# taz.de -- Kleines Finale der Fußball-WM: Kein Glück für Ellen White | |
> Mit 2:1 wurstelt sich Schweden zum dritten WM-Platz. Die geschlagenen | |
> Engländerinnen streiten nun, ob das Spiel überhaupt wichtig war. | |
Bild: Der Einen Leid… | |
In der 90. Minute hielt Nilla Fischer noch einmal mit aller Kraft die Rübe | |
dazwischen. Auf der Linie war das, eigentlich hätte Lucy Bronze wohl den | |
Ausgleich geschossen, aber wieder einmal stand eine Schwedin zwischen | |
Gegnerinnen und Tor. Fischer wankte nicht einmal, und wenige Minuten später | |
hatte sich Schweden mit einem 2:1-Sieg über England die Bronzemedaille | |
erstritten. | |
Wie so oft mithilfe der streitbaren Kunst der Defensivarbeit, jener also, | |
die vor drei Jahren die US-Torfrau Hope Solo zum folgenreichen Kommentar | |
(„ein Haufen Feiglinge“) verleitet hatte. Schön ist es nicht anzusehen, | |
aber gewiss darf man so spielen. Stets schienen zwei Schwedinnen bei jeder | |
Gegnerin zu stehen, und so wurde es mal wieder eine zähe zweite Hälfte. | |
Davor war es allerdings ein sehr couragiertes schwedisches Spiel gewesen: | |
Pressing, flinke Kombinationen, ein Tor von Asllani, ein Traumtor von | |
Jakobsson – so kam das Team von Peter Gerhardsson in die ideale | |
Ausgangslage. Um danach nur noch zu tun, was es am besten kann: verteidigen | |
und verhindern. | |
„Wir gehen als drittbestes Team der Welt zurück nach Schweden“, verkündete | |
Sofia Jakobsson nach der Partie; und wenn man so effektiv englische Chancen | |
unterbindet, muss das wohl stimmen. „Ich wusste, dass wir Großes in | |
Frankreich erreichen würden“, so Jakobsson, man habe diese Energie. „Wir | |
sind hart im Kopf, wir haben eine starke Mentalität. Wir sind wie eine | |
Familie.“ Gerhardsson wird nicht müde, zu berichten, wie viele Freiheiten | |
er seinen Spielerinnen auf dem Platz lässt. | |
„Physisch auf den Knien“, so sah Gerhardssons ganz anders gestricktes | |
Gegenüber Phil Neville sein Team. Die ersten 25 Minuten wirkte England | |
völlig von der Rolle, wankend unter der Enttäuschung nach dem selbst | |
auferlegten Titeldruck. Neville befand dann noch, diese Partie um den | |
dritten Platz sei ein „sinnloses Spiel“, was sich in der Tat debattieren | |
lässt, er aber gewiss nicht gesagt hätte, wenn die Engländerinnen Bronze | |
geholt hätten. Freunde machte er sich damit jedenfalls nicht bei den | |
Spielerinnen aus dem eigenen Land, die selbige Medaille 2015 in Kanada | |
gewonnen hatten. „Sag denen, das ist ein sinnloses Spiel“, twitterte | |
Torhüterin Siobhan Chamberlain. | |
## Zum Schluss nochmal der Videoassistent | |
Nun, bei den lange so schwungvollen Engländerinnen endete vieles | |
knirschend. Passenderweise fand auch das Märchen um Ellen White kein großes | |
Happy End, jene bereits 30-Jährige, die vor diesem Turnier im Ausland kaum | |
jemand kannte. Die zuletzt bei Klubs wie Notts County und Birmingham | |
kickte, nach eigenem Bekunden in der Heimat ein durchschnittliches Leben | |
mit Ehemann und zwei Katzen führt, und jetzt sechs Treffer beim Turnier | |
erzielte, gleichauf mit den Rekordschützen Harry Kane und Gary Lineker. | |
Tor Nummer sieben hätte White zur alleinigen Rekordhalterin gemacht. Aber | |
dann hatte sie beinahe lachhaftes Pech. Gegen die USA wurde das Rekordtor | |
wegen hauchdünnem Abseits aberkannt; diesmal traf sie erneut zum | |
2:2-Ausgleich, mit der Brust angenommen, sich im Strafraum durchgewurstelt, | |
platziert flach in die Ecke geschossen. Dann war dem VAR ein Stückchen Arm | |
zu viel am Ball. Es war eine dieser bizarren Hand-Entscheidungen, der Ball | |
hüpfte nur hauchzart dran, und wer weiß, wie das Spiel sonst ausgegangen | |
wäre. White hätte es auch eine komfortable Ausgangsposition verschafft im | |
Fernduell um den Goldenen Schuh mit der Amerikanerin Alex Morgan. So blieb | |
England das Ringen mit Pech und eigenen Mängeln. | |
Auf die Anmerkung eines Journalisten, sie habe | |
dasTorschützenköniginnendasein doch viel mehr verdient als Morgan, weil | |
Morgan fünfmal gegen Thailand traf, lächelte White bloß. Man müsse eben die | |
Tore schießen, „und ich bin sehr glücklich, sechs Tore gemacht zu haben“. | |
Dann lotste der PR-Mann sie weg. | |
Die Schwedinnen, die nach der Partie zu einem riesigen Knäuel auf dem Rasen | |
zusammengeflogen waren, tanzten noch minutenlang vor dem mitgereisten | |
Anhang. „Keine von uns hätte eine Minute länger laufen können“, bekannte | |
Jakobsson. „Ich weiß nicht, woher wir diese Energie nehmen, aber wir haben | |
sie. Wir haben es verdient.“ Für die Schwedinnen war diese Partie | |
ersichtlich kein sinnloses Spiel. | |
7 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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