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# taz.de -- TV-Debatte der US-DemokratInnen: Eine radikal linke Veranstaltung
> Keine persönlichen Attacken, dafür viele Ideen: Alle DemokratInnen wollen
> ökonomische Umverteilung und eine andere Klima- und Iran-Politik.
Bild: Sachlich und ideenreich: die Debatte der zehn US-DemokratInnen
New York taz | „Adiós Donald Trump“. So benannte Julian Castro das
gemeinsame Ziel der 24 konkurrierenden demokratischen KandidatInnen, von
denen sich zehn am Mittwoch Abend in Miami [1][zur ersten TV-Debatte dieser
Präsidentschaftssaison getroffen haben]. Nicht nur wegen solcher Sätze ging
der ehemalige Wohnungsbauminister und frühere Bürgermeister der texanischen
Stadt San Antonio, Castro, als ein klarer Star aus der zweistündigen Runde
hervor. Der 44-Jährige, der dem großen Publikum noch weitgehend unbekannt
ist, blieb ruhig und freundlich im Ton und war zugleich kompetent und klar
in der Sache. Dazu konnte er eine familiäre Tellerwäscherkarriere liefern,
wie die US-WählerInnen sie lieben.
Um sich bei dem großen Andrang von DemokratInnen auf das Weißen Haus zu
qualifizieren, spielen solche Qualitäten eine wichtige Rolle. Doch was die
nun begonnene demokratische Kampagne abgesehen von der Vielzahl an
KandidatInnen besonders macht, sind sowohl ihr Stil, als auch ihre Themen.
Stilistisch war der Mittwoch Abend von der Debatte politischer Ideen und
der beinahe kompletten Abwesenheit persönlicher Attacken (selbst gegen den
gegenwärtigen Präsidenten) geprägt. Inhaltlich und semantisch klangen die
zwei Stunden über lange Strecken wie eine radikal linke Veranstaltung, die
sich weit von der jüngeren Geschichte der Partei entfernt hat.
Alle zehn DemokratInnen verlangten ökonomische Umverteilungen,
Krankenversicherungen für alle, eine radikal andere Klima- und
Iran-Politik, mehr Schusswaffenkontrollen und eine Willkommenskultur
gegenüber ImmigrantInnen. Immer wieder fiel in der Debatte das
jahrzehntelang verpönte Stichwort „Arbeiterklasse“ während die „Middle
Class“ keine einzige Erwähnung fand. Und alle TeilnehmerInnen versprachen
eine härtere Gangart gegenüber großen Konzernen.
Senatorin Elizabeth Warren, die als umfragenstärkste der zehn in die
Debatte am Mittwoch Abend kam, verteidigte das Recht von Frauen, selbst
über ihren Körper zu entscheiden, und beschrieb schon in ihren ersten
Sätzen eine Ökonomie, die „großartig für die Pharmaindustrie und die
privaten Gefängnisse“ sei, während die große Menge der Beschäftigten leid…
„Wir müssen zurückkämpfen“, sagte Warren später und versprach, dass sie…
aus dem Weißen Haus tun werde.
## Für Chancengleichheit, gegen Diskriminierung
Die Harvard-Jura-Professorin ist bekannt als die Kandidatin, die für alles
einen Plan hat. Die besonders sorgfältig vorbereitet ist. Doch am Mittwoch
geriet die 70-Jährige immer wieder in den Hintergrund, während sich mehrere
jüngere KandidatInnen zu profilieren versuchten.
Der Texaner Beto O'Rourke versuchte es, indem er ein paar Sätze auf
Spanisch vortrug. Während O'Rourke sich mit starkem Akzent bei
Latino-WählerInnen anbiederte, verzog ein paar Plätze neben ihm der
afro-amerikanische Senator Cory Booker gequält das Gesicht. Aber bei der
konkreten Einwanderungspolitik und der Zukunft der Krankenversicherung
blieb O'Rourke, der eine Weile als neuer Star gehandelt worden war, vager
als andere DemokratInnen.
Booker, der in einem innerstädtischen Teil von Newark lebt, konzentrierte
sich auf die ökonomische Ungleichheit und die Gewalt gegen „Communities mit
niedrigem Einkommen“ und gegen „braune und schwarze Amerikaner“. Er nannte
eine staatliche Krankenversicherung für alle ein „Menschenrecht und ein
amerikanisches Recht“. Und er begründete, dass die Kinder von
Nichtversicherten schlechtere Chancen in der Schule, im Beruf und als
Rentner hätten.
## Kriege beenden, Konzerne stoppen
Mit einem klaren Ein-Punkt-Programm kam der Gouverneur von Washington, Jay
Inslee, in die Debatte. Als einziger Kandidat will er als Präsident die
Klimapolitik zu seiner obersten Priorität machen. Auf die Frage, was die
nationale Sicherheit der USA am stärksten gefährde, gab er die Antwort
„Donald Trump“. Auch die hawaianische Abgeordnete Tulsi Gabbard kam mit
einem Programm, das sie von allen anderen unterscheidet: die
Irak-Kriegsveteranin will die Kriege der USA beenden. Als größte
Sicherheitsgefahr betrachtet sich die Atomkriegsdrohung.
Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, einer der Kandidaten auf
weitgehend aussichtsloser Position (1 Prozent laut Umfragen der
Demokratischen Partei) nannte seine eigene Kommunalpolitik von Erhöhung des
Mindestlohns auf 15 Dollar die Stunde und von Kindergartenplätzen für alle
als Vorbild für seine Arbeit als Präsident. Als Argument gegen die
Spaltmanöver des gegenwärtigen Präsidenten sagte de Blasio: „wenn es Euch
ökonomisch schlecht geht, liegt das nicht an den Immigranten, sondern an
den großen Konzernen“.
Am Donnerstagabend werden zehn weitere KandidatInnen in Miami debattieren.
Unter ihnen sind auch die beiden bisherigen Umfragenanführer, der moderate
Joe Biden und der demokratische Sozialist, Bernie Sanders.
27 Jun 2019
## LINKS
[1] /Vorwahlkampf-in-den-USA/!5602465
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
US-Wahl 2024
Donald Trump
US-Demokraten
Schwerpunkt Iran
Mike Pence
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