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# taz.de -- 22. Jahrestag der Rückgabe an China: Hongkong will nicht feiern
> Es kommt zu neuen Massenprotesten und auch zu gewalttätigen
> Ausschreitungen in der chinesischen Sonderzone. Auch das Pro-Peking-Lager
> mobilisiert.
Bild: Demonstranten am Montag in Hongkong.
BERLIN taz | Erneut demonstrieren Zehntausende. Und jetzt kommt es auch zu
Ausschreitungen. Wochen, nachdem Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam ihr
umstrittenes Gesetz zur Auslieferung Verdächtiger an China ausgesetzt hat,
ist es am Montag in der südchinesischen Finanzmetropole zu neuen
Massenprotesten gekommen. Zehntausende marschierten Montagnachmittag durch
das Finanz- und Regierungsviertel und forderten Lams Rücktritt.
Am Montag jährte sich zum 22. Mal die Rückgabe Hongkongs an die
kommunistische Volksrepublik. Mehr als 150 Jahre war die Metropole am
Perlflussdelta britische Kronkolonie. 1997 versprach die Führung in Peking
den Hongkongern, dass sie für 50 Jahre eine Sonderverwaltungszone bleiben
würden mit Meinungs- und Versammlungsfreiheit und einer unabhängigen
Justiz. All das gibt es im autoritär regierten China nicht. Viele
Hongkonger sehen ihre Rechte aber bereits jetzt beschnitten.
Hongkongs Regierung begeht diesen offiziellen Feiertag normalerweise mit
einer öffentlichen Flaggenzeremonie unter freiem Himmel. Doch jetzt
verlegte sie den Festakt ins streng abgeriegelte Kongresszentrum. Offiziell
begründete sie dies mit schlechtem Wetter.
In ihrer Rede zu den Feierlichkeiten entschuldigte sich Lam für ihr
bisheriges Vorgehen: „Ich werde meine Lektion lernen und sicherstellen,
dass die künftige Arbeit der Regierung enger und besser auf die
Bestrebungen, Gefühle und Meinungen der Gemeinschaft eingeht.“
## Demonstranten dringen ins Parlamentsgebäude
Das reicht den Demonstranten aber nicht. Bereits am Morgen hatten einige
versucht, sich gewaltsam Zugang zum Parlamentsgebäude zu verschaffen, dem
Legislativrat. Sie rammten einen Metallwagen wiederholt gegen eine
Fensterfront, bis diese zersprang. Montagabend besetzten Hunderte
Demonstrierende schließlich das Parlamentsgebäude und damit den
Legislativrat.
Die Polizei zog sich zunächst zurück, nachdem sie über Stunden versucht
hatte, die Demonstranten vor dem Eindringen abzuhalten. Später kündigten
die Beamten an, das Gebäude mit „angemessener Härte“ räumen zu wollen.
Zuvor hatten sie auch Schlagstöcke und Pfefferspray gegen Demonstranten
eingesetzt, weil diese Straßen und Teile des Regierungsviertels besetzt
hielten. Nach offiziellen Angaben wurden 25 Menschen bei den Zusammenstößen
verletzt.
## Demo zur Unterstützung der Polizei
Seit Wochen erlebt die Stadt die größten Proteste seit drei Jahrzehnten.
Bis zu zwei Millionen Menschen demonstrierten am 16. Juni gegen
Regierungschefin Lam. Sie wollte ein Gesetz durchbringen, das
Auslieferungen mutmaßlicher Straftäter an Festlandchina ermöglicht hätte.
Ein Verdacht hätte dafür ausgereicht.
Menschenrechts- und Demokratieaktivisten, kritische Anwälte und
Journalisten mussten befürchten, an China ausgeliefert zu werden, wo 99
Prozent der Prozesse mit einem Schulurteil enden und zum Teil mit Folter
Geständnisse erzwungen werden. Das Auslieferungsgesetz legte Lam darauf
zwar auf Eis, doch wollte sie es offiziell nicht zurückziehen und selbst
auch nicht zurücktreten. Die Proteste gehen deshalb weiter. Dabei
radikalisiert sich ein Teil vor allem der jungen Demonstranten.
Doch auch die Gegenseite mobilisiert inzwischen. Am Sonntag kam es zu einer
Demonstration für die wegen ihrer Angriffe auf Demonstranten kritisierte
Polizei. Daran nahmen nach Angaben der Organisatoren mehr als 100.000
Menschen teil. Sie werden dem peking-freundlichen Lager zugerechnet. Die
Polizei schätzte die Teilnehmerzahl aber nur auf die Hälfte.
1 Jul 2019
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Hongkong
Massenproteste
Carrie Lam
China
Auslieferungsgesetz
Hongkong
Joshua Wong
Carrie Lam
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