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# taz.de -- Reden über geflüchtete Frauen: Puh, diese armen Frauen!
> Bei einer Debatte der Integrationsverwaltung über „Geflüchtete als
> Expert*innen ihrer selbst“ sind geflüchtete Frauen abwesend.
Bild: Lauter Expertinnen: Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) mit ei…
Die erste Erkenntnis: Geflüchtete Frauen haben andere Bedürfnisse und
Probleme beim Ankommen als Männer. Die zweite: In der öffentlichen
Diskussion kommen die Frauen bisher oft zu kurz. Die Senatsveraltung für
Integration und Soziales ist deshalb nicht die einzige Organisation, die
sich derzeit der Situation geflüchteter Frauen annimmt.
Für Montag lud sie zur Diskussion über „Frauen und Flucht“ ein. Angekünd…
waren Fachexpert*innen sowie „Geflüchtete als Expert*innen ihrer selbst“.
Und das wäre dann die dritte Erkenntnis: dass nämlich die von Flucht
betroffenen Frauen eine ganze Menge Wissen über Flucht und Ankommen
mitbringen, dass es sich lohnt, ihnen zuzuhören, und dass sie viele
Vorschläge machen könnten, wie sich die Hindernisse angehen ließen, die
ihre Möglichkeiten in Deutschland bisher teils massiv einschränken.
Doch ausgerechnet diese dritte Erkenntnis schaffte es nur bis ins
Einladungsschreiben. Auf dem Podium saßen Mitarbeiter*innen von Verwaltung,
Hilfsorganisationen und Beratungsstellen und eine Integrationslotsin – weil
sie alle mit geflüchteten Frauen arbeiten. Von ihnen wollte die Moderatorin
wissen, welche Bedarfe geflüchtete Frauen haben. Das Expert*innenwissen
geflüchteter Frauen fand so nur um die Ecke vermittelt Eingang in die
Diskussion.
Klar, Sprachkurse mit Kinderbetreuung, schnelle Anerkennung von Abschlüssen
oder langfristig angelegte berufliche Qualifizierung, Schutz vor Gewalt,
Zugang zum Gesundheitssystem, Familienplanung und Wohnungssuche sind
wichtige Aspekte, zu denen die Fachexpert*innen auf dem Podium kluge
Gedanken zusammentrugen. Doch in ihren Antworten lag der Fokus eben doch
sehr stark darauf, was geflüchtete Frauen alles nicht wissen.
Außerdem geriet aus dem Blick, dass nicht alle Frauen mit all diesen
Problemen auf einmal zu kämpfen haben. Auch aus dem Publikum meldeten sich
Menschen zu Wort, die sich als ehrenamtliche Sprachlehrer*innen oder
Sozialarbeiter*innen in Heimen vorstellten. Der Einzige, der sich nicht
auf Deutsch, sondern – dank Sprachmittler – auf Arabisch einbrachte, war
ein Mann, der erklärte, wie das patriarchale System Frauen unterdrückt. Was
hängen blieb: Puh, diese armen Frauen.
Die Veranstaltung hinkte damit hinter dem in der Einladung formulierten
Anspruch zurück, denn keine einzige geflüchtete Frau sprach als „Expert*in
ihrer selbst“. Um nicht nur über sie, sondern um mit ihnen zu reden, hätte
die Senatsveraltung sich trauen müssen, diese Expert*innen auf das Podium
zu setzen. Doch das kann schnell unbequem werden: Gleichberechtigte
Gesprächspartner*innen machen nicht nur Vorschläge. Sie stellen auch
Forderungen.
2 Jul 2019
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Geflüchtete Frauen
Elke Breitenbach
Integration
Flüchtlinge
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