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# taz.de -- Carolin Kebekus über „Pussy Terror TV“: „Mal kurz auf den Ti…
> Feminismus ist nicht mehr bieder, sagt Carolin Kebekus. Die Komikerin
> reitet auf Tampons und will sich ihren Hang zum Vulgären unbedingt
> bewahren.
Bild: Sieht sich als Multiplikatorin: Carolin Kebekus
taz am wochenende: Frau Kebekus, in den letzten Folgen Ihrer Sendung
„PussyTerror TV“ ging es einmal um die „tampon tax“ und das
gesellschaftlichen Verhältnis zu Menstruation; und einmal um den Sexismus
im Sportjournalismus, wenn es um Frauenfußball geht. Wie waren die
Reaktionen?
Carolin Kebekus: Eigentlich ganz gut. Aber ich muss zugeben, dass ich mir
nicht alles durchgelesen habe. Ich lese mir eigentlich nie alle Reaktionen
durch. Aber ich habe einige sehr witzige Antworten auf Twitter mitgekriegt.
Da wurde mir zum Beispiel empfohlen: „Werd' doch schwanger, dann brauchst
Du keine Tampons mehr“. Sehr lustig war auch: „Wir Männer müssen ja auch
Rasiersachen kaufen“. Da haben viele Frauen geantwortet: „Das müssen wir
auch. Und dazu noch Geld für Tampons ausgeben“.
Diese negativen Reaktionen verstehen Sie nicht als Angriff, sondern finden
Sie eher witzig?
Ja, ich beziehe das nicht auf mich. Es geht ja darum, wie der Umstand
betrachtet wird und nicht um mich persönlich. Es ist ja wirklich so, dass
wenn eine Frau sich beschwert oder sagt: „Guck mal, das finde ich blöd“,
dass da oft kommt: „Ey, was beschwert die sich eigentlich. Das ist unnötig
und Quatsch.“ Es wird oft abgetan als Quatsch. Das ist wie ein Reflex.
Natürlich gehen viele anders damit um: Meine Freundin Dunja Hayali ist ja
schon zu Leuten nach Hause gefahren. Sie hatte herausgefunden, wer das war,
der sie so beleidigt hat. Sie hat sie dann zu Hause besucht und sie
persönlich damit konfrontiert.
Würden Sie so etwas auch machen?
Nö. Ich bin das schon so gewohnt, dass ich beschimpft werde. Es trifft mich
nicht und es verletzt mich auch nicht. Also, wenn ich viel zu Feminismus
oder Gleichberechtigung sage und bekomme dann zu hören: „Na ja, du gehört
nur mal wieder durchgebumst“: Das finde ich interessant. Ich mache dann
vielleicht sogar ne Nummer für mein Programm daraus. Ich beschäftige mich
aber nicht mit dem, der mich beschimpft. Es ist mir egal, wer er ist oder
was er macht oder warum. Das ist ein ganz anderes Feld. Mich mit denen zu
beschäftigen – da hätte ich einfach nicht die Zeit für.
Sie machen deutlich, dass Ihnen solche Kommentare nichts ausmachen. Das
geht vielen anders und sie gehen auch anders damit um. Können Sie
Kolleg*innen verstehen, die sich wegen des Hasses von den sozialen Medien
zurückziehen?
Absolut. Niemand muss sich das antun. Die Energie etwas zu posten, die
Kommentare zu lesen und dann so angegriffen zu werden: Das kann sehr
belastend sein.
Sie sprechen in Ihrem Programm nicht nur über Feminismus und
Gleichberechtigung, sondern nutzen Ihre Reichweite ja auch, um sich gegen
rechts zu positionieren. Würden Sie sich als Aktivistin bezeichnen?
Boah. (überlegt) Ich glaube, ich finde es spannend, manche Themen zu nutzen
und gerade diese feministischen Themen liegen mir am Herzen. Ich hatte
schon als Kind das Gefühl gehabt: „Ich will als Mädchen nicht ungerecht
behandelt werden.“ Obwohl mir das nicht unbedingt so passiert ist. Ich fand
es aber doof, wenn die ganzen Onkels damals auf der Familienfeier im Garten
rauchen waren und alle Mädchen waren in der Küche spülen. Das fand ich
immer unfair. Ich sag’s mal so: Ich bin Kabarettistin, Schauspielerin und
Comedienne und ich bearbeite diese Themen in meinem Rahmen, in meiner
Kunstform. Wenn ich Aktivistin höre, dann denke ich an Leute, die Aktionen
organisieren und dann auch vor Ort zum Beispiel die Demo anführen. Ich sehe
mich eher als Multiplikatorin, die Sachen teilt und die Aufmerksamkeit auf
etwas lenkt.
