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# taz.de -- Zu viele Kängurus in Australien: Kopfschuss für das Wappentier
> In der Hauptstadt Canberra vermehren sich die Kängurus: Die Behörden
> erlauben deshalb die Jagd auf das Beuteltier. Tierschützer sind empört.
Bild: Hier springt es noch: ein Känguru
Canberra taz | In Canberra kommt der Tod mit einem sanften Ton. Ein
gedämpftes „Pop“ ist das Letzte, was in diesen Wochen Tausende Kängurus
hören werden. In Parks und öffentlichen Gartenanlagen lauern nachts
speziell ausgebildete Schützen den Tieren auf – ein mit einem Schalldämpfer
ausgerüstetes Gewehr im Anschlag.
Die Strahlen von Hochleistungsscheinwerfern tasten die Landschaft ab. Lange
müssen die Jäger nicht warten. In der australischen Hauptstadt leben
Zehntausende der Tiere, die das Wappen der Nation zieren. Zu Sonnenaufgang
und Sonnenuntergang, immer häufiger aber auch mitten am Tag grasen Kängurus
zu Hunderten auf Kinderspielplätzen und Golfanlagen. Immer wieder kommt es
zu Unfällen. Canberra ist wohl die einzige Hauptstadt der Welt, in der
Autofahrern sogar beim Umfahren des Parlamentsgebäudes die Gefahr droht,
mit einem Tier zu kollidieren, das bis zu zwei Meter groß werden kann.
„Bestandskontrolle“ nennt die Nationalparkbehörde die Aktion. Etwas über
4.000 der Östlichen Graukängurus sollen bis Mitte Juli im Australian
Capital Territory (ACT) abgeschossen werden, auf dem die Hauptstadt liegt.
Vierzehn öffentliche Anlagen werden bejagt. Die Parks werden dafür geräumt
und für das Publikum geschlossen. Auch Journalisten sind nicht zugelassen.
Sicherheitsleute bewachen den Zugang, während die Jäger ihre Arbeit
verrichten. Im vergangenen Jahr hatte die Behörde bereits über 3.000 der
Beuteltiere schießen lassen.
„Unsere Ökologen nutzen die besten wissenschaftlichen Daten, um zu
entscheiden, wie viele Tiere gekeult werden müssen“, erklärt Daniel
Iglesias, Direktor der Parkbehörde. „Während niemand gerne Kängurus tötet…
es ist nun mal die momentan humanste Methode der Bestandeskontrolle.“
## Kängurus mit Nahrungsproblemen
Für den Chefbeamten ist klar: Die Keulung ist ein Muss. Schon drohen
verschiedene einheimischen Pflanzen auszusterben. Auch die Tiere selbst
bekommen Nahrungsprobleme. Da sich die Kängurus derart rapide vermehren,
reichen selbst die saftigen Wiesen der Golfplätze nicht mehr aus, um alle
zu ernähren.
Genau da liegt die Ursache für die Bevölkerungsexplosion, glauben
Wissenschaftler: Kängurus regulieren ihre Fruchtbarkeit nicht zuletzt nach
der Verfügbarkeit von Nahrung und Wasser. In einem Land, in dem sich Dürre
und Flut abwechseln, wo schlechte Jahre guten folgen, können weibliche
Kängurus das Wachstum ihrer Jungen im Beutel so lange drosseln, bis wieder
genügend Nahrung verfügbar ist.
Auf diese Weise wird die Wahrscheinlichkeit ihres Überlebens erhöht. Diese
natürliche Form von Bestandskontrolle ist mit der Besiedelung des
Kontinents durch Europäer vor über 200 Jahren vielerorts gestört worden.
Mit der Landwirtschaft kam eine oftmals unlimitierte Verfügbarkeit von
Wasser und Gras – das Signal für Kängurus, sich fortzupflanzen. So rasch
und häufig, wie es geht.
Gegner der Keulung sehen in der Argumentation der Nationalparkbehörde einen
Widerspruch. „Auf der einen Seite sagt die Regierung, es gibt so viele
Kängurus, weil so viel Nahrung da ist. Auf der anderen behauptet sie, die
Tiere töten zu müssen, um zu verhindern, dass sie verhungern“, klagt
Carolyn Drew von der Tierschutzgruppe Animal Liberation ACT.
Auch sie hat aktiven Widerstand gegen die Abschussaktion angedroht. Einige
Aktivisten planen, während der Keulung in die behördlich geschlossenen
Parkanlagen einzudringen. Viele Tierschützer würden es bevorzugen, die
Kängurus gegen Schwangerschaft zu impfen, anstatt sie zu töten. Probeläufe,
bei denen Tieren aus Distanz eine fruchtbarkeitshemmende Substanz injiziert
wurde, waren in 92 Prozent der Fälle erfolgreich. Allerdings ist diese
Methode um einiges aufwendiger und teurer als eine Keulung.
24 Jun 2019
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Australien
Schwerpunkt Artenschutz
Tierschutz
Tierschutz
Sommerloch
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