so viel | |
Kerosin wie ein einzelner Transatlantikflug. Ab dem nächsten Fortschritt in | |
der Antriebstechnik nur noch klimaschonenden Wasserstoff. | |
Auch wichtig: Weit mehr Bewerberinnen für den Astronaut*innenjob seien | |
willkommen, eröffnet Gerst noch in Richtung der Mädchen im Saal. | |
Gegenwärtig seien es „nur 17 Prozent“. Eine Raumstation müsse aber auch e… | |
Abbild der Erdgesellschaft sein. | |
Der Planetariumsdirektor dankt „Astro-Alex“, das ausgeloste Publikum feiert | |
ihn. Die Mehrheit kann weiter im Foyer via „esa-tv“, dem YouTube-Kanal der | |
europäischen Weltraumagentur, zuschauen, wie die amerikanische Apollo 50 | |
mit russischer Sojus-Kapsel und europäischen Apparaten aus dem kasachischen | |
Baikonur gen All abhebt. Zweite Stufe abgesprengt: Geht alles glatt! Die | |
Wissenschaftler*innen Agnes Meyer-Brandis und Torsten Kriening erzählen | |
dann noch etwas von kommenden Mondmissionen. Der Erdenmond soll künftig als | |
Station zur weiteren Erkundung der Galaxie dienen, sogar Gänse sollen | |
angesiedelt werden. | |
Die Familien schauen sich derweil in der Kuppel um. Der sendungsbewusste | |
Direktor lädt schließlich alle, drinnen wie draußen, zum Picknick ein. Es | |
soll eine lange laue Mondnacht werden mit dem Rücken zum Boden, dem Blick | |
zum Firmament und Pace auf Erden. „Denn das bist du nicht gewohnt, guter | |
Mond, guter Mond“, könnte mit Kurt Tucholsky angemerkt werden („An den | |
deutschen Mond“, 1920). Wird es aber nicht. | |
Doch die Unendlichkeit fällt ins Wasser. Am Abend verdeckt eine Wolkendecke | |
den bestirnten Himmel über Prenzlauer Berg. So ist die angekündigte Passage | |
der ISS mit bloßem Auge einfach nicht zu erkennen. Es blitzt und donnert. | |
Aber das steht der Kugel hier unten auch ganz gut. Kurz leuchtet sie wie | |
ein irdischer Vertreter des sympathischen Erdtrabanten auf. Es schifft wie | |
aus Eimern, die Weinschorle schmeckt auch im profanen Toscana-Schuppen | |
gegenüber. Größter Vorteil: Es regnet nicht ins Glas. | |
21 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Anselm Lenz | |
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