Sie sind bekannt dafür, sehr derbe und auch mal vulgär zu sein. Hatten Sie
schon einmal das Gefühl, wegen ihrer Art nicht ernst genommen zu werden,
vor allem, wenn Sie sich dann für ein Thema einsetzen? Stichwort tone
policing.
Nein, eher im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, dass mich die Leute deswegen
ernst nehmen. Ich hatte früher das Gefühl, dass die Leute, wenn ich auf die
Bühne gegangen bin, gedacht haben: „Ach, hier kommt ein Mädchen. Mal
gucken, was sie da so Lustiges übers Shopping erzählt.“ Sobald ich aber in
der Sprache etwa deutlicher war, habe ich eine andere Aufmerksamkeit
bekommen. Ich habe gemerkt, dass die Leute dann anders zugehört haben. Ich
musste wohl dann mal kurz auf den Tisch scheißen.
Gleichzeitig werden Sie ja aber auch für Ihre Sprache kritisiert. Zum
Beispiel, wenn Sie über „Skinny Bitches“ auf Instagram herziehen. Das sei
eine sexistische Sprache.
Es kommt bei Sprache auch auf den Zusammenhang an – was man damit
erreichen, was man damit sagen will. Es gibt immer jemanden, der sich
angegriffen fühlt. Wenn ich eine Nummer darüber mache, dass in der
Instagram-Welt jeder wahnsinnig dünn sein muss und die Personen dann
„Skinny Bitches“ nenne, dann meine ich damit nicht alle dünnen Menschen,
vor allem nicht dünne Menschen, die von Natur aus dünn sind. Dieses
Abstraktionsvermögen setze ich voraus. Wenn ich anfangen müsste, alles
einzuordnen, was ich mache, und alles zu erklären, dann würde ich nicht
weit kommen. Man kann es nicht jedem recht machen.
Kann man derb sein und politisch korrekt?
Ich glaube schon. Man muss ja nicht beleidigend sein, um derb zu sein oder
Klartext zu reden. Man kann ja im Rahmen pöbeln.
Sie bezeichnen sich als Feministin. Vor drei Jahren haben sie in einem
Interview in der FAZ bedauert, dass Feminismus so nach „ungebumst und
unrasiert“ klingen würde. Sehen Sie das heute immer noch so?
Nein, das hat sich schon total geändert. Aber ich bin noch mit diesem
Feminismusbild aufgewachsen. Das waren die Emanzen, die sich nicht die
Beine rasieren und keinen Mann finden. Ich finde seit [1][#Aufschrei],
seitdem so viel über Sexismus gesprochen wird, hat sich viel geändert. Die
Leute haben einen neuen Blick dafür bekommen, wie der Alltag einer Frau
aussieht.
Wenn Sie beleidigt werden, kommen diese feministischen Klischees aber immer
wieder hoch.
Das stimmt auch. Aber ich glaube trotzdem, dass sich das Bild grundlegend
verändert hat. Immer mehr junge Frauen prägen ein neues Bild von
Feminismus. Sie machen deutlich, dass Feminismus etwas ist, das uns allen
hilft und uns allen nutzt. Es hat nichts mehr Biederes an sich.
Dafür spricht ja auch, dass immer mehr Firmen den Feminismus kapitalistisch
ausschlachten – ganz nach dem Motto: Girlpower! Wie stehen Sie dazu?
Kommt drauf an, wie das genutzt wird. Klar, wenn sich Firmen sich das nur
auf die Fahnen schreiben, aber dahinter ist nichts, dann ist das nutzlos.
Aber gleichzeitig finde ich, dass Feminismus weiterhin öffentlich gestärkt
werden muss. Je mehr, desto besser. Das kann nur einen positiven Effekt
haben.
20 Jun 2019
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## AUTOREN
Laila Oudray
## TAGS
Carolin Kebekus
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