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# taz.de -- Öffentliche Ordnung: Die Problemeltern vom Prenzlberg
> Alkohol trinkende Eltern auf einem von einer Bar gepflegten öffentlichen
> Spielplatz regen den grünen Stadtrat von Pankow auf.
Bild: Wirt Lothar Heer in seiner Bar, rechts hinten der Feierabend-Spielplatz
Berlin taz | Bald dürfen Jasmin Lentelt und Andrea Ullrich ihren Wein
wahrscheinlich wieder legal trinken. Die beiden Mittdreißigerinnen sitzen
an diesem heißen Juniabend in Sichtweite ihrer Kleinkinder auf dem
Spielplatz in der Senefelderstraße in Prenzlauer Berg und trinken zum
Feierabend gekühlten Weißwein aus dem Alois S., einer Tapas-Bar mit offener
Seite zum Spielplatz hin. Seit Jahren tun sie das, jetzt aber mit
schlechtem Gewissen. Denn wenn das Ordnungsamt sie beim Wein ertappt, droht
Lothar Heer, dem Wirt des Alois S., eine weitere Geldstrafe.
„Das war einer der wenigen schönen, gechillten Plätze für Familien“, mei…
Ullrich. „Man kann hier essen, ein Glas trinken und hat die Kinder im
Blick.“ Früher, das heißt, bevor der stellvertretende Bezirksbürgermeister
und Grünflächenstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) den Spielplatz mit einem
Alkoholverbot belegte. Die Vereinbarung, die seit fast zwanzig Jahren
zwischen dem Bezirksamt Pankow und der Bar bestanden hatte, hob Kuhn
einseitig auf. Den Wirt informierte Kuhn nicht über diesen Schritt. Die
Folge: zwei Ordnungs-Bußgelder für Heer. Kuhns Argument: Von rauchenden und
Alkohol trinkenden Eltern gehe eine Gefahr für die Kinder aus.
„Alkohol und Spielplatz passen nicht zusammen. Das Alkoholverbot ergibt
sich aus dem Kinderschutz“, sagte Nicole Holtz, Pressesprecherin des
Pankower Grünflächenamtes, gestern der taz.
Im Berliner Grünanlagengesetz ist kein Alkoholverbot auf Spielplätzen
vorgesehen, doch Stadtrat Kuhn kann dem Gesetz zufolge „bestimmte
Benutzungsarten und Öffnungszeiten festlegen und die Benutzung durch Gebote
oder Verbote regeln.“ Für Roland Schröder, der für die SPD in der Pankower
Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sitzt, ist Kuhns Verbot ein Skandal.
„Warum macht das Bezirksamt eine bewährte Praxis und einen ganz besonderen
Ort in Prenzlauer Berg kaputt?“, so Schröder am Montag gegenüber der taz.
„Lothar Heer pflegt den Spielplatz und darf dafür ein paar Tische
aufstellen und bewirten. Das hat sich vor zwanzig Jahren aus einer
Elterninitiative und unter Mitwirkung des Bezirksamtes und des
Quartiersmanagements entwickelt“, so der stellvertretende Vorsitzende des
BVV-Ausschusses für Öffentliche Ordnung.
## Rückhalt für den Betreiber
Der Bezirksverordnete meint, der Bar-Spielplatz sei durch diese
Übereinkunft einer der saubersten und am besten gepflegten Plätze des
Bezirks geworden. Schröder sieht Kuhns Vorgehen als Teil einer
bezirksweiten Agenda: „Wie schon im Bürgerpark und im Mauerpark werden hier
Ruhe, Ordnung, Sauberkeit vor Lebensfreude und Nachbarschaft gestellt.“
Gegen diese Agenda haben SPD und Linke am Montag einen Antrag in den
Ordnungsausschuss der BVV Pankow eingebracht. Die Forderung: das
Alkoholverbot auf dem Spielplatz aufheben und die bewährte Kooperation mit
dem Alois S. vertraglich festschreiben. Bis auf zwei grüne Enthaltungen
stimmten alle Bezirksverordneten dem zu.
Lothar Heer, Betreiber des Alois S., freut sich über diesen Rückhalt: „Ich
habe natürlich gleich einen Genehmigungsantrag gestellt“, sagte er gestern
der taz und erzählt, dass auch eine grüne Verordnete gegen ihren eigenen
Stadtrat gestimmt habe. Er kenne sie schon lange, sie komme oft auf den
Feierabend-Spielplatz.
18 Jun 2019
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
## TAGS
Berlin Prenzlauer Berg
Spielplatz
Alkoholverbot
Berlin-Pankow
Heult doch!
DDR
Grüne Berlin
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