# taz.de -- Kommentar Tötung von Walter Lübcke: Schlimm genug | |
> Islamisten werden überwacht, auch wenn sie individuell nicht straffällig | |
> geworden sind. Für Rechtsextremisten scheint das nicht zu gelten. | |
Bild: Steht hinter dem Mord an Walter Lübcke ein rechtes Netzwerk? | |
Was bisher im Zusammenhang mit der Ermordung des Kasseler | |
Regierungspräsidenten [1][Walter Lübcke] bekannt ist, ist schlimm genug. | |
Auch ohne weitergehende Spekulationen. Unter Tatverdacht steht ein | |
[2][gerichtsbekannter Rechtsextremist], den der Verfassungsschutz nicht | |
mehr auf dem Schirm hatte – obwohl es keinerlei Hinweise darauf gab, dass | |
er seine Einstellung geändert hat. | |
Anders ausgedrückt: Wenn ein Rechtsextremist einige Jahre lang keine | |
Straftaten verübt hat, dann interessiert sich der Staat nicht mehr dafür, | |
wie er grundsätzlich zu Gewalt steht. Beruhigend für all diejenigen, die | |
nach dem Mord an Lübcke begeisterte, widerliche Posts abgesetzt hatten. Die | |
Verfasser müssen offenbar nichts befürchten. Sie haben ja nicht selbst | |
geschossen. | |
Dabei ist bekannt, dass sich politische Morde nur sehr selten ereignen, | |
ohne dass es ein sympathisierendes Umfeld gibt. Das im Regelfall nicht | |
selbst gewaltbereit ist. Seit Jahrzehnten dient das ja als Rechtfertigung | |
dafür, dass Mitglieder anderer Gruppierungen – etwa Islamisten – überwacht | |
werden, auch wenn sie individuell nicht straffällig geworden sind. Für | |
Rechtsextremisten scheint das nicht zu gelten, wie die Öffentlichkeit jetzt | |
erfährt. Auf die Erklärungen dafür darf man gespannt sein. | |
Wie weit das sympathisierende Umfeld reicht, zeigt ein Tweet des | |
CDU-Mitglieds Max Otte, der sich der „Werteunion“ zugehörig fühlt. „Lü… | |
– endlich hat der Mainstream eine neue NSU-Affäre und kann hetzen. Es sieht | |
alles so aus, dass der Mörder ein minderbemittelter Einzeltäter war, aber | |
die Medien hetzen jetzt schon gegen die ,rechte Szene', was immer das ist.“ | |
Sein Hauptproblem ist die Hetze der Medien? Otte hat seinen Tweet nach | |
einigen Stunden gelöscht, als Fehler bezeichnet und sich von sich selbst | |
distanziert. | |
Das ändert nichts, gar nichts. Der Tweet drückt vor allem aus: Teile der | |
Gesellschaft, die sich als deren Mitte verstehen, unterscheiden nur noch | |
zwischen Verbündeten und Feinden. Nicht mehr zwischen Recht und Unrecht. In | |
weniger gefestigten Staaten als Deutschland ist das die Vorstufe zum | |
Bürgerkrieg. | |
Übrigens wirken manche Spekulationen gerade ziemlich überzeugend. Wie zum | |
Beispiel, ob es mordende rechte Netzwerke gibt und ob der Verdächtige im | |
Fall Lübcke dazugehört. Vieles spricht dafür, manches dagegen – und alles | |
spricht dafür, die [3][Ermittlungsbehörden erst einmal ihre Arbeit] machen | |
zu lassen. | |
Wie gesagt: Was bisher bekannt ist, ist alarmierend genug. | |
18 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Mord-an-Kasseler-Politiker/!5604153 | |
[2] /Toedlicher-Schuss-auf-Walter-Luebcke/!5600568 | |
[3] /Ermittlungen-zur-Toetung-von-Luebcke/!5604218 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke | |
IG | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gedenkkundgebung für Walter Lübcke: Empathie kommt von links | |
Auf einer Kundgebung in Berlin kritisieren Linke die Hetze von Erika | |
Steinbach gegen Walter Lübcke. Der CDU werfen sie vor, ihren Feind links zu | |
suchen. | |
Tödlicher Schuss auf Walter Lübcke: Das Problem heißt nicht RAF | |
140 Todesopfer rechter Gewalt gibt es seit 1993. Dennoch verweisen nach der | |
Tötung von Lübcke viele auf die 70er. Der Bezug ist geschichtsvergessen. | |
Ermittlungen zur Tötung von Lübcke: Kommunalpolitiker beunruhigt | |
Sie engagieren sich gegen rechts und wurden dafür bedroht. Nun sind | |
Kommunalpolitiker wegen des rechten Tatverdächtigen im Fall Lübcke besorgt. | |
Tödlicher Schuss auf Walter Lübcke: Das Fanal | |
Jetzt ermittelt Karlsruhe im Fall Lübcke. Der Verdächtige war bereits als | |
rechter Gewalttäter bekannt – und hatte der AfD Geld gespendet. |