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# taz.de -- Politiker als feste Zeitungskolumnisten: Ungute Mischung
> Friedrich Merz bekommt eine wöchentliche Kolumne in der „Welt am
> Sonntag“, Sigmar Gabriel ist Autor der Holtzbrinck-Medien. Das ist
> gefährlich.
Bild: Spricht nicht mehr nur, sondern schreibt mittlerweile auch: Friedrich Mer…
Friedrich Merz hat einen neuen Job: politischer Kolumnist der Welt am
Sonntag. In seinem ersten „[1][Merz meint]“ schrieb er gerade, dass sich
immer mehr Polizisten und Soldaten der AfD zuwendeten – nicht etwa, weil
sie rechts seien, sondern weil sie sich von Union und SPD alleingelassen
fühlten. Die Umarmung der AfD-Wähler ist Merz’ derzeitiges Lieblingsthema.
Parallel zu seiner ersten WamS-Kolumne gab er der Dresdner Morgenpost am
Sonntag ein Interview mit ähnlichem Duktus.
Es ist also nicht so, als käme Friedrich Merz, der ehemalige
Unions-Fraktionsvorsitzende und Wirtschaftslobbyist, nicht in der Presse
vor. Im Gegenteil: Dafür, dass er kein politisches Mandat hat, ist er
gerade auffallend präsent. Das dürfte daran liegen, dass er [2][sein
politisches Comeback vorbereitet]. Ein fester Kolumnenplatz in einer
Zeitung ist dabei natürlich hilfreich. Dass es zwischen Friedrich Merz und
der Springer-Presse [3][eine Nähe gibt,] ist nicht neu. Dass die allerdings
so groß ist, dass sich die WamS zur Aufstiegsgehilfin von Merz macht, ist
bemerkenswert.
Auch Sigmar Gabriel darf seine Ansichten regelmäßig in eine Zeitung
schreiben. Seit einem Jahr ist Gabriel, immerhin Mitglied des Bundestags,
„Autor und Gesprächspartner“ der Medien der Holtzbrinck-Gruppe (unter
anderem Handelsblatt, Tagesspiegel, Wirtschaftswoche und Zeit). Er verdient
damit [4][zwischen 15.001 und 30.000 Euro im Monat], so gibt er es auf
seiner Webseite an.
Im Tagesspiegel schrieb er zuletzt, was die [5][deutsche Sozialdemokratie
von der dänischen lernen kann] („starker Staat“), im Handelsblatt sprach er
Kevin Kühnert [6][die politische Kompetenz ab]. Kurz: Er nutzt seine
Kolumne, um Politik zu machen, die er eigentlich im Bundestag oder in
seiner Fraktion machen sollte. Das tut er im Übrigen aber eher selten: Laut
[7][einer Zählung des ARD-Magazins „Kontraste“] ist Gabriel eines der
Bundestagsmitglieder, das am häufigsten fehlt.
## Zeitungen verspielen ihre Glaubwürdigkeit
Nun kann man einwenden, dass viele Politiker Medien für sich nutzen:
Hintergrundgespräche einfädeln, Informationen durchstechen,
Exklusivinterviews anbieten, hier und da mal einen Gastkommentar schreiben.
Das ist legitim. Nur wenn ein Politiker zum festen Autor einer Zeitung
wird, regelmäßig Meinungsbeiträge schreibt und damit Geld verdient, dann
weicht das auf ungute Weise die Funktion der Presse auf.
Wenn der Tagesspiegel Sigmar Gabriel interviewt, ist das dann ein Gespräch
zwischen Journalist und Politiker? Oder eines zwischen Quasi-Kollegen? Und
wenn die WamS über Merz' politische Ambitionen berichtet, tut sie das dann,
weil der Draht zwischen Redaktion und Kolumnist sowieso kurz ist?
Die Aufgabe der Presse ist es, Aussagen von Politikern infrage zu stellen,
zu widersprechen, einzuordnen. Das gilt auch für die, die kein politisches
Mandat haben, aber eines anstreben, so wie offenbar Friedrich Merz.
Stattdessen bieten WamS und die Holtzbrinck-Medien hier exklusive Foren an.
Damit riskieren diese Zeitungen nicht nur ihre Unabhängigkeit, sondern auch
ihre Glaubwürdigkeit. In einer Zeit, in der sich „die da oben“ als Chiffre
für das angebliche Geklüngel von Medien und Politik etabliert hat, ist das
kurzsichtig.
9 Jul 2019
## LINKS
[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus196420773/Friedrich-Merz-Nicht-…
[2] /CDU/CSU-in-der-Grossen-Koalition/!5587790/
[3] /Die-Bild-Zeitung-und-Friedrich-Merz/!5552019/
[4] /Sigmar-Gabriel-schreibt-fuer-Holtzbrinck/!5538499/
[5] https://www.tagesspiegel.de/politik/von-daenemark-lernen-wir-brauchen-den-s…
[6] https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-kevin-kuehne…
[7] https://www.tagesschau.de/inland/bundestag-anwesenheit-abgeordnete-101.html
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Axel Springer
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Die Welt
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Schwerpunkt Rassismus
Kolumne Flimmern und Rauschen
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